Sie ist leicht und luftig, verspielt und doch seriös, gibt sich zuweilen zugeknöpft und ist doch sehr feminin: die Kollektion von Akris. Das St. Galler Edelmodehaus hat in den letzten Jahren ein atemberaubendes Tempo vorgelegt. 1999 wurde Akris in die Gilde der französischen Haute Couture aufgenommen. Die Etablierung auf dem internationalen Modeparkett war damit vorgespurt. Schon der Name Akris ist Programm. Er markiert die vornehme Zurückhaltung und das subtile Understatement, welche die Kollektionen prägen. Albert Kriemler heisst der kreative Kopf von Akris, er ist Designer und Spross der Besitzerfamilie aus der Ostschweizer Metropole. Über ihn sagt Robert Burke, Fashion Director bei Bergdorf Goodman: «Sie glauben nicht, wie gut sich Albert Kriemlers Mode in New York verkauft.»

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Mit seinen edlen Stoffen und Lederkreationen kleidet Kriemler Hollywood-grössen wie Susan Sarandon, Brooke Shields und Nicole Kidman ein. «Es ist sicher die klare, einfache, aber immer feminine Linie unserer Kollektionen, die uns grundsätzlich von anderen Designern abhebt», sagt Albert Kriemler. Akris findet sich in New York in den besten Häusern, ihre Boutique liegt an der Madison Avenue. Und in Zürich selbstverständlich bei Grieder an der Bahnhofstrasse. US-Aussenministerin Condoleezza Rice herself machte den europäischen Regierungschefs vor Jahresfrist im Akris-Kostüm ihre Aufwartung. Swiss made sind alle Produktionen aus Kriemlers Kreativwerkstatt; sie werden in firmeneigenen Ateliers in St. Gallen und Zürich gefertigt.

Edles aus Schweizer Manufakturen, Luxusproduktion hat hierzulande Tradition. Reichtum verpflichtet. Und wer sonst, wenn nicht dieses Land, wo die 300 Reichsten allein 400 Milliarden Franken besitzen, wäre denn zur Luxusgüterproduktion prädestiniert? In der Tat: Auf engstem Raum, eingeklemmt zwischen Jura und Alpen, Genfer- und Bodensee, finden sich Firmen, deren Namen rund um den Globus Begehrlichkeiten wecken. Rolex etwa. Die Genfer Uhrenfirma, mit rund drei Milliarden Umsatz die grösste Manufaktur für mechanische Luxusuhren, ist an der Börse nicht einmal kotiert.

Auch Patek Philippe gehört in diese Kategorie der ganz Verschwiegenen in der Luxusbranche. Die Genfer Werkstatt fertigt nur Zeitmesser der feinsten Art. Von ihr wie von vielen anderen vornehmen Häusern weiss man oft nur, dass es sie gibt. Meist sind es kleine Firmen mit familiären Strukturen, die sich ungern in die Bücher schauen lassen. Die Schweizer Luxusbranche ist indessen vielfältiger, als gemeinhin angenommen wird. Von Audiosystemen der Nobelmarke Revox bis zu Polstermöbeln von de Sede – das Zweiersofa DS 76 zu 14 000 Franken – ist alles zu haben, sofern die nötige Kaufkraft vorhanden ist. Eine Da Vinci mit ewigem Kalender und Mondphase der Schaffhauser Manufaktur IWC kostet in Stahl 16 000 Franken. Für die Goldversion dagegen legt der Käufer 20 000 Franken auf den Tresen des Uhrenhändlers – zusätzlich zum Preis in Stahl.

Caran d’Ache hat ein erfolgreiches Upgrading durchgezogen und sich vom Schulbleistifthersteller zum Luxusfüllerproduzenten gemausert. Ihre Kollektionen wie die Ivanhoe Gold stehen denen von Montblanc aus dem Hause Richemont in nichts nach. Wenig bekannt ist hingegen Sinar aus Feuerthalen im Kanton Zürich. Und dennoch räumt der Kamerahersteller bei den Fachzeitschriften einen Preis nach dem anderen ab. So erhielt die Sinar den Editors’ Choice Award von American Photo für den hohen technischen Standard der Kamera, die Vielfalt des Systems und das ergonomische Design.

Doch in der Schweiz sind nicht nur die Kleinen und Feinen der Branche beheimatet. Die Häuser Richemont und Swatch Group mischen im internationalen Konzert der Luxusgüterkonzerne ganz vorne mit. Gemessen an der Börsenkapitalisierung, ist Richemont die Nummer zwei nach LVMH, während Swatch den vierten Rang belegt hinter der französischen Pinault-Printemps-Redoute, die jedoch den grössten Teil ihres Umsatzes nicht mit Luxus macht. Beide Schweizer generieren rund vier Milliarden Umsatz, Richemont rechnet in Euros und Swatch in Franken.

Nicht immer geht es harmonisch zu und her im Geschäft mit dem Luxus. Immer wieder mal wird die Branche von einem struben Klima durchgeschüttelt. Die Jahre 2001 bis 2003 waren besonders hart. Die Konjunktur kühlte und die Börse stürzte ab, die Arbeitslosigkeit stieg, die Einkommen stagnierten, und die Konsumentenstimmung fiel in den Keller. Resultat: Der Verkauf von Luxusgütern ging zurück und damit auch der Umsatz der Konzerne.

Richemont verlor im Geschäftsjahr 2003/04 gegenüber dem Vorjahr fast 300 Millionen Euro Umsatz, Swatch verlor 2003 rund 100 Millionen Franken.

Die Luxusindustrie weist einige Abhängigkeiten auf, die der Branche trotz dem langfristigen Wachstumstrend einen kurzfristigen Schluckauf bescheren könnten. «Sinken die Börsenkurse, dann leidet die Branche», sagt ZKB-Analyst Patrik Schwendimann. Dasselbe gilt für den Häusermarkt – zumindest in den USA, England und Australien. Mit dem Auf und Ab der Immobilienpreise jubeln die Uhrenhändler und Juweliere, oder sie verzweifeln. Sinken die Hauspreise mit steigenden Zinsen, dann haben die angelsächsischen Konsumenten weniger Geld fürs Shopping. Die Umsätze in den Boutiquen brechen ein.

Geopolitische Unwägbarkeiten sind ein weiteres Element, das die Industrie zu beeinträchtigen vermag. Anschläge wie diejenigen in New York oder London, kriegerische Auseinandersetzungen wie im Irak, die Turbulenzen im Nahen Osten und in Iran sind Gift für die Luxusbranche. Und jetzt zittert sie vor der Vogelgrippe und hofft, dass wenigstens dieser Kelch an ihr vorübergehe. Zu gut noch ist die Lungenkrankheit Sars in Erinnerung, welche die Touristenströme aus Asien einbrechen liess. Mit nicht sehr positiven Effekten fürs Luxusgeschäft – zumindest kurzfristig.

«Auf lange Sicht dagegen ist die Luxusgüterindustrie ein interessanter Sektor», sagt ZKB-Analyst Schwendimann, «das Wachstumspotenzial ist überdurchschnittlich.» Die Gründe liegen auf der Hand: Es gibt immer mehr Reiche, und diese Reichen werden immer reicher. Gemäss BILANZ-Analyse der 300 Reichsten hat deren Vermögen im Jahr 2005 um 8,4 Prozent zugelegt. Weltweit steigt die Zahl der Millionäre jährlich um durchschnittlich sieben Prozent. Gemäss dem World Wealth Report 2005 von Merrill Lynch ist die Zahl der Reichen 2004 um 7,3 Prozent auf über 8 Millionen gestiegen. Ihr Vermögen hat um 8,2 Prozent auf 30 000 Milliarden Dollar zugenommen. «Dies verdanken wir der Konjunktur und der Marktkapitalisierung, den beiden Haupttreibern beim Wachstum des Wohlstands», sagte James P. Gorman, Vizepräsident bei Merrill Lynch.

Den grössten Wohlstandszuwachs verzeichnet derzeit der Nahe Osten mit
einem Plus von fast 30 Prozent vor Nordamerika mit rund 10 und Asien/Pazifik mit 8,5 Prozent. Abgeschlagen auf dem letzten Platz liegt Europa. Hier nimmt die Zahl der Reichen nur um knapp vier Prozent zu. Asien wächst, vom Chinaboom getrieben, ohnehin schnell, der Nahe Osten profitiert vom Ölboom, und in Nordamerika herrscht bei den Luxusgütern Nachholbedarf. Swatch macht in den USA gerade mal 11, Bulgari 15 und Richemont 19 Prozent ihres Umsatzes.

Die weltweite Nachfrage nach edler Ware dürfte gemäss Experten künftig um rund fünf bis sieben Prozent pro Jahr wachsen. Am schnellsten legt der Markt von einem tiefen Niveau aus in China, Russland und Indien zu. China beispielsweise war 2001 noch nicht auf der Liste der 30 wichtigsten Exportländer für Schweizer Uhren. Mittlerweile ist das Reich der Mitte die Nummer elf. In Hongkong wächst die Luxusgüterindustrie seit 1990 jährlich um zehn Prozent. Indien hat eine schnell wachsende Schicht von Reichen und eine Milliarde Einwohner. Und der Uhrenabsatz in Russland ist 2004 um 17 Prozent gewachsen.

«Die Touristen gehören zu den wichtigsten Wachstumstreibern», schrieb die Bank Sarasin jüngst in einer Studie. Bis 2014 werde für den Tourismus weltweit «ein reales Wachstum von vier Prozent prognostiziert». Bis 2020 werden jährlich 120 Millionen Chinesen im Ausland Ferien machen, sagt die Weltorganisation für Tourismus voraus. Die Chinesen gelten neben den Japanern als besonders ausgabenfreudig.

Das globale Marktvolumen der Luxusgüterindustrie ist umstritten. Genaue Zahlen existieren nicht. Die Schätzungen variieren zwischen 100 und 166 Milliarden Dollar. Andere Annahmen gehen bis zu 500 Milliarden Dollar, sofern man die New Luxury Goods, die so genannten Modelabels wie Fossil oder Seiko, zum Luxus zählt. Bis 2010 soll der Bereich eine Billion Dollar umsetzen. «Fashion», sagt Karl J. Deutsch, Vice President bei A.T. Kearney, «ist bezahlbarer Luxus, wie ihn Casio oder Citizen Watch anbieten.»

Goldene Zeiten für die Luxusgüterbranche. Die Wirtschaftsprognosen für die nächste Zukunft sind optimistisch, die Gewinne sprudeln, die Zahl der Arbeitslosen nimmt ab und die Konsumentenstimmung zu. Umso wichtiger ist eine hervorragende Positionierung im internationalen Marktumfeld. «Die beiden Schweizer Luxuskonzerne Richemont und Swatch sind noch nicht optimal positioniert», sagt Deutsch von A.T. Kearney. Die internationale Beratungsfirma hat den Luxusgütermarkt der letzten fünf Jahre analysiert. Sie untersuchte die Branche auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung hin, wobei sie sich auf die Peers der beiden Firmen beschränkte, also auf Unternehmen mit Schwerpunkt Uhren, Schmuck und Accessoires.

Resultat der Untersuchung: Die Ausländer stehen auf dem Siegespodest – nicht die Schweizer. Im Zeitraum von 1999 bis 2004 legten Richemont und Swatch eine unterdurchschnittliche Performance an den Tag. Swatch hat gar Umsatz verloren und Richemont praktisch nichts dazugewonnen (je 0,2 Prozent). Beim Ebit haben beide markant abgespeckt, Richemont acht und Swatch ein Prozent. Doch die Talsohle ist durchschritten. Bei der Ebit-Marge 2004 liegen sie gut im Rennen. Mit 27 Prozent ist Hermès zwar die Nummer eins, und LVMH liegt mit 19 Prozent auf dem zweiten Platz. Doch Swatch mit 16 (gleichauf mit Bulgari) und Richemont mit 14 Prozent haben wieder zur Spitzengruppe aufgeschlossen.

Blendet man die Billigmarken wie Fossil, Casio und Movado aus der Betrachtung aus, so ist Bulgari (Schmuck, Uhren, Parfums, Accessoires und Hotels) eine Ausnahmeerscheinung. Im Zeitraum von fünf Jahren ist die italienische Edelmarke bei Umsatz und Gewinn zweistellig gewachsen. Bulgari setzt mit Schmuck 41 und mit Uhren 31 Prozent um. Sie glänzt mit grosser Innovationskraft und starkem Fokus auf dem Schmuck mit seinen hohen Margen. Nur die breit diversifizierte Hermès (Taschen, Lederwaren, Accessoires) konnte mit Bulgari mithalten: Sie sind die beiden einzigen Value Grower (überdurchschnittliches Umsatz- und Gewinnwachstum). «Die französische Firma verfolgt eine klassische Wachstumsstrategie mit eigenen Boutiquen und geografischer Expansion nach Asien, Osteuropa und in die USA», sagt Deutsch.

Der grösste Luxusgüterkonzern, Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH), gehört zu den Profitstrebern. Er ist breit diversifiziert in Schmuck, Uhren, Lederwaren, Champagner und Spirituosen. Die Firma ist vorab durch Akquisitionen gewachsen und durchläuft derzeit einen Konsolidierungsprozess. «Der Hauptfokus von LVMH», sagt Deutsch, «liegt darin, ihr Retailnetz zu optimieren und den Profit zu maximieren.» Die US-Schmuckmarke Tiffany dagegen ist ein Umsatzbolzer. Die Verkäufe legten in den letzten fünf Jahren um über sieben Prozent zu, dafür war die Profitabilität unterdurchschnittlich. Was erstaunt, denn der Schmuckmarkt, der 80 Prozent zum Umsatz beiträgt, glänzt mit hohen Margen, und Preiserhöhungen sind in diesem Segment leicht durchzusetzen. Die Firma ist in den Wachstumsmärkten Osteuropas und Asiens nur schwach vertreten.

Richemont und Swatch gehören über die letzten fünf Jahre zwar zu den Verlierern, sind aber für die Zukunft bestens positioniert. Richemont hatte Probleme mit der Hauptmarke Cartier, der über längere Zeit die Innovationskraft fehlte. Dieser Mangel ist ausgebügelt: Cartier hat eine ganze Reihe neuer Schmuck- und Uhren-kollektionen auf den Markt gebracht, die den Umsatz markant ankurbelten. Aber auch der Uhrenbereich mit den Marken IWC, Lange & Söhne, Vacheron Constantin und Jaeger-LeCoultre wirft schöne Erträge ab.

Swatch wiederum hatte ernsthafte Probleme mit den Billiguhren, die jetzt, nach der Restrukturierung, einen bescheidenen Gewinn abwerfen. «Die Swatch-Uhrenlinie ist ein Auslaufmodell», sagt Karl Deutsch von A.T. Kearney. Die Gruppe setzt noch 13 Millionen Stück ab, in den neunziger Jahren waren es 20 Millionen. Billigstangebote aus Japan und China gruben Nicolas Hayeks ehemals liebstem Kind das Wasser ab. Aber auch der Technologiesektor (Mikrochips, Quarze) war jüngst nicht in Höchstform und litt unter der Flaute im IT-Bereich, die jetzt überstanden ist.

Hayek hat inzwischen eine neue Liebe entdeckt: die Prestigemarke Breguet, die er persönlich führt. Der Doyen der Schweizer Uhrenindustrie hatte schon immer einen guten Riecher für den neusten Trend. Und der geht zu immer teureren mechanischen Uhren. Lag der mittlere Preis für eine exportierte Uhr 1999 noch bei rund 1500 Franken, so steht er inzwischen bei über 2000 Franken – ein Plus von 33 Prozent.

Von dieser Entwicklung dürfte Swatch langfristig profitieren. Die Gruppe setzt mit den Luxusuhren wie Breguet, Blancpain, Glashütte oder Omega und den Uhren der oberen Preisklasse (Rado und Longines) rund zwei Milliarden Franken um. Omega, das Flaggschiff des Konzerns mit einer Milliarde Umsatz, dürfte eine Ebit-Marge aufweisen, die gegen 30 Prozent geht. Die Bank Sarasin schreibt: «Mit gezielten Massnahmen beim Marketing und anspruchsvollerer Technik wurde die Marke in einem höheren Preissegment positioniert.»

Anspruchsvollere Technik wird zum Muss auch in der Luxusbranche. Eine schöne Uhr zu machen und am Design herumzutüfteln, das genügt nicht mehr. Echte Innovationen sind gefragt. Die Siliziumtechnologie ist derzeit daran, den Durchbruch zu schaffen. Das Metall ist nicht magnetisch, viel leichter und geschmeidiger als Stahl. Es macht die mechanischen Uhren genauer und wartungsfreundlicher. Mit der bevorstehenden Produktion des Antriebs aus Silizium (Unruh und Hemmung) hat Swatch mit Rolex und Patek Philippe vor Richemont einen klaren technologischen Vorsprung.

BILANZ-Serie Wachstum

Seit den neunziger Jahren leidet die Schweiz an einer chronischen Wachstumsschwäche, eine Besserung ist nicht in Sicht. Liegt es an den sich verschlechternden staatlichen Rahmenbedingungen, oder ist die Schweizer Wirtschaft im internationalen Vergleich zu wenig agil? In Zusammenarbeit mit der internationalen Beratungsfirma A.T. Kearney hat BILANZ eine Diagnose der Schweizer Schlüsselbranchen vorgenommen.

Luxusgütermarkt: Bulgari ist einsame Spitze: Grafik als PDF herunterladen (PDF 276 kb)

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