BILANZ Homes: Guten Morgen, Herr Meehan, haben Sie gut geschlafen?
Mike Meehan: Guten Morgen, gut, ja, aber zu wenig. Und Sie?

Gut und genug, danke.
Was haben Sie für eine Matratze?

Ups, keine Ahnung.
Typisch. Diese Antwort höre ich wieder und wieder. Die meisten Leute schenken dem Schlafen einfach zu wenig Beachtung.

Inwiefern?
Der Mensch verbringt ein Drittel seines Lebens schlafend, und jeder weiss aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, gut zu schlafen. Und trotzdem ist es vielen Leuten mehr oder weniger egal, worauf sie liegen, Hauptsache, sie haben ein Bett. Sie behandeln das Bett wie ein Verbrauchs-, nicht wie ein Investitionsgut. Wer ein Bett kaufen will, setzt sich im Geschäft einen Moment auf eine Matratze oder legt sich für ein, zwei Minuten hin, that’s it. Dann werden Preise verglichen und schliesslich eine Matratze gekauft, ohne Gewissheit, dass sie die richtige ist.

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Wann ist eine Matratze richtig?
Wenn sie hart genug ist, um die Wirbelsäule zu stützen, und weich genug, dass es keine Druckstellen gibt. Das Geheimnis sind die richtige Federung und die richtige Polsterung. Beides ist sehr wichtig und je nach Mensch unterschiedlich zusammenzustellen. Wir haben 15 verschiedene Betttypen und 60 unterschiedliche Federspannungen. Wir können für jeden Menschen das perfekte Bett machen.

Klingt gut. Und aufwendig.
Deshalb brauchen wir auch Retailer, die genau verstehen, was wir machen. Weltweit arbeiten wir mit rund 400 Händlern zusammen. Jeden von ihnen laden wir zu uns in die Fabrik ein, damit sie sehen, wie unsere 150 Mitarbeiter arbeiten und was uns so besonders macht. Unsere Matratzen entstehen in reiner Handarbeit und ausschliesslich auf Kundenbestellung. Das macht sonst niemand.

Es verkauft aber auch niemand sonst Matratzen für mehrere tausend Franken. Das muss man sich auch noch leisten können.
Und leisten wollen. Die Industrie tut viel zu wenig dafür, den Menschen die Wichtigkeit der richtigen Unterlage bewusst zu machen. Aber es kommt langsam.

Heisst das, es ist schwierig, Luxusbetten zu verkaufen?
Matratzen zu promoten, ist tatsächlich nicht einfach. Die sehen von aussen ja alle gleich aus. Die Leute geben viel Geld aus für Küchen, Autos und Schmuck, aber dem, was sie mehr benutzen als alles andere, schenken sie wenig Aufmerksamkeit, nur weil es ausserhalb des Blickfelds ist. Wir investieren derzeit viel in ein neues Marketingkonzept. Wir erzählen, was ein gutes Bett für einen tun kann, setzen mehr auf Lifestyle und Emotionen und weniger auf die technischen Spezifikationen und die Machart, obschon es das ist, was unsere Betten einzigartig macht.

Boxspring-Betten sind im Trend, sogar Ikea hat sie im Angebot.
Da können Sie sich vorstellen, dass Boxspring nicht Boxspring ist. Hier in England werden für ein Bett im Schnitt 350 Pfund ausgegeben. Was es dafür zu kaufen gibt, kann ich beim besten Willen nicht als Matratze bezeichnen, allenfalls als Schlafoberfläche. Da steckt vergleichsweise nichts drin. Wenn jemand einmal in einem unserer Betten geschlafen hat, weiss er genau, was ich meine.

Ihre Betten kann man ausprobieren?
Wir geben ein Komfortversprechen an unsere Kunden ab. Fühlt sich das Bett nicht so gut an, wie es sich ein Kunde erhofft hat, ist die Matratze zu weich oder zu hart, dann modifizieren wir das Bett für ihn. Wir garantieren Zufriedenheit mit dem Kauf.

Wie viele Betten kommen zurück?
98 Prozent der Kunden sind zufrieden.

Sie machen seit über 100 Jahren Matratzen. Klingt nach viel Tradition. Wie halten Sie es mit Innovation?
Innovation heisst für uns nicht, das Rad neu zu erfinden, sondern ständig daran zu arbeiten, dass wir den Komfort eines Bettes noch weiter verbessern können. Das hat vor allem mit den Materialien zu tun, die verarbeitet werden. Wir arbeiten ausschliesslich mit natürlichen Materialien und haben den Ehrgeiz, stets die besten zu finden, die erhältlich sind.

Ihre Federn sind aus Metall – ein absolutes No-Go für Hersteller rein natürlicher Betten. Diese behaupten, Metall sei Gift für einen gesunden Schlaf, weil es Elektrosmog förmlich anzieht.
Diesen Aspekt kennen wir. Messungen haben ergeben, dass Elektrosmog bei unseren Betten eine vernachlässigbare Grösse ist. Viel schlimmer sind der digitale Wecker, der TV oder das Handy – die gehören definitiv nicht ins Schlafzimmer. Für uns sind Federkern- matratzen mit einer 100 Prozent natürlichen Füllung nach wie vor die einzig richtigen: Die Federn sorgen für Luftzirkulation, was ganz wesentlich ist für die Regulierung der Feuchtigkeit und letztlich für die Hygiene des Bettes.

Worauf sind Sie am meisten stolz?
Wir haben die beste Wolle von den Schafen der Shetland-Inseln. Auf diesen Inseln herrscht ein ausserordentlich raues Klima, und Shetland-Schafe sind davor dank allerfeinster Wolle geschützt. Wir nehmen den Züchtern ein Drittel ihrer Wolle ab, sind der wichtigste Abnehmer. Mit dieser Partnerschaft haben wir es unseren Lieferanten auf den Shetland-Inseln ermöglicht, ihre Wollproduktion zu modernisieren und neu zu strukturieren – positiv für sie, positiv für uns. Unsere Wolle stammt übrigens von lebenden Schafen, nicht von toten.

Kein Hightech?
Natürliche Fasern funktionieren viel besser, sie atmen mit, führen Feuchtigkeit ab. Kunstfasern haben wir ausprobiert und sind zum Schluss gekommen, dass sie für uns ein Rückschritt wären. Sie absorbieren Feuchtigkeit nicht gleich gut wie natürliche Fasern, und sie halten auch keine 15 Jahre. Wir bleiben bei den natürlichen.

Vispring gehört seit 2005 der spanischen Flex Equipos de Descanso. Was ist sonst noch spanisch?
Nichts. Vispring ist eine durch und durch britische Firma: Die Matratzen werden hier gemacht, die Entscheide werden hier gefällt. Hinter Flex Group steckt eine spanische Familie. Sie kontrolliert ein Drittel des spanischen Bettenmarktes, besitzt Bettenfirmen in Nord- und Südamerika und will weltweit zur Nummer eins werden in der Nische Luxusbetten.

Waren Sie bei der Übernahme schon bei Vispring?
Ich bin seit bald 20 Jahren hier. Seit sieben Jahren bin ich CEO.

Und davor? War ich Finanzchef und noch davor Banker.

Vom Banker zum Luxusbettenproduzenten. Wie kam das?
Etwas produzieren und weltweit verkaufen ...

Sie verkaufen weltweit. Auch in Tokio?
Japan haben wir auf dem Radar, sind aber noch nicht so weit. Dort ist die Schlafkultur ganz anders als hier. Wir sind trotz grosser Gruppe im Hintergrund eine kleine Firma und können keine grossen Sprünge machen, nur step by step vorwärtsgehen. In Japan brauchen wir als Erstes einen Vertriebspartner, der zu uns passt.

Versprochen. Wie viele Betten stellen Sie her, und wie viel Wachstum können Sie in Ihrer Manufaktur überhaupt bewältigen?
Wir stellen pro Woche 500 Betten her, 100 am Tag, 25'000 im Jahr. Wachsen können wir 10, maximal 15 Prozent im Jahr. Wir machen alles von Hand. Schnell wachsen geht gar nicht, wenn wir nicht riskieren wollen, dass wir das verwässern, wofür wir stehen.

Und mehr Leute anstellen oder die Prozesse beschleunigen?
Wir sind davon überzeugt, dass wir alles richtig machen. Und wir wollen ja auch nicht die Grössten sein – nur die Besten.

Wo wollen Sie wachsen?
In neuen Märkten.

Sind die Chinesen und Russen an Vispring interessiert?
Wir sind in beiden Ländern gut gestartet.

Das Stichwort Design ist bis jetzt noch nie gefallen.
Wir pflegen den klassischen englischen Stil, werden fortan aber daran arbeiten, den Fokus zu erweitern. Wir haben zwei Designer im Haus mit dem Auftrag, das Design zu verbessern, mit neuen Ideen neue Kunden anzusprechen.

Es gibt keine Vispring-Läden, nur Händler. Warum?
Matratzen herstellen ist eine Sache, sie zu verkaufen, eine andere. Retail ist ein kompliziertes Geschäft. Das mit den Partnern ist für uns die beste Art der Distribution.

Wie führen Sie Vispring?
Wir haben eine sehr flache Struktur, und es dreht sich hier alles um unsere Fachleute. Wir bilden sie aus, bilden sie weiter, schauen gut zu ihnen, indem wir versuchen, für sie interessant und vielfältig zu sein und in ihnen Leidenschaft zu wecken.

Mit einem Vispring-Bett?
Die meisten haben eines daheim, freilich zu Mitarbeiterpreisen. Vor zwei Jahren haben wir den Queen’s Award gewonnen, eine hohe Auszeichnung. Ich habe ihn zusammen mit dem Mitarbeiter, der am längsten hier arbeitet, im Buckingham Palace in Empfang genommen. Das war ein stolzer Moment.

Im Palast stehen sicher unzählige Vispring-Betten. Wir sind diskret, reden nicht über unsere Kundschaft. Aber Vispring-Betten im Königspalast – diese Vorstellung gefällt uns natürlich.