Günstige Wechselkurse im Ausland, keine Jahresgebühren. Für Konsumenten wurden Kreditkarten in den letzten Jahren deutlich attraktiver. Warum die Rechnung für die Banken trotzdem aufgeht, zeigt eine Recherche der «Handelszeitung». Demnach gelten die meisten Gratiskarten auf dem Papier als «Premium»-Produkte, die für den Handel höhere Gebühren auslösen können. Beispiele dafür sind die Karten von Revolut, die «Cumulus Mastercard» von Cembra oder Swisscards «cashback»-Karten.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Durch das Ausstellen von Premiumkarten können Issuer im Vergleich zu normalen Verbraucherkarten höhere Interchange Fees generieren», sagt Marc Schluep, Schweiz-Chef des Zahlungsabwicklers Worldline. Diese «Interchanges» müssen von den Abwicklern an die Kartenherausgeber bezahlt werden – prozentual zum Umsatz. Letztlich finanziert werden sie aber vom Handel über die von den Abwicklern in Rechnung gestellten Kommissionen (siehe Infobox unten).

Gebühren-Obergrenze gilt nur innerhalb der Schweiz

Zwar sind die Interchange-Gebühren innerhalb der Schweiz seit einer Intervention der Wettbewerbskommission auf 0,44 Prozent begrenzt. Bei grenzüberschreitenden Einkäufen online oder im Ausland gelten diese Obergrenzen jedoch nicht. Die Kickbacks an die Kartenherausgeber können dann schnell mal bis zu zwei Prozent des Umsatzes betragen. Und für Premium-Produkte gelten höhere Gebühren.

Besonders stark dürfte das Startup Revolut von diesem Effekt profitieren, gelten doch die viele seiner in der Schweiz eingesetzten Karten als ausländisch. Einkäufe in der Schweiz gelten demnach als grenzüberschreitend.  Zwar sagt Revolut auf Anfrage, seine Karten würden in der Schweiz ausgegeben. Konkrete Beispiele sprechen aber dafür, dass das für die meisten Karten – noch – nicht gilt. Von der HZ gecheckte Karten stammten mehrheitlich aus Grossbritannien oder Litauen (zu den widersprüchlichen Zahlen siehe Ergänzung am Ende des Textes. Nach Erscheinen dieses Beitrags nannte Revolut auf Anfrage die Zahl von 88 Prozent als schweizerisch ausgegebener Karten).

Die Weko untersucht das grenzüberschreitende Geschäft

Händler in der Schweiz beklagen sich zunehmend über diese Kickbackzahlungen, auf die sie keinen Einfluss haben. Denn wer Kreditkarten akzeptieren will, darf keine einzelnen Karten ablehnen. Der Interessenverband VEZ schätzt, dass der Handel wegen überhöhter Interchange-Gebühren pro Jahr rund hundert Millionen Franken zu viel bezahlt. Festgelegt werden die Ansätze von den Kartenorganisationen Visa und Mastercard. Und die sind in den letzten Jahren mit zahlreichen Gebührenerhöhungen aufgefallen.

Die Weko untersucht denn auch aktuell, ob bei den grenzüberschreitenden Gebühren ein Missbrauch marktmächtiger Stellung vorliegt. Weko-Mitarbieter Simon Bangerter bestätigt, dass eine Voruntersuchung dazu am Laufen sei. Aufgrund des Verfahrensstatus könne man sich jedoch nicht dazu äussern. Die Weko hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach festgehalten, dass Kreditkartenunternehmen marktmächtige Stellung haben.

Grafik Interchange-Gebühr im Vierparteiensystem der Kreditkarten
Quelle: HZ

Wenn ein Konsument mit seiner Kreditkarte bezahlt, erhält der Händler nie den vollen Betrag ausbezahlt. Auf dem weg bis zu ihm, werden verschiedene Gebühren abgezogen. Einerseits sind das die Kosten der Transaktion, die ihm sein Abwickler ("Acquirer") in Rechnung stellt. Andererseits werden Gebühren für die Kartenorganisationen wie Mastercard oder Visa fällig. Doch auch der Kartenherausgeber ("Issuer") schneidet sich etwas ab: Die Interchange Fee. Formal bezahlt wird sie vom Acquirer. Doch dieser belastet sie - direkt oder pauschal - dem Händler weiter. Je höher die Interchange Fee ist, desto weniger Geld kommt beim Händler an. 

Statement von Revout: Seit 2017 alle Karten aus der Schweiz

Nach der Publikation dieses Textes nahm Revolut gegenüber der Handelszeitung ausführlich Stellung zum Kartengeschäft in der Schweiz.

Seit August 2017 stelle man alle Karte mit Ausgabeland Schweiz aus, teilt das Unternehmen mit. Insgesamt besässen derzeit 88 Prozent der Schweizer Kunden eine Karte mit Ursprungsland Schweiz. Der Rest seien grenzüberschreitend ausgegebene Karten, meist mit Herkunftsland Grossbritannien.

Zu Verwirrung kommt es wegen des von Revolut verwendeten Systems zur Codierung der Karten. Revolut teile der Kartenummern nicht – wie bei den meisten Kartenherausgebern üblich – aufgrund der ersten sechs Ziffern der Kartennummer einem Land zu, sondern verwende dazu die Ziffern 7 und 8 der Kartennummer. In vielen öffentlich zugänglichen Datenbanken seien die Karten daher nicht korrekt der Schweiz zugeordnet. Das könne dazu führen, dass die Karten fälschlicherweise als ausländische Karten erkannt würden.

Mit Blick auf die Thematik der Interchange Fee betont Revolut, dass die in der Schweiz ausgegebenen Karten beim Einsatz in der Schweiz von Visa und Mastercard immer zur lokalen Interchange Fee abgerechnet würden, auch wenn abrechnende Banken diese fälschlicherweise als ausländische Karten erfassten. Lediglich bei vor 2017 ausgegebenen Karten mit ausländischem Ausgabeland komme die höhere, internationale Interchange zur Anwendung.

Revolut hält fest, dass das Unternehmen keine «Kreditkarten» im engen Sinn ausgebe, sondern lediglich Prepaid-Karten und, seit 2019, Debitkarten. Letztere verursachen in der Regel eine etwas tiefere Interchange Fee als Kreditkarten oder Prepaid-Kreditkarten. (hec)