Strukturierte Produkte sind heute fester Bestandteil einer erfolgreichen Vermögensverwaltung. Mit der grossen Anzahl von Innovationen und einer zunehmenden Komplexität fühlen sich aber viele Anleger überfordert. Vielfach fehlt das Wissen über Chancen und Risiken von strukturierten Produkten. Mangelnde Transparenz wird beklagt. Dabei können Anleger die gröbsten Fehler vermeiden, wenn sie beim Kauf von innovativen Finanzprodukten sechs Punkte beachten:

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- Passt das Produkt zu den Markterwartungen?

- Wird offen und klar über das Produkt und die eingegangenen Risiken informiert?

- Sind die involvierten Parteien zuverlässig und kreditwürdig?

- Entspricht der Preis des Produkts dem fairen Wert?

- Kann es während der Laufzeit einfach gehandelt werden?

- Welche steuerlichen Aspekte gilt es zu beachten?

Drei Basisprodukte

Strukturierte Produkte sind Kombinationen von Derivaten und herkömmlichen Finanzanlagen wie Aktien und Obligationen («Basiswerte»). Die einzelnen Elemente werden zu einem Finanzinstrument kombiniert und als Wertpapier verbrieft. Die «Strukturierung» erlaubt eine Abstimmung des Rendite-Risiko-Profils auf spezifische Bedürfnisse und Erwartungen von Anlegern. Durch die Kombination der Bausteine können Risiken vermindert, eliminiert oder verstärkt werden. Um einen Überblick im Dschungel der strukturierten Produkte zu erhalten, können sie auf Grund ihrer Eigenschaften in drei Kategorien eingeteilt werden: Kapitalschutz-Produkte bieten eine Versicherung gegen Kursverluste. Sie garantieren dem Anleger die Rückzahlung eines im Voraus festgelegten Prozentsatzes des Nominalbetrages. Damit ist das Verlustrisiko beschränkt. Gleichzeitig kann der Anleger an positiven Entwicklungen des Basiswertes teilhaben.

Produkte mit Maximalrendite richten sich an Anleger, die bereit sind, ab einer bestimmten Schwelle auf das Gewinnpotenzial eines Basiswertes zu verzichten. Im Gegenzug erhält der Anleger eine Entschädigung in Form eines Abschlags («Diskont») oder einer Zinszahlung («Coupon»). Zertifikate bilden die Kursentwicklung von mehreren Basiswerten wie zum Beispiel Aktien exakt nach. Durch eine einzige Transaktion kann der Anleger einen bestimmten Markt oder Sektor abdecken. Zertifikate sind permanent handelbar und flexibler als Anlagefonds, unterliegen aber dem Gegenparteirisiko.

Optimales Produkt wählen

Der Anleger kann nun das zu seinen Markterwartungen optimal passende Produkt auswählen. Kapitalschutz-Produkte machen vor allem dann Sinn, wenn der Anleger Kurseinbrüchen eine gewisse Wahrscheinlichkeit zuordnet, aber dennoch an positiven Kursentwicklungen teilhaben will. Produkte mit Maximalrendite erlauben es, bei einer Seitwärtsbewegung der Märkte eine Renditeoptimierung zu erzielen. Der Einsatz von Zertifikaten bietet sich an, wenn in einem bestimmten Markt oder Sektor steigende Kurse erwartet werden.

Alle Weiterentwicklungen bei den strukturierten Produkten basieren auf den drei genannten Grundkategorien. Je nach Präferenzen der Anleger, Marktumfeld und Kapitalmarktbedingungen werden ständig neue, massgeschneiderte Produktvarianten geschaffen.

Transparenz des Produkts

Bei der Prüfung der Produkte gilt es, eine Reihe einfacher Regeln zu beachten. Tendenziell sind Produkte zu bevorzugen, deren Funktionsweise leicht verständlich ist, die auf soliden und liquiden Basiswerten aufbauen sowie entweder auf die Referenzwährung des Anlegers oder eine der wichtigsten Weltwährungen lauten.

Auch sollte der Anleger darauf achten, dass ein detailliertes Termsheet zum Produkt in deutscher und verständlicher Sprache erhältlich ist. Dieses sollte das Auszahlungsprofil des Instruments am besten auch grafisch erläutern und Informationen zu den eingegangenen Risiken und Steuerfragen enthalten. Von Bedeutung ist auch die Frage, wie lange das Kapital im Produkt gebunden sein soll und ob die Laufzeit zum Produktetypus und den Markterwartungen des Anlegers passt. Ein nicht zu vernachlässigendes Element bei der Auswahl ist die Prüfung des Gegenparteirisikos. Da strukturierte Produkte von Banken und Finanzgesellschaften («Emittenten») begeben werden, verkörpern sie eine mit Kreditrisiko behaftete Forderung. Das unterscheidet sie von Anlagefonds. Das Gegenparteirisiko hängt von der finanziellen Leistungsfähigkeit («Bonität») des Emittenten ab, die sich am einfachsten an den «Credit-Ratings» von Moodys, Standard & Poor's und Fitch ablesen lässt.

Einer der schwierigsten Punkte bei der Einschätzung von strukturierten Produkten ist die Frage nach dem fairen Preis. Spezielle Eigenschaften wie Diskont oder Kapitalschutz sind nicht gratis. Vor allem hier sollte der Anleger im Zweifelsfalle auf verlässliche Gesprächspartner zurückgreifen. Als Hinweis auf ein faires Pricing können Lead-Manager mit einer seriösen Reputation gelten. Aufgabe der Lead-Manager sind die Auflegung des Produkts und die Sicherstellung der permanenten Handelbarkeit im Sekundärmarkt.

Wichtiger Co-Lead-Manager

Eine besondere Rolle haben sogenannte Co-Lead-Manager, die nicht selber als Emittenten am Kapitalmarkt auftreten können oder wollen. Diese garantieren den Lead-Managern die Abnahme eines Teils des Emissionsvolumens und können den Partner bei jeder Emission je nach Stärken und Schwächen der Investmentbanken neu aussuchen. Dabei ist der Anreiz zu kompetitiven Preisen deutlich grösser als bei einer Lancierung durch den Lead-Manager allein. Umsichtige Co-Lead-Manager schauen nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Bonität, Servicequalität und Leistungen des Lead-Managers im Sekundärmarkt.

Mit Abschluss der Emission beginnt der Sekundärmarkt. Je nach Marktentwicklung kann es zu zahlreichen Transaktionen kommen. Steigen die Kurse stark, ist es wahrscheinlich, dass Anleger den Gewinn schon vor Verfall realisieren möchten. Oder jemand wird erst nach der Emission auf das strukturierte Produkt aufmerksam und möchte es im Sekundärmarkt kaufen. Für Anleger ist es entsprechend wichtig, dass die ständige Handelbarkeit des Produktes gewährleistet ist und die Preise über Internet, Zeitungen und Systeme wie Bloomberg oder Reuters jederzeit ersichtlich sind. So ist eine Kotierung an einer Börse zu begrüssen, auch wenn die Kosten gelegentlich gegen dieses Vorgehen sprechen. Die Qualität des Sekundärmarktes wird anhand der Geld-Brief-Spanne («Bid/Ask-Spread») und der Liquidität gemessen. Je höher die Liquidität und je enger die Geld-Brief-Spanne, desto besser. Von Emittenten, die den Sekundärmarkt vernachlässigen, ist abzuraten.

Steuern nicht vergessen

Bei der Anlage von Vermögenswerten müssen immer auch steuerliche Konsequenzen abgeklärt werden, denn letztlich zählt für den Anleger die Rendite nach Steuern. Je nach Art und Zusammensetzung des strukturierten Produkts greifen Einkommens-, Verrechnungs- und Stempelsteuer in unterschiedlichem Ausmass. Wichtig ist vor allem, dass die steuerliche Behandlung des Produkts bei der Emission eindeutig feststeht und auf dem Termsheet explizit aufgeführt wird. Bei Zweifeln über Steuerfolgen sollte ein Berater konsultiert werden.

Der Kurs bleibt der Schlüssel

Strukturierte Produkte sind einzigartige Instrumente, um das Rendite-Risiko-Profil von Anlegern mit den verschiedensten Präferenzen zu optimieren. Entscheidend für den Erfolg ist aber nicht nur die Qualität des Produkts, sondern letztlich auch die Frage, ob die Markterwartungen eintreffen, die der Anleger ausnützen wollte. Erst dann kommen die besonderen Eigenschaften von strukturierten Produkten voll zum Tragen.

Weiterführende Literatur: Swiss Derivative Guide 2004», Herausgegeben von Stocks, Verlagsgruppe Handelszeitung, in Kooperation mit Wegelin & Co. Privatbankiers.Tolle, S.; Hutter, B.; Rüthemann, P.; Wohlwend, H.: «Strukturierte Produkte in der Vermögensverwaltung», Verlag Neue Zürcher Zeitung, erscheint im April 2005. Wohlwend, H.: «Der Markt für Strukturierte Produkte in der Schweiz», Haupt Verlag, 2001.

Dr. Steffen Tolle, geschäftsführender Teilhaber, Dr. Ivan Adamovich, Vermögensverwalter, Wegelin & Co. Privatbankiers, St. Gallen.