Spätherbst wars, als erste Pressemeldungen auftauchten, die wenig Gutes für die Bank Bär verhiessen. Das Traditionsinstitut, das sich am liebsten als feiner und exklusiver Vermögensverwalter präsentiert, soll sich auf zweifelhafte Kreditrisiken mit Immobilientycoon René Benko eingelassen haben. Von einem Volumen von «weit über einer halben Milliarde Euro» war in der Presse die Rede. Und die Bank: Sie mauerte, wochenlang – bis sie am 19. November kleinlaut Wertberichtigungen bei Krediten von 82 Millionen Franken publik machte. Um wen es sich handelte, verschwiegen die Bären, doch die Umstände liessen erahnen, dass die Medien auf der richtigen Spur waren. Und dass da noch viel mehr an faulen Geschäften auftauchen mussten. Die Salamitaktik der Bank – nur gerade das zuzugeben, was ohnehin längst die Runde machte – zeitigte dramatische Folgen: Sie löste einen Vertrauensverlust aus, der die Bär-Aktie um über 20 Prozent einbrechen liess. Es war die Quittung für ein wenig überzeugendes Krisenmanagement.

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Erst Ende Januar legten die Bankgewaltigen doch noch den Schalter um. Der Kreditausstand betrage 606 Millionen, vermeldete nun die Bank und bestätigte die Medienberichte vom Vorjahr. Bär-Chef Philipp Rickenbacher musste in der Folge abtreten. Und jetzt, mit der Publikation des «Compensation Report» in dieser Woche, legt Julius Bär offen, wie rigoros die Bank in der Causa Benko doch noch durchgegriffen hat. Die variablen Vergütungen Rickenbachers: gestrichen. Die Boni von fünf Konzernleitungsmitgliedern, die in die fatalen Entscheide in der Causa Benko involviert waren: annulliert. Die Vergütung von weiteren Mitarbeitenden in der betroffenen Private-Debt-Abteilung: gekürzt. Die aktienbasierte Vergütung von VR-Präsident Romeo Lacher und einzelnen VR-Mitgliedern: weg. Dieses Durchgreifen wird via langfristige Lohnprogramme auch in der Zukunft negative Auswirkungen auf den Zahltag der allzu Arglosen haben.

Mein Fazit: Nach einem schwachen Start hat die Bank endlich zu ihrem Anspruch zurückgefunden. Wer versagt und die Bank ins Elend treibt, wird zur Rechenschaft gezogen – in der Konzernleitung wie im Verwaltungsrat. Richtig so.

Genau gegenteilig wars bei der Credit Suisse. Sie hat jahrelang Topleute, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren, kaum behelligt. Als das Versagen rund um die Greensill-Fonds im Sommer 2020 intern aufflog, flossen Ende Jahr die Millionenboni der Involvierten wie eh und je. Oder die drei Managing Directors, die sich in der unsäglichen Mosambik-Affäre im grossen Stil schmieren liessen: Sie wurde von der Credit Suisse nie belangt, obwohl sie die Bank im Wert von Hunderten Millionen Franken schädigten. Und vom weltweiten Reputationsverlust, den sie der CS zufügten, ist gar nicht zu sprechen.

Die Liste der Pleiten, die für die Verantwortlichen folgenlos blieben, liesse sich leicht verlängern. Nur so viel: Ein Dutzend Enforcement-Verfahren hat die Finma gegen CS-Banker eingeleitet, passiert ist wenig bis nichts. Eine systematische Verantwortungslosigkeit, die ganz oben begann.

Bei so viel Nonchalance und Ignoranz muss das jüngste Durchgreifen der Bank Bär als Vorbild in der Finanzbranche dienen. Und es ist in meinen Augen gar eine Zeitenwende. Denn ich wette darauf, dass der Regress auf Banken und Banker bei verantwortungslosem Verhalten noch dieses Jahr verschärft wird. Auch richtig so.