Interview:
Stefan O. Waldvogel

BILANZ: Im Mai und im Juni legten die Autoverkäufe um rund elf Prozent zu. Ist dies bereits die Trendwende?
Andreas Burgener: Ich hoffe es. Nachdem in den vergangenen Jahren stets weniger Neuwagen in Verkehr gesetzt worden sind, ist das zumindest ein Lichtblick für die Branche.
2005 war das schlechteste Autojahr seit 27 Jahren. Sind die höheren Verkäufe im ersten Halbjahr einfach eine Nachholaktion?
Tatsächlich ist der Absatz deutlich gefallen, und so ist das Plus von 4,1 Prozent im ersten Halbjahr auf einem relativ tiefen Niveau zu Stande gekommen. Mittlerweile sind gut 1,1 Millionen Fahrzeuge in der Schweiz über zehnjährig, hier hat sich sicher auch Ersatzbedarf angestaut. Gleichzeitig sehen wir aber doch auch diverse positive Signale von der Konjunkturfront. Für viele Leute sieht der Arbeitsmarkt wieder besser aus. Autokäufe gelten ja traditionell als Indikator für die Konsumentenstimmung und das Vertrauen der
Verbraucher. Bei den Nutzfahrzeugen ist der Absatz schon etwas früher gestiegen.
Hat dies mit der Schwerverkehrsabgabe und den übrigen Vorschriften zu tun?
Zum grossen Teil, aber
gerade der Absatz von Nutzfahrzeugen zeigt, dass die Wirtschaft wieder mehr investiert. Wir hoffen natürlich, dass nun auch die privaten Haushalte wieder mehr neue, effiziente Autos kaufen.
Das deutlich teurere Benzin bremst aber die Lust auf viel Hubraum?
Es gibt verschiedene
Faktoren, welche die Treibstoffpreise beeinflussen.
Da Benzin vergleichsweise
noch teurer wurde, nahm
der Absatz bei den Dieselfahrzeugen überdurchschnittlich zu. Anderseits verbrauchen die modernen Autos bei gleicher Leistung heute deutlich weniger Treibstoff.
Trotzdem ist der mit dem Bund vereinbarte Flottenverbrauch noch höher als erwartet?
Ja, wir sind mit den Zielen in Verzug. Es geht langsamer vorwärts als erwartet, und
wir werden unsere Ziele
voraussichtlich erst im Jahr 2010 statt bereits in zwei
Jahren erreichen.
Welches ist der Hauptgrund für die Verspätung? Die Kundenwünsche. Die Schweizerinnen und Schweizer wollen im europäischen Vergleich gut ausgerüstete und überdurchschnittlich motorisierte Wagen. Klar sind die grossen Geländewagen nicht gut für die Statistik, aber auch ohne diese Fahrzeuge dauert es länger, bis die Verbrauchsziele
erreicht werden können.
Der Trend geht eindeutig in Richtung mehr Platz im Auto, das lässt sich auch am Boom der Vans erkennen.
Innerhalb eines Segments schauen die Kunden dann aber doch auf die Effizienz punkto Treibstoffverbrauch.
2005 wurden entgegen dem allgemeinen Trend mehr günstige und ganz teure Autos verkauft. Im ersten Halbjahr 2006 sind die Ferrari-Verkäufe bereits wieder um fast 36 Prozent gefallen.
Sie müssen auf die Stückzahlen achten, die Prozente schwanken stark. So wurden beispielsweise in diesem Juni 18 Ferraris in den Verkehr gebracht, ein Jahr
zuvor waren es 42. Interessant ist, dass nun auch das Volumengeschäft angezogen hat.
Das gilt etwa für VW: Die Deutschen liefern immer noch mit Abstand am meisten Autos in die Schweiz. Angesichts der Skandale und Arbeitskämpfe im Konzern ist das doch erstaunlich?
Für den Erfolg bei den Kunden ist die Modellpflege das A und O einer Marke. Das sieht man auch bei den übrigen Anbietern. Wer zwei- oder dreimal mit seinen neuen Modellen danebenliegt, ist schnell weg.
Gilt dies unter anderem für den Smart, dessen Verkäufe nochmals deutlich zurückgingen?
Ich glaube nicht, dass die Marke aus der Schweiz verschwindet. Klar ist aber: Es wird in der Branche noch viele grosse Umwälzungen geben. Die angedachte Dreifach-Kooperation von GM, Renault und Nissan wäre vor einigen Jahren noch
völlig undenkbar gewesen. Heute setzen alle Grossen auf weitere Skaleneffekte. Der Einsatz von gleichen Plattformen wird nochmals drastisch zunehmen, und die Suche nach alternativen Antrieben und Treibstoffen wird auch für die Autohersteller zur teuren, aber notwendigen Aufgabe.
Inwiefern profitieren die Konsumenten?
Letztlich geht es bei den Grössenvorteilen um den Preis der Neuwagen.

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