Gerne klagen die Konzernchefs über unbarmherzige Regulierer und das böse Swiss Finish, das ihnen besonders harte Vorschriften aufbrummt. Doch in einem Punkt sind die heimischen Aufseher im Vergleich zum Ausland eher lax: Dem direkten Wechsel eines CEO an die Spitze des Verwaltungsrats.

Der «Swiss Code of Best Practice», das vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse erstellte Regelwerk, enthält auch in seiner letzten Fassung aus dem Jahr 2016 zu diesem Punkt keine Vorschriften. Beim Paradekonzern Nestlé etwa wechselte 2017 der langjährige CEO Paul Bulcke unbedrängt auf den Präsidentensessel.

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In Grossbritannien, das in den neunziger Jahren die ersten Corporate-Governance-Regelwerke erliess und heute noch als Pionier in Fragen zur Unternehmensführung gilt, sind derartige Wechsel ausgeschlossen. Der deutsche Gesetzgeber legt eine zweijährige Abkühlphase fest. Und selbst in den USA, traditionell in Machtfragen eher pragmatisch, steht der direkte Wechsel auf den Präsidentensessel immer stärker unter Beschuss von Grossaktionären.

Auch die Finma als Aufsichtsbehörde der Banken und Versicherer fordert keine spezifischen Coolingoff-Perioden für den Wechsel von der Geschäftsleitung in den Verwaltungsrat. Sie teilt nur mit, dass sie den Übertritt «besonders gründlich» prüfe.

Orientierung an internationalen Best-Practice-Regeln

Was machen also die Musterschüler? Sie orientieren sich lieber an den internationalen Best-Practice-Regeln als an den schwachen heimischen Vorgaben. Bei der Mobiliar etwa legt Markus Hongler im Frühjahr 2021 seinen CEO-Job nieder, übernimmt aber erst ein Jahr später das Präsidium von Urs Berger.

Die Berner Valiant Bank hatte bereits vorgespurt. Markus Gygax übergab den Chefposten im Mai an Ewald Burgener, das Präsidium von Jürg Bucher übernimmt er aber erst im Mai 2020. Allerdings handelt es sich in beiden Fällen nicht um ein vollständiges Coolingoff: Gygax ist seit der Niederlegung des CEO-Postens bereits VR-Mitglied, die Zuwahl Honglers ist ebenfalls nach der Abgabe des CEO-Jobs geplant. Derartige Besetzungen wären in Deutschland oder Grossbritannien nicht möglich.

Dem deutschen Modell fühlt sich auch UBS-Präsident Axel Weber verpflichtet. Eine etwaige Übernahme des Präsidiums durch CEO Sergio Ermotti ohne Cooling-off-Phase ist für ihn ausgeschlossen – da sieht sich der Ex-Bundesbank-Chef in einer Vorbildrolle. Offen wäre nur, ob es wirklich die Zwei-Jahres-Periode braucht.

Und auch aus dem CS-Verwaltungsrat ist zu hören, dass ein Wechsel von CEO Tidjane Thiam auf den Präsidentensessel, im Sommer noch Gegenstand hitziger Spekulationen, ohne ein Cooling-off undenkbar wäre. Doch wegen der Bespitzelungsaffäre ist das derzeit ohnehin kein Thema.