Heute kann sich kaum noch ein Telekommunikationsunternehmen alleine über technische Leistungen wirksam von der Konkurrenz differenzieren. Denn vom Kunden werden diese oft als austauschbar betrachtet. Wenn die monatliche Rechnung die einzige Aufmerksamkeit ist, die dem Kunden geschenkt wird, darf sich kein Anbieter über einen Wechsel wundern. Der direkte Kontakt zum Kunden für die Festigung der Beziehung, den Verkauf von Zusatzdiensten sowie die Rückgewinnung verlorener Kunden wird deshalb von den Telekommunikationsunternehmen immer mehr gesucht.
Swisscom gibt 56 Millionen Franken für Werbung aus
Kein Wunder also zählt die Schweizer Telekommunikationsindustrie zu den grössten Werbeauftraggebern überhaupt. Die Swisscom beispielsweise belegt mit einem Bruttowerbeaufwand von 56 Mio Fr. für das Jahr 2003 Platz drei der grössten Werbeauftraggeber in der Schweiz, wie Media Focus ermittelte. Ein beträchtlicher Teil davon fliesst ins Direktmarketing. Doch viel Geld allein ist kein Garant für eine gelungene Kampagne. Vieles kann schief gehen: Denn gerade an die Kommunikationskompetenz von Telekommunikationsunternehmen werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Von ihnen wird erwartet, dass sie inhaltlich relevante Botschaften verbreiten, die den Kunden auf dem richtigen Kanal oder über den richtigen Mix von Kanälen unaufdringlich und dennoch effektiv erreichen.
Es gibt verschiedene Faktoren, die zu einer gelungenen Kampagne beitragen. An erster Stelle steht sicher die Botschaft: Sie muss relevant für den Empfänger sein und zu seinem Profil passen. Keinesfalls darf sie eine Leistung bewerben, die dem Kunden etwa aufgrund seines Wohnsitzes oder seines Alters gar nicht erbracht werden kann. Daneben muss die richtige Form gewahrt sein: Sprache und Layout sollen den Kunden alters- und standesgerecht ansprechen. Oft unterschätzt wird auch die Wahl des richtigen Kommunikationskanals, denn verschiedene Kundengruppen reagieren unterschiedlich auf Briefe, E-Mails, Anrufe, SMS-Nachrichten, Inbound-Marketing beim Anruf im Call-Center oder die Unterbreitung eines Angebots beim Besuch im Shop. Ferner gibt es für jede Kampagne einen richtigen Zeitpunkt: Das Timing der Botschaft muss auf die Lebenssituation und die Vertragslaufzeit abgestimmt sein. Die kommunizierte Botschaft sollte eine klare Aufforderung zu einem aktiven Tun enthalten und die Vorteile dieses Tuns klar darlegen. Schliesslich soll ein Kunde für seine Antwort den von ihm bevorzugten Rücklaufkanal zur Verfügung gestellt bekommen. Ob eine Kampagne ihr Ziel erreicht, hängt von all diesen Faktoren ab. Das Unterfangen stellt deshalb stets eine heikle Gratwanderung zwischen dem Untergang in der täglichen Werbeflut oder einer unbeabsichtigten Verärgerung des Empfängers dar.
Die elementarste Voraussetzung für die Durchführung erfolgreicher Kampagnen ist, dass das Unternehmen seinen Kunden kennt. Dabei kann es aber nicht darum gehen, persönliche Daten auf plumpe Weise zu einem unangebrachten Zeitpunkt erst zu erheben. Vielmehr müssen diejenigen Daten richtig genutzt werden, die man bereits hat: Vertragsdaten, Verhaltensdaten und die Reaktionen auf die bisherige Kommunikation. Der Kunde erwartet heute, dass Daten, die er weitergibt, zu seinem Nutzen verwendet werden. Solange diese Weiterverwendung auf eine kreative, diskrete und zielgerichtete Weise geschieht, stellt sie kein Problem dar. Die Ansprache «Wir haben bemerkt, dass Sie häufig nach Italien telefonieren» dürfte nicht denselben Erfolg zeitigen wie die unauffällige und beiläufige Platzierung eines besonders günstigen Angebots für Vieltelefonierer nach Italien. Natürlich dürfen dem Kunden dann und wann auch Fragen gestellt werden, etwa über die von ihm bevorzugten Wege der Ansprache oder seine Vorlieben für bestimmte Angebote. Wenn allerdings einmal gefragt wurde, wird auch erwartet, dass die gemachten Angaben immer beachtet werden.
IT spielt eine wichtige Rolle im Kampagnenmanagement
Damit wird klar, dass das erfolgreiche Kampagnenmanagement im Massenmarketing ohne Unterstützung durch IT nicht möglich ist. So wird genügend Speicherplatz benötigt, damit die gesamte Kommunikations- und Reaktionshistorie eines Kunden lückenlos aufgezeichnet werden kann. Diese Daten müssen ausgewertet und für die Definition neuer Angebote und Zielgruppen verwendet werden. Auf der technischen Seite bedeutet dies, dass sämtliche Datenquellen wie Outbound- und Inbound-Kommunikationskanäle, aber auch Vertrags- und Kundendaten wie Verträge, Nutzungsprofile, Rechnungen, Reklamationen nahtlos integriert werden müssen.
Auf dem Markt werden zahlreiche Campaign-Management-Systeme angeboten. Kein Anbieter ist allerdings in der Lage, einem Anwender den Aufwand für die Integration dieser Systeme abzunehmen. In solchen Fällen steht am Ende eines gutgemeinten Projektes dann lediglich eine unbrauchbare Massen-Mail-Software, mit der keine genaue Kommunikation für eine klar umrissene Zielgruppe durchgeführt werden kann. Die Systemintegration ist deshalb neben einem guten Software-Werkzeug der wichtigste Bestandteil einer tragfähigen Lösung. Genauso wichtig ist nach einer erfolgreichen Einführung aber auch ein Paradigmenwechsel beim Marketingpersonal: Dieses muss während der Projektlaufzeit umfassend auf die Möglichkeiten, die sich mit der neuen Lösung bieten, vorbereitet werden.
Peter Hubele, Principal CRM Consultant, Cambridge Technology Partners (a Novell Business), Zürich.
Kampagnen-Management: In acht Schritten
- Festlegung von quantifizierbaren Zielen einer Kommunikationsstrategie
- Prozessanalyse der Planungs-, Ausführungs- und Auswertungsprozesse für Kampagnen
- Analyse der IT-Landschaft
- Auswahl einer Softwarelösung
- Festlegung von Integrationsressourcen und -partnern
- Definition von zur gewählten Lösung passenden Soll-Prozessen
- Erarbeitung eines Change-Programmes für alle an der Kampagne beteiligten Mitarbeitenden