Scheiden kann weh tun - besonders verheirateten Firmeninhabern. Denn die persönlichen und finanziellen Folgen einer Scheidung können ein Unternehmen ernsthaft gefährden. Vor allem kleine Familienunternehmen, in denen möglicherweise beide Ehepartner arbeiten, leiden bei Trennung und Scheidung mit.
Tatsache ist: Die Scheidungsrate bewegt sich gegen die 50%. Tatsache ist auch, dass das Schweizerische Institut für Klein- und Mittelunternehmen der Universität St. Gallen im Jahr 2004 den Anteil der Familienunternehmen in der Schweiz auf 88% bezifferte. Von diesen sind 79% so genannte Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden, also Kleinstbetriebe, die nicht nur dem Wellengang des Marktes, sondern gegebenenfalls auch der Verfassung der Unternehmer-Ehe ausgesetzt sind.
*Klare Verhältnisse schaffen*
Urs Frey, Leiter Bereich Weiterbildung und Praxis(förderung) und Co-Autor der oben genannten Studie, nennt die beiden häufigsten Gründe für das Scheitern eines Unternehmens: «Illiquidität und persönliche Gründe.» Im Fall einer Scheidung sind dies die beiden Seiten ein und derselben Medaille, denn eine Scheidung kostet Geld und meistens viel persönliche Kraft.
Bei seinen Beratungen weist Urs Frey ausdrücklich darauf hin, dass im Betrieb klare Verhältnisse herrschen müssen: «Jemand muss die operative Verantwortung tragen und über den grösseren Anteil der Aktien verfügen.» Teilten sich die Ehepartner das Stimmrecht hälftig und komme es zur Scheidung, könne dies die Firma lahm legen.
Allerdings, schätzt der KMU-Spezialist, werde bei einer Firmengründung mehr auf die marktwirtschaftlichen Risiken geachtet: «Vermutlich rechnet man viel zu wenig mit den persönlichen Risiken.» In seiner Funktion als betriebswirtschaftlicher Berater könne er dieses Thema jedoch nicht gleich zu Beginn ansprechen: «Das braucht Zeit, man muss seine Kunden persönlich besser kennen, um über die Folgen einer möglichen Scheidung zu sprechen.»
Ein Aargauer Ingenieur und seine Ehefrau hatten vergangenes Jahr bei der Firmengründung gemäss der Empfehlung von Urs Frey gehandelt: Er hält einen Anteil von 95%, sie besitzt die restlichen 5%. Vor wenigen Monaten trennte sich das Paar, der Ehemann zog samt Büro und Firmensitz aus dem gemeinsamen Haus aus. Auf die vorgeschlagene Auszahlung der 5% verzichtet die Ehefrau nun freiwillig, was nicht verwundert: Die GmbH hatte einen äusserst schwierigen Start bisher und konnte sich nicht erholen. Der Gesamtwert dürfte um die 20 000 Fr. liegen.
Stattdessen forderte die Ehefrau anfangs eine Unterhaltszahlung von monatlich 8100 Fr. Das sei vollkommen unmöglich, argumentiert der Firmeninhaber, denn das Ingenieurbüro leide unter der schlechten Zahlungsmoral der Kunden und habe grosse Liquiditätsprobleme. Mittlerweile wurde die Forderung von den verhandelnden Scheidungsanwälten auf 6300 Fr. heruntergeschraubt. Doch für den Ingenieur ist klar: Will er seine Firma retten, braucht er mehr Liquidität, und das gemeinsame Haus muss verkauft werden.
*Ehevertrag mit Eigengut*
Für den Zürcher Rechtsanwalt Jean-Luc Rioult von Rioult und Partner ist ein Ehevertrag die beste Vorsorge, um komplizierte Scheidungsverfahren zu vermeiden. «Dabei muss es nicht immer gleich die Gütertrennung sein.» Diese habe meistens eine gewisse Verzerrung zur Folge oder sei dann sinnvoll, wenn die beiden Ehepartner sehr unterschiedliche Vermögensstände in die Ehe einbrächten. «Man kann beim ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung bleiben und ein Unternehmen zum Eigengut des Unternehmers erklären», empfiehlt Scheidungsanwalt Jean-Luc Rioult.
Dies bedeutet, dass das aus der Erwerbstätigkeit entstandene Vermögen im Falle einer Scheidung geteilt wird, nicht aber das Unternehmen selbst. Damit wird die Firma gemäss ZGB-Artikel 199 als Eigenvermögen der Inhaberin
oder des Inhabers definiert. Auf diese Weise leidet bei einer Scheidung nicht die Unternehmenssubstanz.
Was aber auch ein Ehevertrag nicht verhindern kann, ist das Leiden der Unternehmerin oder des Unternehmers selbst und die entsprechenden finanziellen Folgen, wie ein Textilkaufmann bestätigt. Seine AG mit fünf Angestellten wurde klar als sein Eigengut deklariert. Er habe seine Frau bewusst aussen vor gelassen, auch um sie vor Geschäftsrisiken zu schützen. Nach 20 Jahren Ehe sieht die Trennungskonvention vor, dass sie die Wohnung, in der auch die Kinder wohnen, behält und er weiterhin die Firma führt und die Ausbildung der Kinder bezahlt.
Das Unternehmen ist also aus juristischer und betriebswirtschaftlicher Sicht nicht in Gefahr. «Nur meine beeinträchtigte Leistungsfähigkeit, die kostet mich Umsatz», gesteht der 57-jährige Textilkaufmann ein. Und das in einem Moment, in dem der Überlebenskampf im Business brutal sei. Ein anderer, sich trennender Geschäftsmann meint nur, diese «Rachesachen kosteten so viel Energie» ?
Hanspeter Küpfer, der bei der IGMZ-Beratungsstelle in Zürich bereits über 1000 Männer in Scheidung beraten hat, bestätigt diese letztlich nicht bezifferbaren, von persönlichen Faktoren bestimmten Kosten: «Jede Scheidung ist ein Einzelfall, daher gibt es viele Graustufen. Aber wenn die Firma in Gefahr ist, ist es für die Betroffenen sehr schlimm, sie fürchten um ihre Existenzgrundlage.» Dass Firmen bei einer Scheidung liquidiert wurden, hat auch er schon erlebt.
*Vorsorgen in guten Zeiten*
Dabei sieht das neue Scheidungsrecht, das seit 2000 in Kraft ist, eigentlich vor, dass die beiden geschiedenen Ehepartner wieder selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. «Eine klare Regelung lohnt sich auf jeden Fall», erklärt Rechtsanwalt Jean-Luc Rioult. Arbeite die Gattin im Betrieb mit, sei etwa die Lohnregelung wichtig, ansonsten könne die Gattin bei der Scheidung eine Kompensation für den nicht bezahlten Lohn verlangen. «Das ist dann sehr heikel», warnt der Rechtsanwalt.
Kommt es bei einem Familienunternehmen zur Scheidung, lautet die ideale Lösung für Jean-Luc Rioult: «Die Ansprüche des weniger erwerbstätigen Ehepartners (meist immer noch die Frau) sollen angemessen entschädigt und die Substanz des Unternehmens geschont werden.»
Das ist, wie gesagt, die ideale Lösung. Diese regelt man mit Vorteil bereits in guten Zeiten, damit in schlechten Zeiten die Firma zwischen Herz und Verstand nicht auf der Strecke bleibt.
- Home
- Unternehmen
- Vorsorge: Scheiden geht an die Substanz
Unternehmen
Vorsorge: Scheiden geht an die Substanz
Damit bei einer Ehescheidung nicht auch noch gleich die ganze Firma liquidiert werden muss, gilt es, beizeiten eine Reihe von Vorkehrungen zu treffen.
Lesezeit: 4 Minuten
Von Mari Serrano
am 12.01.2005 - 17:27 Uhr
Partner-Inhalte
Partner-Inhalte