BILANZ: Sie sind seit einem halben Jahr CEO von Unaxis. Was haben Sie bisher erreicht?

Thomas Limberger: Wir haben unsere Produktepalette durchforstet, einige Produkte überarbeitet und diese dann neu auf den Markt gebracht. Konzernleitung und Geschäftsbereiche kommunizieren inzwischen wieder miteinander, da werkelt nicht mehr jeder einzeln vor sich hin. Wir haben alle 100 Führungskräfte auf dieselben Werte verpflichtet, etwa auf Integrität. Nun wird nicht mehr jeder Deal um jeden Preis gemacht. Zudem fördern wir gezielt unsere Mitarbeiter und beziehen ihre Wünsche in die Personalentwicklung ein. Das ist in der Vergangenheit so gut wie gar nicht passiert.

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Wie sieht es beim Ertrag aus? Resultieren im operativen Geschäft auch 2005 rote Zahlen?

Wir haben das Unternehmen mit einem Ebit-Verlust von 112,5 Millionen Franken für das erste Halbjahr übernommen. Diesen Betriebsverlust können Sie ruhig mal zwei rechnen, dann wissen Sie, wie viel das alte Management für das Gesamtjahr ausgewiesen hätte. Wir werden im operativen Geschäft voraussichtlich zwar ebenfalls im Minus abschliessen, doch weit besser als erwartet. Unser Ziel für das nächste Jahr ist ein dreistelliger Millionenbetrag – positiv, logischerweise.

Beim Reingewinn stellten Sie einst eine schwarze Null in Aussicht. Haben Sie das Ziel erreicht?

Da sind wir wahrscheinlich weit darüber.

Wir sehen immer noch keine Strategie bei Unaxis. Wo wollen Sie hin?

Wir wollen die Nummer eins oder zwei werden bei der Profitabilität in allen Bereichen, in denen wir tätig sind. Wir werden in der Sparte Vakuumtechnik technologisch aufrüsten, aber auch zukaufen. Unser zweiter grosser Bereich ist die Beschichtungstechnik von Balzers. Hier können wir organisch wachsen, weil wir eine komfortable Marktposition haben. Allerdings müssen wir noch unsere internen Prozesse verbessern. In den Bereichen Solartechnik und Contraves Space suchen wir Zukäufe. Bei der Raumfahrt brauchen wir die kommerzielle Anwendung gewisser Technologien. Nur so kann man in einem stagnierenden Markt wachsen, der kontrolliert ist durch Fördergelder der Regierungen. In der Solarsparte sind wir stolz darauf, dass wir das Geschäft nicht eingestampft haben, wie das unsere Vorgänger wollten; das hätte immerhin einen Arbeitsplatzverlust für rund 150 Mitarbeiter bedeutet. Wir wollen in diesem Geschäft wachsen und haben im vierten Quartal bereits Umsatzerfolge erzielt.

Die deutsche SolarWorld erreicht mit einem Umsatz von 200 Millionen Euro einen Börsenwert von über zwei Milliarden. Die Unaxis-Solarsparte ist zwar bedeutend kleiner, doch reizt Sie da nicht auch ein Börsengang?

Ich kann nicht fast nichts an die Börse bringen. Erst mal müssen wir unsere Hausaufgaben machen und sehen, wo wir uns positionieren. Wir wollen in die klassische Herstellung von Solarzellen, also in den Anlagenbau. Wenn die Ergebnisse dann eines Tages stimmen und wir eine gewisse Grösse erreicht haben, dann kann ich über einen Börsengang dieser Sparte reden.

Sie wollen auch Geschäfte abspalten wie die Halbleitersparte, bestehend aus Wafer und Esec. Tut sich da etwas?

Wir haben eine erfreuliche Anzahl an Anfragen von Finanzinvestoren, aber auch von strategischen Interessenten. Und zwar genau deshalb, weil wir zuerst unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wir haben die Kosten heruntergebracht, Produkte neu überdacht, gewisse Komponenten nach Asien verlagert. Nun erzielen wir in beiden Bereichen seit zwei Quartalen wieder Profite, und die Auftragsbücher sind voll. Wir haben mehrere hundert Maschinen verkauft, was erst 2006 zu Buche schlagen wird. Damit ist etwas Substanzielles vorhanden, das man auch verkaufen kann. Wir können sogar den Käufer aussuchen.

Sind die Anfragen ohne Ihr Zutun gekommen?

Ja. Uns wurden sogar schon inoffizielle Preisangebote unterbreitet.

Die wie aussehen?

Sagen wir einmal: Sie sind attraktiv (lacht).

Wenn die Nachfrage derart hoch ist: Weshalb behalten Sie dann das Halbleitergeschäft nicht?

Ich kann bei Esec und Wafer bei der Profitabilität weder Nummer eins noch Nummer zwei werden. Da gibt es andere Firmen, die sind grösser als wir. Da wir in Nischenmärkten vertreten sind, können wir die nötigen Skaleneffekte nicht erzielen. Deshalb passt dieser Sektor nicht in unsere Strategie.

Unaxis ist für Aussenstehende eine Ansammlung von Technologien, ein etwas wilder Haufen.

Worüber reden wir eigentlich bei Unaxis? Wir reden über Beschichtung und Vakuumtechnologie. Das sind die zwei grossen Tätigkeitsfelder, da liegen unsere Kernkompetenzen. Dazu kommt noch der Bereich Space, doch dieser ist im Gesamtkontext klein. Letztlich geht es nur um zwei Technologien, das ist doch nicht allzu wild.

Synergien jedoch sind in Ihrem Haus nicht gross vorhanden?

Doch, die sind schon da. Sie wurden aber in der Vergangenheit kaum genutzt. Vergleichen wir mal die alte mit der neuen Unaxis. Der Unterschied ist, dass die alte Unaxis nie als Holding geführt wurde, die sieben verschiedene Unternehmen hat. Jedes Unternehmen hat im Eigeninteresse agiert, oft ohne die Holding zu informieren. Das war so auf der operativen Seite, aber auch was die Marke betraf. Wenn ich heute von Unaxis rede, meine ich nicht sieben zusammengewürfelte Firmen, sondern einen Konzern. Und der wird von einer Person geführt, nämlich mir.

Apropos Marke: Wie weit ist die Debatte um einen neuen Konzernnamen gediehen?

Wir sind da relativ weit. Allerdings geht es nicht darum, einfach irgendwelche Namen zu ändern. Vielmehr wollen wir dem Mitarbeiter ein Umfeld schaffen, in dem er sich wohl fühlt und mit dem er sich identifizieren kann. Doch genau das können viele nicht mit dem Namen Unaxis. Aber auch mit dem Namen Balzers können sich nur wenige Contraves-Mitarbeiter identifizieren. Oder umgekehrt. Darum müssen wir einen Modus Vivendi finden, der alles zusammenbringt. Und das heisst: eine Dachmarke. Dabei ist natürlich der Name Oerlikon eine attraktive Variante unter mehreren.

Sie haben als Ziel mehr «Messbarkeit» für die Arbeit der Unaxis ausgegeben. Zugleich klagen Analysten, Ihre Zahlen seien nicht mehr messbar.

Das ist kein Widerspruch. Ich habe die Analysten zweimal informiert im Rahmen unserer Berichterstattung. Danach habe ich gesagt: Gebt mir Zeit, am Ende des vierten Quartals sehen wir uns wieder. Das wurde von vielen als Vernachlässigung angesehen. Aber es gab nichts zu informieren. Jetzt gibt es etwas zu sagen, und wir haben es auf Roadshows in Zürich, London und New York den Analysten erklärt.

Sie haben keinen beneidenswerten Job. Einmal müssen Sie Unaxis wieder auf Kurs bringen. Doch da sind die Hauptaktionäre, die Victory-Gruppe um Mirko Kovats, die gerne ihr eigenes Süppchen kochen …

Jein. Der Hauptaktionär hat wie alle anderen Aktionäre ein grosses Interesse daran, dass das Unternehmen wieder zum Erfolg gebracht wird. Das ist für ihn ein langfristiges Investment. Ausserdem lasse ich mir ins operative Management nicht dreinreden. Ich hole mir gerne Rat bei unseren Hauptaktionären, aber faktisch treffe ich die Entscheidungen. Alle Aktionäre müssen gleich behandelt werden. Es gab ja tausend Spekulationen. Alle erwarteten, Kovats wolle nur die Unaxis-Kassen leer räumen. Doch nichts ist passiert.

Noch nicht. Doch seine Firma A-Tec leidet unter Kapitalauszehrung, möglicherweise muss er eine 100-Millionen-Anleihe frühzeitig zurückzahlen.

Das ist schon möglich. Aber ich bin mir sicher, er kann die Anleihe zurückzahlen, falls es nötig ist.

Da sind wir uns nicht so sicher.

Da bin ich mir sehr sicher.

Kovats benötigt Kapital, Sie sind als CEO von ihm installiert. Jetzt prüfen Sie eine Übernahme der A-Tec. Da passt doch alles zusammen.

A-Tec übernehmen wir mit Sicherheit nicht als Ganzes. Interessiert sind wir am Elektromotorenbauer ATB – und auch da nur zu einem akzeptablen Kaufpreis. Wenn ich die Marionette von jemandem wäre, dann hätte ich längst zugeschlagen und nicht sechs Monate lang herumgewurstelt.

Schwer zu glauben, dass ein Investor eine feindliche Übernahme macht und dann einen renitenten CEO einsetzt.

Ich bin nicht renitent. Der Herr Kovats wird in ein falsches Licht gerückt. Am Ende ist einzig der Aktienkurs entscheidend. Wenn ich die ganze A-Tec kaufen würde, können Sie sich ausrechnen, wo morgen der Unaxis-Aktienkurs stehen würde, nämlich etwa bei der Hälfte. Alle Werte, die bei Unaxis vernichtet werden, schmerzen auch Kovats als Hauptaktionär.

Dennoch: Den Schatten von Kovats werden Sie nicht so schnell los.

(Lacht.) Die Verschwörungstheorien sind gigantisch. Aber die Verschwörung existiert nicht.

Angenommen, Mirko Kovats setzt Ihnen das Messer an die Brust und verlangt: Du musst die gesamte A-Tec übernehmen! Was machen Sie?

Gehen. Denn ich dulde keine Einmischung, sonst würde ich meine Glaubwürdigkeit verlieren. Ich bin jung und möchte noch ein bisschen länger arbeiten.

Dirk Ruschmann
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