Mit Spannung blickt die Finanzgemeinde heute auf die Credit Suisse. Vom zweitgrössten Schweizer Bankhaus wird eine milliardenschwere Kapitalerhöhung und ein Sparprogramm erwartet.

«Mein Ziel ist es, die Credit Suisse zu einer der besten Banken zu machen», sagte der neue CS-Chef Tidjane Thiam, der am 1. Juli den Amerikaner Brady Dougan an der Spitze der Grossbank ablöste, bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal. Die neue Geschäftsstrategie solle die Grossbank krisensicherer, ertragsstabiler und weniger kapitalintensiv machen.

Enges Kapitalkleid

Denn derzeit steckt die Credit Suisse in einem engen Kapitalkleid. Die risikogewichtete Eigenkapitalquote von 10,3 Prozent gemessen am harten Eigenkapital (Aktienkapital und zurückbehaltene Gewinne) liegt im Vergleich mit der internationalen Grossbankenkonkurrenz am unteren Rand.

Nicht anders sieht es mit der ungewichteten CS-Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) von 2,7 Prozent aus. Die Leverage Ratio beschreibt das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Bilanzsumme und nimmt anders als die übrigen Eigenkapitalregeln keinen Bezug auf die Risiken, die mit den jeweiligen Geschäften verbunden sind.

Kapitalpuffer für verschärfte Anforderungen

Über eine milliardenschwere Kapitalerhöhung hatte zuerst die «Financial Times» (FT) berichtet und damit die CS-Aktie auf Talfahrt geschickt. Mit den zusätzlichen Mitteln wolle die Grossbank Verluste abfedern, die durch den geplanten Umbau des Konzerns entstehen dürften, schrieb die britische Zeitung.

Zudem werde die Bank höhere Kapitalpuffer brauchen, um den verschärften Anforderungen bei den Kapitalregeln gerecht zu werden. Der Bundesrat will bis Ende Jahr einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.

Spekulationen über 5 bis 8 Milliarden Kapitalerhöhung

Auch Finma-Chef Mark Branson hatte sich unlängst für schärfere Eigenkapitalvorschriften für die Grossbanken ausgesprochen. Mit den schärferen Regeln wollen die Aufseher verhindern, dass wie bei der UBS im Jahr 2008 der Staat eine Bank retten muss.

Die Zürcher Kantonalbank geht unter der Annahme einer gesetzlich vorgeschriebenen Leverage Ratio von 5 Prozent davon aus, dass der CS Kapital in der Höhe von 8,8 Milliarden Franken fehlen würde. Die Frage scheint deshalb nicht, ob die CS eine Kapitalerhöhung durchführen wird, sondern wie viel Geld sie aufnehmen wird. Analysten gehen von 5 Milliarden bis 8 Milliarden Franken aus.

Kosten streichen

Um die Aktionäre bei Laune zu halten, dürfte die Credit Suisse auf der anderen Seite die Kosten zusammenstreichen. Gerüchte über ein Sparpaket in der Höhe von 1 bis 2 Milliarden Franken geisterten durch die Medien und sorgen bei den CS-Mitarbeitern auch in der Schweiz für Verunsicherung.

Von den Streichungen dürften zentrale Funktionen der CS in der Schweiz betroffen sein. Hierzulande beschäftigt die Bank gut 17'000 Angestellte.

Die Investmentbank im Visier

Den Gürtel enger schnallen dürfte auch die Investmentbank, deren Resultate immer wieder stark schwanken. Die CS hat die Investmentbank nach der Finanzkrise viel weniger zurückgestutzt als beispielsweise die UBS. Der Bereich benötigt noch immer deutlich mehr Eigenkapital als die Vermögensverwaltung, wirft aber wegen der neuen regulatorischen Vorschriften weniger Rendite ab.

Im Visier dürften die Teileinheiten Global Macro (Zinsen, Währungen, Rohwaren) und Prime Brokerage (Dienstleistungen für Hedge Funds und institutionelle Anleger) sein. Zu tief dürfen die Einschnitte der CS im Investment Banking allerdings auch nicht sein. Sonst würden auch Geschäftsfelder weggespart, die attraktive Eigenkapitalrenditen abwerfen.

Verlust bis Milliarden-Gewinn erwartet

Die CS will sich zudem offenbar aus dem Private Banking in den USA verabschieden, wo das Institut 100 Milliarden Franken von vermögenden Kunden verwaltet. Andererseits sind seit der Ernennung Thiams in der Vermögensverwaltung grössere Investitionen sowie Zukäufe in Asien vorstellbar.

Für die gesamte Geschäftstätigkeit lautet die Vorgabe des neuen Chefs «qualitatives Wachstum». Die Credit Suisse solle zwar wachsen, aber nicht zu jedem Preis. «Wir wollen die Besten bei der Leistung sein, nicht bei der Grösse», sagte Thiam.

Darüber, wie die CS im dritten Quartal abgeschnitten hat, gehen die Erwartungen gewaltig auseinander. Während der optimistischste Analyst mit einem Gewinn von 1,12 Milliarden Franken rechnet, geht der pessimistischste Analyst von einem Verlust von 76 Millionen Franken aus. Im Durchschnitt erwarten Analysten gemäss der Nachrichtenagentur AWP einen Konzerngewinn von 469 Millionen Franken.

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