Wer das Gebäude der Firma von Ballmoos in Horgen-Oberdorf betritt, wundert sich erst einmal über die herrliche Aussicht auf den Zürichsee. Dies hat seinen Grund: Früher war das Haus gleichzeitig Firmendomizil und Wohnhaus des Firmengründers. «Fritz von Ballmoos war ein innovativer Tüftler, der sich leidenschaftlich für elektronische Abläufe interessierte. Das Innenleben einer Parkhauskasse konnte ihn ebenso fesseln wie die Steuerung einer Strickmaschine», erklärt der heutige Geschäftsführer Bruno Stieger. Der Physiker von Ballmoos erfand und lancierte das erste vollautomatische Parkingsystem in Europa. 1967 gründete er die Firma Dr. von Ballmoos AG, die in ihren Blütezeiten in den späten 80er und frühen 90er Jahren über 50 Angestellte beschäftigte.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Als Bruno Stieger im Jahr 2001 auf die Firma aufmerksam wurde, waren die guten Zeiten längst vorbei. Der Patron hatte sich vom operativen Geschäft zurückgezogen und die Firma verkauft. Diese beschäftigte noch 15 Leute und war nicht mehr sehr aktiv auf dem Markt. Bruno Stieger, Betriebsingenieur mit MBA-Abschluss, reizte diese Situation. Obwohl er damals von der Parkraumbewirtschaftung wenig Ahnung hatte, erkannte er das Potenzial des maroden Unternehmens und beschloss, in die Branche einzusteigen. Zusammen mit zwei Partnern übernahm er Kunden, Produkte und Patente und gründete eine neue Firma, die von Ballmoos AG.

Um wieder konkurrenzfähig zu werden, führte Bruno Stieger Gespräche mit Kunden und fand heraus, dass die Firma zwar gute und stabile Geräte vertrieb, die jedoch auf einer veralteten, selbst kreierten Technologie basierten. Zudem war der Kundenservice vernachlässigt worden. Bruno Stieger: «Wir wollten eine neue Generation von Parksystemen entwickeln, aber gleichzeitig das Gute behalten. Beispielsweise die Philosophie, die Geräte so unkompliziert wie möglich zu bauen. Parkinggeräte müssen sehr robust sein, da sie bei starker Sonneneinstrahlung Temperaturen bis zu 60 Grad, im Winter bis zu minus 30 Grad aushalten müssen.» Zum Guten gehörte auch das wertvolle Know-how langjähriger Mitarbeiter, auf das Stieger von Anfang an sehr viel Wert legte.

Mit Feldforschung zum benutzerfreundlichen System

Für Bruno Stieger lag auf der Hand, dass nicht alles neu erfunden werden muss. Während früher jede Elektronikkomponente von Hand gezeichnet und zusammengebaut wurde, ist die Produktion von Leiterplatten, Kabeln und Gehäusen an verschiedene Spezialisten ausgelagert worden. Statt eigene Computer zu bauen, kauft Stieger extern hochwertige Industrie-PC mit bewährtem Windows-Betriebssystem ein. «Viele Kunden kaufen sowieso eigene Computersysteme, zu denen wir ergänzend die Parking-Software liefern.» Der Vorteil: Die Kunden können das Parkingmanagementsystem in ihr bestehendes Netzwerk integrieren, etwa um es mit firmeneigenen Applikationen wie Lohnbuchhaltung oder Fakturierung zu verbinden. Diese Teilsysteme werden vorwiegend an Wiederverkäufer auf dem ausländischen Markt verkauft; die Schweizer Kunden verlangen eher nach kompletten Systemlösungen.

Wie entscheidend ein einfacher Benutzerablauf ist, realisierte Stieger, als er in Parkhäusern Feldforschung betrieb. Er fand heraus, dass viele Menschen mit den Kassen überfordert sind und keine Ahnung haben, wo sie Geld und Ticket reinstecken müssen. Bruno Stieger: «Es gibt nichts, was es nicht gibt. Einmal sah ich, wie ein verzweifelter Autolenker seinen Fünfliber für das Parken in den Getränkeautomaten stecken wollte.» Für noch mehr Verwirrung sorgen Geräte mit unterschiedlichen Zahlungsmöglichkeiten. Aus diesem Grund hat von Ballmoos AG viel Geld in die Entwicklung ergonomischer Benutzerinterfaces investiert. Auf den neuen, schlichten Parkhauskassen fällt ein grosser roter Punkt auf, der auf das Display mit Touch Screen und den Schlitz für das Ticket hinweist. Rechts auf der Frontplatte werden die Zahlungen getätigt je nach Kundenwunsch cash oder bargeldlos.

Ein grösseres Firmendomizil

«Wir haben zwei Jahre benötigt, um Ordnung zu schaffen und ineffiziente Arbeitsabläufe zu verbessern. Gleichzeitig mussten wir neue Produkte entwickeln und auf den Markt bringen. Das war ein ganz schöner Stress», blickt Bruno Stieger zurück. Die grösste Schwierigkeit war für die Firma, dass sie nicht effizient genug produzieren konnte, weil sie vom Erfolg überrascht wurde. Die erste Pilotsoftware kam erstmals im November 2002 zum Einsatz, und erst im Sommer 2003 gelang es dem Betrieb, die Geräte und Software zur Produktionsreife zu bringen. Weiter bauten sie die Serviceabteilung aus, indem erfahrene Mitarbeiter ihr Know-how an die neuen Servicetechniker weiterreichten.

Heute beschäftigt von Ballmoos wieder 34 Angestellte und sieht sich bereits nach einem grösseren Firmendomizil um. Obwohl die Branche insbesondere in Deutschland einem harten Konkurrenzkampf ausgesetzt ist, hat der Horgner Anbieter die Auftragsbücher für das laufende Jahr seit Februar voll. Auch der zukünftigen Technologie will sich Bruno Stieger nicht verschliessen: Weitere Themen auf der Softwareseite sind Reservationssysteme, die Integration von Fahrtenmodellen in die Parkraumbewirtschaftung sowie die automatische Fakturierung von Parkingdienstleistungen.

Firmen-Profil

Name: Von Ballmoos AG, Tödistrasse 44, 8810 Horgen

Gründung: 1967 als Dr. von Ballmoos AG,

2001 Neugründung von Ballmoos AG

Geschäftsleitung: Bruno Stieger

Umsatz: 10,5 Mio Fr.

Beschäftigte: 34

Produkte: Parking-Systeme

Kunden: Generalunternehmer, Städteund Gemeinden, Parkhausbetreiber

Internet: www.vonballmoos.com