Für die Beurteilung von Streitigkeiten aus diesem Vertrag sind die Gerichte am Sitz des Unternehmens zuständig.» Dieser Satz, von den Juristen Gerichtsstandsklausel genannt, findet sich am Ende mancher Verträge. Für das Unternehmen ist es natürlich praktischer, sollte es zu Streitigkeiten mit dem Vertragspartner kommen, vor der eigenen Haustüre klagen zu können oder verklagt zu werden.
Umgekehrt ist Prozessieren in einem anderen Landesteil oder sogar in einem anderen Land oft mit zusätzlichen Risiken und Kosten verbunden. Nur schon ein Prozess in einer anderen Sprachregion kann eine beträchtliche Hürde darstellen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, tun Unternehmer deshalb gut daran, sich mit den Grundlagen über Gerichtsstandsklauseln vertraut zu machen.
Im Zivilprozessrecht gilt der Grundsatz, dass jede Partei an ihrem Wohnsitz oder Sitz zu verklagen ist. Falls ein Unternehmen Produkte direkt an Konsumenten verkauft oder seine Dienstleistungen Konsumenten gegenüber erbringt, gilt aber eine wichtige Ausnahme: Wenn ein Konsument das Unternehmen einklagen will, steht ihm wahlweise ein Gerichtsstand am eigenen Wohnsitz oder am Sitz des Unternehmens zur Verfügung. Will umgekehrt das Unternehmen seinen Kunden einklagen, so muss es dies am Wohnsitz des Konsumenten tun. Hat das Unternehmen seinen Sitz beispielsweise in Luzern und wohnt der Kunde in Lugano, so kann der Kunde nach seiner Wahl sowohl in Lugano als auch in Luzern klagen. Umgekehrt kann das Unternehmen einen Prozess gegen den Kunden nur in Lugano führen.
Von diesen Vorschriften kann nicht abgewichen werden. Entsprechende Gerichtsstandsklauseln in Konsumentenverträgen, wie diejenige am Anfang dieses Artikels, sind damit ungültig der Rest des Vertrages bleibt jedoch gültig. Erst nachdem eine konkrete Streitigkeit ausgebrochen ist, können sich die Vertragsparteien gültig auf einen Gerichtsstand einigen. Dies ist im Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz) so geregelt, welches am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist. Gerichtsstandsklauseln in Verträgen, welche vor diesem Datum abgeschlossen worden sind, bleiben übrigens gültig. Für sie gelten somit die vorstehenden Einschränkungen nicht.
Was ist ein Konsumentenvertrag?
Die Gretchenfrage ist nun, wann ein Konsumentenvertrag vorliegt. Das Gerichtsstandsgesetz nennt drei Voraussetzungen, welche alle erfüllt sein müssen: Erstens muss es sich um einen Vertrag des üblichen Verbrauchs handeln. Unter den Rechtsgelehrten ist aber umstritten, was «üblicher Verbrauch» bedeuten soll: Fällt beispielsweise ein Autokauf darunter? Die Gerichte werden diese Frage zu klären haben. Zweitens müssen die vertraglichen Leistungen für den persönlichen Gebrauch des Konsumenten oder seiner Familie bestimmt sein. Sind die Leistungen für den Weiterverkauf bestimmt, scheidet ein Konsumentenvertrag also von vornherein aus. Drittens muss der Unternehmer bzw. das Unternehmen die Leistung im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit anbieten.
Typische Konsumentenverträge sind etwa Kaufverträge über Leistungen des täglichen Bedarfs, Kleinkreditverträge, Mietverträge über bewegliche Sachen (z. B. ein Fernsehgerät), Time-Sharing-Verträge, das Abonnement fürs Fitnesszentrum, Fernkursverträge oder Verträge über Partnerschaftsvermittlung. Es ist aber in jedem Einzelfall genau abzuklären, ob die drei oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Keine Konsumentenverträge sind Mietverträge über Wohnungen und Arbeitsverträge. Für diese Verträge gelten besondere Bestimmungen über die zulässigen Gerichtsstände.
Das Gerichtsstandsgesetz ist nur anwendbar, wenn beide Vertragsparteien ihren Sitz bzw. Wohnsitz in der Schweiz haben. Wohnt der Kunde in einem Staat, welcher der EU (ohne Beitrittskandidaten) oder der EFTA angehört, gelten aber auf Grund eines Gerichtsstandsübereinkommens, welches die Schweiz mit diesen Staaten geschlossen hat, ähnliche Regeln, jedoch mit Einschränkungen: Ein Schweizer Unternehmen kann in der Regel nur von einem Kunden im Ausland verklagt werden, wenn es dort Werbung gemacht, andere Marketing- oder Verkaufsaktivitäten entfaltet oder dem Konsumenten ein konkretes Angebot gemacht hat.
Das Unternehmen ist in seinen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten betreffend den Gerichtsstand somit stark eingeschränkt. Es muss damit rechnen, von seinen Kunden in einem anderen Kanton oder sogar einem anderen Land eingeklagt zu werden, sofern sich die Streitigkeit auf einen so genannten Konsumentenvertrag stützt.
Nicolas Schwarz LL.M., Rechtsanwalt bei Thouvenin Rechtsanwälte in Zürich, ist schwergewichtig im Vertrags-, Arbeits- und Prozessrecht tätig. Er ist Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.