Alles deutete auf ein «Wie gehabt» hin, als Roche vor zwei Jahren Thomas Schinecker zum Nachfolger von Severin Schwan machte. Spartenchef wird Konzernchef – die Personalie sei wenig geeignet, dem schwächelnden Industriechampion wieder auf die Sprünge zu helfen, hiess es.
Nun zeigt sich: Der oft zitierte frische Wind kann sehr wohl auch von innen kommen. Mehr Tempo in der Organisation, mehr Effizienz bei der Entwicklung neuer Medikamente, eine stärkere Orientierung an den kommerziellen Potenzialen: Schinecker ist es in nur anderthalb Jahren gelungen, den Konzern an entscheidenden Stellen neu aufzusetzen. Womöglich genau deshalb, weil er ein Interner war und deshalb genau wusste, wo er den Hebel ansetzen musste.
Überraschend kommt das nicht. Gewiss, Roche mag ein konservativer Konzern sein, das Unternehmen ist ein Ausbund an Stabilität. Die Basler schütten seit Jahrzehnten steigende Dividenden aus. Vakanzen in der Roche-Chefetage sind fast so selten wie die Geburt von Elefantenbabys im Basler Zolli – und dass ein Mitglied der Besitzerfamilie ausschert und im grossen Stil Aktien verkauft, kommt nur alle Dekaden mal vor.
Veränderung gehört zur Roche-DNA
Doch auch das gehört zur DNA von Roche: die Fähigkeit, sich aus eigener Kraft immer wieder selbst zu dynamisieren und im richtigen Moment mit den richtigen Entscheidungen die nächste Stufe zu zünden. Firmengründer Fritz Hoffmann-La Roche lagerte vor mehr als 125 Jahren die Herstellung von Medikamenten aus der Apotheke aus und legte damit den Grundstein für deren industrielle Produktion.
In den 1930er-Jahren war Roche ein Pionier der Massenproduktion von Vitaminen. Der Entscheid von Verwaltungsratspräsident Fritz Gerber, mit der Übernahme von Genentech schon in den 1990er-Jahren auf biologisch hergestellte Medikamente zu setzen, war geradezu visionär. Veränderung war immer Teil von Roche. Auch wenn sie womöglich bisweilen auf etwas leiseren Sohlen daherkommt als bei anderen Unternehmen.
Schwan muss kein Hindernis sein
Der Kapitalmarkttag dieser Tage hat gezeigt: Mit der Wahl von Thomas Schinecker hat der Verwaltungsrat einen ersten wichtigen Schritt aus der Krise gemacht. Ob das reichen wird, um den Basler Pharmakonzern wieder an die Spitze zu führen? Wohl kaum. Dazu wiegen die Versäumnisse der vergangenen Jahre zu schwer. Schineckers Vorgänger Severin Schwan hat die Genentech-Übernahme zwar hervorragend genutzt, die Zeit danach wurde aber nur unzureichend vorbereitet.
Was fehlt, ist eine klare Vorstellung davon, wo Roche in zehn und zwanzig Jahren stehen soll. Womit wir wieder beim Verwaltungsrat und dessen Präsident Schwan wären. Dass die oft kritisierte Konstellation mit dem ehemaligen Konzernchef als Verwaltungsratspräsident kein Nachteil sein muss, hat das Gremium mit der Wahl von Schinecker bewiesen, ebenso wie damit, dass es den Bruch mit der Vergangenheit zuliess, den der neue Konzernchef nun in vielen Punkten vollzogen hat. Mit Blick auf die Zukunft heisst das: Geht doch.