Meyer Burger hat die Pleite dieses Jahr, Georg Fischer hat sie vergangenes Jahr erlebt: Die Aktionäre haben den Vergütungsbericht bei der Generalversammlung abgeschmettert. Bei Meyer Burger waren die Gegenstimmen zwar hauchdünn in der Mehrheit und die Abstimmung ist konsultativ. Dennoch geht eine wichtige Signalwirkung von dem Votum aus.  

«Im Unterschied zu den Beträgen der Löhne und Boni sind die Abstimmungen über die Vergütungsberichte nicht bindend», erklärt Barbara Heller. Sie ist die Geschäftsführerin der auf Governance spezialisierten Beratungsgesellschaft Swipra. «Doch die Signalwirkung ist gross: Die Investoren üben so Kritik am Vergütungssystem oder auch an der Qualität der Offenlegung eines Unternehmens.»

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Swipra untersucht das Abstimmungsverhalten nach Firmen

Swipra nimmt das Abstimmungsverhalten der Schweizer über die Management-Vergütungen an den jährlichen Generalversammlungen unter die Lupe. Dass Vergütungsberichte abgelehnt werden, kommt in der Schweiz zwar nur selten vor. Doch stellt Swipra ein zunehmend kritisches Abstimmungsverhalten fest.

«Unsere Umfragen zeigen, dass Investoren heute viel bereiter sind als früher, auch bindende Vergütungsabstimmungen abzulehnen oder Kandidaten nicht in den Vergütungsausschuss zu wählen», sagt Barbara Heller. Dafür gibt es einzelne Beispiele: So lehnten die Aktionäre im vergangenen Jahr den Vergütungsbericht des Schaffhauser Industriekonzerns Georg Fischer ab. Wie bei Meyer Burger war die Abstimmung zwar auch nicht bindend, aber die Konzernleitung überarbeitete daraufhin die Vergütungskriterien.

Zunehmende Kritik von Seiten der Aktionäre

Das zunehmend kritische Abstimmungsverhalten der Aktionäre ist vor allem auf die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften zurückzuführen, die 2013 infolge der Abzocker-Initiative von Thomas Minder verabschiedet wurde und die seit 2014 in Kraft ist. So stimmten 2017 durchschnittlich knapp 15 Prozent der Aktionäre gegen den Vergütungsbericht eines Unternehmens.

Bei Nicht-SMI-Unternehmen sind die kritischen Aktionärsstimmen teilweise besonders ausgeprägt, wie Swipra feststellte. Ausserdem werden die Vergütungsberichte in der Schweiz viel härter beurteilt als im Ausland. Die Aktionärsvoten mit den grössten Vorbehalten gab es gemäss Swipra in diesem Jahr bisher bei GAM, Georg Fischer und ABB. Bis Ende April hatte Swipra die Generalversammlungen von 62 der 100 SPI-Unternehmen ausgewertet.

So auch im Fall Meyer Burger: Dort lehnten 49,69 Prozent der Aktionäre den Vergütungsbericht ab, 49,08 Prozent stimmten zu, wie der «Tagesanzeiger» berichtete. Die absolute Mehrheit war verfehlt. Die Aktionäre wandten sich damit gegen Lohnerhöhungen für die Top-Manager des Solarausrüsters, der seit 2012 tiefrote Zahlen schreibt. Meyer Burger hatte erst im März einen verhaltenen Ausblick für dieses Jahr veröffentlicht. Die Aktien haben 2017 nach einer erfolgreichen Kapitalerhöhung zwar eine Rallye hingelegt, seit Anfang Jahr aber ein Viertel ihres Wertes verloren und liegen aktuell bei einem Kurs von knapp 1,24 Franken.

Risiko für Meyer Burger

Meyer Burger steht nun vor einer Herausforderung: Wenn das Unternehmen nach dem Nein bei der konsultativen Abstimmung nicht nachbessert, riskiert es, dass die Aktionäre beim nächsten Mal die Löhne oder Boni ablehnen – und das ist dann verbindlich. Eben das musste im vergangenen Jahr der Fondsanbieter GAM erfahren: Als erstes und bisher einziges Unternehmen in der Schweiz lehnten die Aktionäre 2017 die variablen Management-Vergütungen ab.

Im internationalen Vergleich ist das einmalig: Die Schweiz bietet mit dem Gesetz beste Voraussetzungen für Aktionäre, die ihrem Unmut gegenüber massloser Managervergütung Luft machen wollen. Obwohl es keine verbindlichen Abstimmungen gibt, müssen sich Unternehmen in anderen europäischen Ländern dennoch auf wachsenden Widerstand einstellen, wenn das Unternehmensergebnis und die Aktienkursentwicklung nicht mit den Managerlöhnen und Boni im Einklang sind.