Im neuen «Top Gun»-Film trägt Darsteller Tom Cruise sie dauernd: die Ray-Ban Aviator. Das Modell ist eine der weltweit bekanntesten Sonnenbrillen. 

Für den Erfolg der Kultbrille ist Hollywoodstar Cruise mitverantwortlich: Als 1986 der erste «Top Gun»-Film in die Kinos kam, schnellten die Verkäufe der Aviator schätzungsweise um 40 Prozent in die Höhe. 

Was weniger bekannt ist: Hinter der Marke Ray-Ban steckt der italienische Brillenhersteller Essilor Luxottica mit Sitz in Mailand. Das Unternehmen hat nun seinen Gründer verloren: Der italienische Unternehmer und Milliardär Leonardo Del Vecchio ist am 27. Juni im Alter von 87 Jahren gestorben. 

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Del Vecchio besitzt etwa 25 Milliarden Franken

Er war jahrelang Chef des Unternehmens und galt als einer der reichsten Italiener. Mit einem laut «Bloomberg» geschätzten Vermögen von umgerechnet rund 25 Milliarden Franken besetzte Del Vecchio gleich hinter der Schokoladenherstellerfamilie Ferrero den zweiten Platz in der italienischen Reichsten-Liste. 

«Essilor Luxottica teilt heute leider mit, dass sein Vorstand Leonardo Del Vecchio gestorben ist», schrieb das in Frankreich ansässige Börsenunternehmen am Montag. Man drücke der Familie und der globalen Belegschaft für «diesen enormen Verlust» Beileid aus.

«Del Vecchio war ein grosser Italiener», liess Ministerpräsident Mario Draghi ausrichten. Der Geschäftsmann und Designer habe das Örtchen Agordo in den Dolomiten, wo er 1961 im Alter von 26 Jahren sein Unternehmen Luxottica gründete, und auch das ganze Land Italien ins Zentrum der Welt der Innovation gerückt.

Del Vecchio ist im Waisenhaus aufgewachsen

Laut Medienberichten starb Del Vecchio am Montag in einem Spital in Mailand. Die Klinik machte dazu am Vormittag keine Angaben. Aufgewachsen ist der Unternehmer in einem Waisenhaus in Mailand. 

Nördlich von Venedig, in der Stadt Agordo, eröffnete er sein erstes Geschäft. Mit einer kleinen Belegschaft von neun Angestellten hatte er angefangen, Brillenrahmen herzustellen. Zehn Jahre später brachte er die erste Brille auf den Markt.

Über die Jahre vergrösserte Del Vecchio das Geschäft. 1981 eröffnete er eine Filiale in Deutschland. Verträge mit Luxusmarken wie Giorgio Armani folgten, um für sie Brillen zu produzieren. Später kamen auch Bulgari, Chanel und Tiffany dazu. 1990 wurde Luxottica an der New Yorker Börse gelistet und dort 27 Jahre lang gehandelt.

Smarte Brille mit Facebook-Mutter entwickelt

Leonardo Del Vecchio hatte vor einigen Monaten eine Partnerschaft zwischen Essilor Luxottica und der Facebook-Mutter Meta aufgegleist. Zusammen haben die beiden Unternehmen eine intelligente Brille mit dem Namen «Ray-Ban Stories» entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Brille mit einer integrierten Kamera sowie einem Lautsprecher und einem Mikrofon für Musik und Telefonate. Für diese intelligente Ray-Ban hatte sich Del Vecchio auch persönlich mit Meta-Chef Mark Zuckerberg getroffen.

Das Gadget soll laut Essilor Luxottica «das Leben von Millionen von Menschen jeden Tag verbessern» und nur 5 Gramm schwerer sein als das klassische Ray-Ban-Modell Wayfarer. Die intelligente Brille ist derzeit in den USA, Grossbritannien, Italien, Australien, Irland und Kanada erhältlich. Im kommenden Jahr sollen weitere Länder hinzukommen. 

Essilor Luxottica macht 2 Milliarden Euro Umsatz

In der Zwischenzeit kaufte Del Vecchio andere Hersteller, unter anderem die US-Kultmarke Ray-Ban. 2018 fusionierte Luxottica mit dem französischen Unternehmen Essilor. Del Vecchio blieb bis zu seinem Tod Vorstand und Hauptaktionär.

Laut eigenen Angaben setzte der Konzern im vergangenen Geschäftsjahr knapp 2 Milliarden Euro um und erzielte einen Nettogewinn von 1,613 Milliarden Euro. Weltweit beschäftigt der Brillenhersteller rund 150’000 Personen. 

Essilor Luxottica kämpft in der Schweiz gegen Fielmann

Auch in der Schweiz ist der italienische Hersteller ein Gigant. So übernahm Essilor Luxottica 2019 die holländische Grandvision. Für 7,3 Milliarden Euro hat sich der Konzern damit weitere 7000 Verkaufsstellen einverleibt. Diese decken vor allem Europa ab.

Zu Granvision gehört auch der Schweizer Marktführer Visilab im mittelpreisigen Segment und dessen Nebenketten Koch Optik im Premiumbereich sowie das Billignetz McOptik. 

Mit der Übernahme von 62 McOptik-Filialen durch Visilab wollte dessen Gründer Daniel Mori dem Konkurrenten Fielmann in der Deutschschweiz die Stirn bieten. Heute ist Visilab die Nummer eins im Schweizer Brillenmarkt mit über 30 Prozent Marktanteil. Konkurrent Fielmann kommt laut Schätzungen auf etwas mehr als 20 Prozent. 

Del Vecchio hinterlässt grosse Lücke

Der Tod von Del Vecchio wirft nun die grosse Frage auf, wer in dessen grossen Fussstapfen tritt. Dabei ist das operative Geschäft wohl das kleinere Problem. Die Leitung des Imperiums übernimmt wohl Francesco Milleri. Der 63-Jährige war enger Vertrauter von Del Vecchio und ist seit zwei Jahren CEO von Essilor Luxottica.

Die grössere Unbekannte hingegen ist, wie es mit gigantischen Finanzbeteiligungen weitergeht. Del Vecchio bündelte diese unter seiner Holding Delfin, in dem praktisch sein ganzes Vermögen steckt. Die Holding ist mit 32 Prozent an Essilor Luxottica beteiligt.

Hinzu kommen unter anderem Anteile am Kreditinstitut Mediobanca (19,4 Prozent), Versicherer Generali (9,8 Prozent) oder am Immobilienkonzern Covivio (27,2 Prozent).

Gemäss Insidern könnten Del Vecchios Nachfolger an diesen Beteiligungen rütteln oder zumindest einen anderen Kurs fahren. 

Die Angst vor einem Zurückfahren der Beteiligungen zeigte sich denn auch bei den Aktienkursen der Unternehmen, an denen Delfi beteiligt ist. Die Papiere gaben nach dem Bekanntwerden von Del Vecchios Tod teils deutlich nach. 

Del Vecchios Ehefrau und sechs Kinder erben das Brillen-Imperium

Das Imperium erben werden jetzt Del Vecchios sechs Kinder sowie seine Ehefrau Nicoletta Zampillo, die er zweimal heiratete. Mit ihr hatte der Unternehmer ein Kind, drei stammen aus seiner ersten Ehe und zwei aus einer weiteren Beziehung.

An Zampillo gehen nun 25 Prozent der Anteile der Holding. Die restlichen drei Viertel gehen zu gleichen Teilen an die sechs Kinder. 

Als einziges Kind von Del Vecchio ist Zampillos Sohn Leonardo Maria im Familienunternehmen tätig. Der 27-Jährige leitet eine Abteilung bei Luxottica. Del Vecchios ältester Sohn Claudio sass bis 2015 im Verwaltungsrat des Brillen-Konzerns. Diesen Platz verlor er aber, weil sein Vater das Management umstrukturierte.

Bleibt letztlich zu hoffen, dass der Erbengemeinschaft Streitigkeiten erspart bleiben. Ansonsten könnte das von Del Vecchio erschaffene Imperium schnell ins Wanken geraten.

(mit Material der AWP)