Bei Betrachtung manch neu erstellter Siedlungsbauten in der Agglomeration kann berechtigt die Frage gestellt werden, was sich der Architekt respektive sein Auftraggeber bei der Planung überlegt haben. Es sind schlicht und einfach keine architektonischen oder städtebaulichen Qualitäten erkennbar. Erstellt wurden reine Zweckbauten, die die Funktion des Wohnens zu übernehmen haben. Stillos und unproportioniert. Auch beim Studium der Grundrisse sind keine herausragenden Qualitäten erkennbar. Wieso entstehen nicht mehr gut durchdachte, ökologisch sinnvolle und ästhetisch ansprechende Neubauten? Stehen bei der Realisierung von Siedlungsbauten nur kurzfristige Renditeüberlegungen im Vordergrund oder gibt es nur wenige Architekten, die über ein kulturelles Umfeld verfügen, um gute und ästhetisch befriedigende Bauten zu realisieren?

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Auch erkennbar gute Fassadengestaltungen mancher prämierter Bauten zeichnen noch lange keine gute Architektur aus. Erst nach erfolgter Gesamtbetrachtungsweise, nach gefundenen Antworten auf Fragen wie nach Siedlungsqualitäten, Innenraumqualitäten, Aussenraumqualitäten, Funktionalität und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit wird eine Auseinandersetzung mit der Architektur erfolgen. Dadurch entstehen Gebäude, die über den Tag hinaus Bestand haben. Gute Architektur ist nicht modisch, stellt auch keinen Anspruch auf Kurzfristigkeit und Schnelllebigkeit. Ein Haus wird für die Langzeit gebaut. Diesem Anspruch soll es zumindest genügen.

Mehrwert durch gute Architektur

Es gibt sie, die guten Architekten mit einem hohen Mass an Verantwortung. Ihr Handwerk beginnt mit dem Erkennen der Problemstellung und mit der Formulierung von Lösungsansätzen. Für Architekten wie auch Bauherren ist der Prozess einer Projektentwicklung spannend und lehrreich, denn jedes Projekt ist für sich einzigartig. Beim Erarbeiten einer Zielsetzung für gute Siedlungsbauten stehen die Funktionalität und die langfristige Nutzung im Vordergrund. Ebenso braucht es eine Auseinandersetzung mit dem Ort. Nur in wenigen Fällen darf sich ein Haus den Ort aneignen. Die meisten Planungsresultate haben gezeigt, dass der Ort das Haus mit seiner Umgebung definiert und prägt. Das Haus wird ein Teil des Ortes. Wenn sich vor der ersten Konzeption der Architekt mit der Frage des Ortes und der zukünftigen Nutzung der Bauten auseinandersetzt, so kann er oder sie bereits zu Beginn der Arbeit ein grosses, den Architekten häufig verschlossenes Spektrum an Anforderungen an eine Wohnsiedlung in die Planung aufnehmen. Die Planung erfolgt dann nicht nur aufgrund einer architektonischen Haltung, sondern auch aus einer demografischen, wirtschaftlichen, quartierbezogen wie auch verkehrsbezogenen Sicht.

In enger Zusammenarbeit und interdisziplinär mit weiteren Fachstellen wie Projektentwicklern, Bauherrenvertretern oder Marketingbeauftragten entwickelt der Architekt nun eine Siedlung, die den nachhaltigen Bedürfnissen des Marktes entsprechen und auch ästhetisch befriedigen kann. Erfahrungen haben gezeigt, dass Architekten, die offen für Neues und gewohnt sind, auf Bedürfnisse und Meinungen Dritter einzugehen, hervorragende Qualitäten bei der architektonischen Umsetzung des Programms einbringen. Somit erhält gute Architektur auch Mehrwert, und dies nicht nur aus wirtschaftlicher Betrachtung.

Nachhaltigkeit miteinbeziehen

Bauen hat auch einen sozialen und politischen Hintergrund. Eine Siedlungsstruktur beeinflusst ein bestehendes Quartier elementar. Bei der Projektdefinition ist auf den Mikromarkt, wie zum Beispiel die Wachstumszielsetzung der Gemeinde, die Kaufkraft der Nutzer, die Infrastruktur im Quartier sowie auch die überregionalen raumplanerischen Zielsetzungen, zu achten.

Bauen wird immer anspruchsvoller, sei dies wegen der wachsenden energetischen Anforderungen an die Bauten oder aufgrund der sozialen Funktionen, die moderne Siedlungsbauten zu erfüllen haben. Es wäre wünschenswert, dass Bauherren bei der Formulierung ihrer Zielsetzungen mehr über die Nachhaltigkeit ihres Schaffens nachdenken würden.

Richtig, über Architektur lässt sich streiten.