Red-Bull-Werbeträger und Extremsportler Felix Baumgartner steht dreieinhalb Jahre nach seinem legendären Sprung aus der Stratosphäre wieder im Rampenlicht. Diesmal geht es aber nicht um Sport. Mit einem Kommentar zur Flüchtlingskrise hält der 46-Jährige die Netzgemeinde auf Trab.

«Ein Land, in dem Angeln ohne Angelschein rechtlich bestraft wird und Menschen ohne Pass, die Grenze überqueren, können nur Idioten regieren!», prangt seit Montag auf dessen Pinnwand im sozialen Netzwerk Facebook. Darüber steht geschrieben: «Das ist doch mal eine Ansage!!!»

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Furchtfreier Extremsportler

Weit über 40'000 Personen haben «Gefällt mir» gedrückt, rund 15'000 Mal wurde der Post geteilt. Über 2000 Personen kommentierten den Eintrag.

Baumgartner, der seinen Wohnsitz aus steuerlichen Gründen im Thurgau hat, reagiert einen Tag später mit einem ausführlichen Statement, das bisher doppelt so viele «Likes» und «Shares» gesammelt hat. Er fürchte sich «vor keinem Shitstorm der Welt», schreibt er. Es sei «unsere moralische Pflicht», den wirklich Schutzbedürftigen zu helfen und ihnen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen, erklärt er sich – und setzt drei Ausrufezeichen dahinter.

Unterwandertes Europa

Gleich danach doppelt er aber nach: Baumgartner spricht von Hunderttausenden Flüchtlingen, die Europa «unterwandern» würden – das Wort «Unterwandern» schrieb er in Grossbuchstaben. Polizei und Militär hätten Sprechverbot (auch dieses Wort in Grossbuchstaben) und dürften sich zu den aktuellen Problemen gegenüber der Presse nicht äussern.

«Politik und Korrektheit sind so gegensätzlich wie der Islam und das Christentum», haut er raus. Das Volk sei zurecht verärgert. Man müsse sich die Frage stellen, «wie weit wir bereit seien, unsere Identität und unsere Kultur aufzugeben». Schliesslich plädiert er dafür, dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán den Friedensnobelpreis zu verleihen. Der täte das einzig Richtige: Er schütze sein Land und sein Volk, das ihn gewählt habe.

Unmut in Salzburg

In Salzburg sorgt Baumgartner für Unmut: Der Red-Bull-Werbeträger schreibt zwar in seinem umstritten Facebook-Beitrag, dass seine Sponsoren und Partner zu 100 Prozent hinter ihm stünden. Auf Anfrage teilte eine Red-Bull-Sprecherin mit: «Wir beteiligen uns grundsätzlich nicht an Diskussionen zu im weitesten Sinn politischen Themen.» Und weiter: «Was wir mit unseren Athletinnen und Athleten zu besprechen haben, tun wir selbstverständlich intern.» Ein anderer Sponsor – die zum LVMH-Konzern gehörende Schweizer Uhrenmarke Zenith – reagierte auf eine schriftliche Anfrage noch nicht.

Die Reaktion der Sponsoren ist durchaus verständlich für den Werber Frank Bodin. Red Bull werde hinter den Kulissen agieren, sagt er. Ausserdem seien solche Aufregungen um Posts meistens eher ein «Shitstürmli im Schnapsgläsli». «Wenn Marken mit Persönlichkeiten zusammenarbeiten, sind sie sich immer auch der Risiken bewusst», sagt Bodin. «Dazu gehört nebst den bekannten Stärken auch Schwächen – aber das macht Menschen aus und zu einem Charakter.»

Noch mehr Skandalnudeln

Baumgartner ist nicht der erste Werbeträger, der die Marke in Bedrängnis bringt, für die er wirbt. Basketballstar Kobe Bryant verlor seinen Sponsoring-Deal mit McDonald’s und Ferrero-Schokolade, nachdem er angeblich eine Frau sexuell belästigt hatte. Mike Tyson verlor 8 bis 10 Millionen Dollar, weil seine Frau behauptete, dass er sie misshandelt habe. Pepsi und auch Nintendo wandten sich vom Boxer ab. Nintendo strich seinen Namen aus dem Computerspiel «Mike Tyson’s Punch-Out!!!».

Supermodel Kate Moss wurde ihr angeblicher Kokainkonsum zum Verhängnis. H&M, Burberry, Chanel und Rimmel London entschieden 2005 in Zukunft nicht mehr mit Kate Moss Werbung zu machen. Eine Sprecherin von H&M vermeldete, dass «eine Kampagne mit Kate Moss nicht mit der klaren Abgrenzung von H&M gegenüber Drogen vereinbar ist.»

Doping- und Sex-Skandale

Wegen moralischen Gründen lösten auch zahlreiche Sponsoren ihre Verträge mit Tiger Woods auf. Gillette, Accenture, AT&T, Gatorade und Tag Heuer wandten sich vom Golfprofi ab, nachdem bekannt geworden war, dass er seine Gattin mit einer ganzen Reihe Frauen betrogen hatte. Nike blieb Woods zwar treu, zahlte ihm aber zwei Jahre lang nur noch die Hälfte. Rolex etwa hielt an Woods als Werbeträger fest.

Dopingvergehen waren der Grund für Lance Armstrongs Ärger mit seinen Sponsoren. Nike, Anheuser-Busch InBev und viele mehr wandten sich vom Rennfahrer ab. Aus dem gleichen Grund wandten sich auch Jan Ulrichs Sponsor Adidas vom Sportler ab.

Federer: Der Anti-Skandal-Sportler

Saubermann Federer hingegen ist der Liebling aller Sponsoren, als einer der ganz wenigen spielt er das Spiel der Sponsoren perfekt mit. Bevor er einen Pokal in Empfang nimmt, vergisst er nie, sich die Uhr wieder über das Handgelenk zu stülpen.

Und bis vor wenigen Monaten vergass er auch nie, sich auf dem Tenniscourt glatt rasiert zu zeigen – wie in seinem Vertrag mit Gillette festgelegt. Seitdem die Marke nicht mehr auf seiner Sponsorenliste erscheint – wofür bislang keinerlei Erklärung abgegeben wurde –, macht er sich einen Spass daraus, sich mit ungewohntem Dreitagebart zu zeigen. In London spielte er das Turnier nachlässig rasiert, in Australien zeigt er sich wieder ohne Bart.