Die verdüsterte Wirtschaftslage hinterlässt im Verwaltungsrat ihre Spuren. Hatten sich viele Gesellschaften angesichts ständig steigender Börsenkurse zu neuen Entschädigungsmodellen mit Aktien und Optionen inspirieren lassen, wird diese Art der Vergütung im abgekühlten Klima weit skeptischer beurteilt. Eine radikale Abkehr von den erfolgsabhängigen Honorierungen ist zwar nicht zu registrieren, aber die jüngste «HandelsZeitung»-Umfrage zu den Verwaltungsratssalären markiert weniger Innovationsbereitschaft. Ein grosser Versicherer, bei dem das VR-Honorar ausschliesslich vom Börsenkurs abhängig war, äussert sich unmissverständlich: «Nach drei Baissejahren in Folge wird im laufenden Jahr eine Korrektur vorgenommen.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Aktien der eigenen Unternehmung bleiben durchaus beliebt, allerdings mehr als Ergänzung zu den Barauszahlungen. In den 90er Jahren gehörte etwa Georg Fischer zu den Pionieren, wenn es um die vollständige Vergütung mit Risikopapieren ging. Nun ist der Schaffhauser Konzern davon wieder abgerückt und zahlt einen Teil in Cash. Lediglich noch sieben Firmen entschädigen ihre Verwaltungsräte vollständig in Aktien, darunter die beiden Grosskonzerne Credit Suisse und Swiss Re.

Die rückläufigen Notierungen an den Aktienmärkten bis im letzten Frühling liessen die erfolgsabhängigen VR-Honorare für das Geschäftsjahr 2002 teils massiv schrumpfen. Bei der krisengeschüttelten ABB verminderte sich das durchschnittliche Salär von 400000 Fr. auf 279000 Fr. Vor Jahresfrist platzierte sich der Elektromulti damit noch direkt hinter Nestlé auf dem Podest; jetzt ist der schwedisch-schweizerische Konzern auf Rang sieben abgerutscht.

Transparenz erhöht

Die verschärften Vorschriften unter dem Titel der Corporate Governance haben erstmals für mehr Transparenz gesorgt. Sämtliche an der Schweizer Börse SWX kotierten Gesellschaften müssen die Verwaltungsratsbezüge als Gesamtsumme offen legen. Für Bundesrätin Ruth Metzler ist dies nur ein Anfang. Sie denkt an ein neues Modell, bei dem die «Entschädigungen von den Aktionärsversammlungen festgelegt werden» (Nr. 28 vom 9.8.2003). Die Justizministerin hält es für fragwürdig, wenn der Verwaltungsrat seinen eigenen Lohn fixiert. Längst sind die Vergütungen an das Aufsichtsgremium jedoch zu einem mehrstufigen Prozess, ergänzt mit Aktien und Optionen, geworden. Einzig die Barvergütung könnte deshalb an einer Generalversammlung zur Diskussion stehen.

Wo nicht auf Aktien und Optionen zurückgegriffen wird, lassen sich trotzdem Ansätze für die Erfolgshonorierung ausmachen. So richten einzelne Kantonalbanken Bonuszahlungen aus oder vergüten Teile des Salärs in Abhängigkeit vom Bruttogewinn. Bei einer Versicherung orientiert sich das Gehalt des Verwaltungsratspräsidenten am konsolidierten Ergebnis. Die Beteiligungsfirma BT&T TimeLife entschädigt ihre VR-Mitglieder mit einem fixen Honorar, das von einer 10-prozentigen «Outperformance Fee» an den Investment Manager abgezogen wird. Die negative Performance an den Börsen gab in diesem Fall keinen Spielraum für eine Gehaltserhöhung.

Der Trend hin zur Entschädigung in Aktienoptionen hat sich deutlich abgeschwächt. In den meisten Fällen sind die Ausübungspreise dermassen hoch, dass die Optionen nach einer mehrjährigen Sperrfrist wertlos verfallen. Frank Henkel, Geschäftsführer der VR-Pool Board Services, gewinnt der Neugewichtung des Optionenmodells auch etwas Gutes ab: «Dieses hatte dazu geführt, dass der eine oder andere am Unternehmensergebnis zu manipulieren begann.» (Siehe Interview)

Bei der Aufteilung zwischen Barentschädigung und Aktienoptionen dominieren die Varianten mit mehr Cash. Bosshard vergütet 83% bar, bei Sia Abrasives sind es 80%. Schulthess lässt die Wahlmöglichkeit für drei Viertel des VR-Honorars entweder in Aktien oder bar, während der Rest auf Optionen entfällt. Jelmoli, Inficon und Leica vergüten je zur Hälfte in Bargeld und Aktienoptionen. Einzig Lonza hat das andere Extrem gewählt: Beim einst von Martin Ebner beeinflussten Chemiekonzern kassiert ein Verwaltungsrat 84% in Form von Optionen. Forbo lässt die Mitglieder des Aufsichtsgremiums zwischen einer vollen Barvergütung oder einer Abstufung bis zu 50% in Aktienoptionen wählen. Schliesslich kennt die Bank Julius Bär noch einen anderen Modus: Die VR-Mitglieder beziehen die Hälfte in bar und den Rest entweder in Aktien oder Optionen.

Swiss: Mehr VR-Sitzungen

Am Sitzungsrhythmus hat sich im Vergleich zu den Vorjahren wenig verändert. Bei zwei Dritteln der Unternehmen tagt der Verwaltungsrat zwischen vier- bis sechsmal pro Jahr. Die Frequenz nimmt zu, wenn sich eine Gesellschaft in der Krise befindet. Kaum erstaunlich: Die Swiss und Ascom haben 24 Verwaltungsratssitzungen innerhalb von zwölf Monaten angesetzt. Beim Berner Konzern waren davon 9 Telefonkonferenzen. Entsprechend wird bei den Sitzungsgeldern differenziert: Eine Industriefirma vergütet 1000 Fr. pro Sitzung, während eine Konferenz per Fixanschluss oder Handy mit 250 Fr. honoriert wird. Mehrheitlich sind die Spesen für sämtliche Zusammenkünfte in den gesamten VR-Entschädigungen bereits enthalten. Die Swiss entrichtet ihre Sitzungsgelder nach geografischen Kriterien. Ein europäisches VR-Mitglied erhält 2000 Fr. pro Tag, ein aussereuropäisches 6000 Fr.

VR-Honorar: 59000 Franken

Das durchschnittliche Honorar eines Verwaltungsrates liegt bei 59000 Fr. Im Jahr zuvor waren es noch 66000 Fr. Bei der «HandelsZeitung»-Umfrage wurden 450 Firmen angeschrieben, die an der Börse kotiert sind oder in ihrer Branche zu den Grossen zählen. Ausgewertet wurden zudem die Geschäftsberichte unter dem Kapitel Corporate Governance. Insgesamt sind 310 (Vorjahr:271) Antworten eingegangen. (spe)