BILANZ: Hätten Sie sich je träumen lassen, 35 Gramm Schokolade für 1.80 Franken verkaufen zu können?
Ernst Tanner: Sicher. Für 35 Gramm Kaugummi zahlen Sie sogar 3.40 Franken. Schokolade ist ein sehr günstiges Produkt, es braucht gewaltige Investitionen in die Produktion, der Herstellungsprozess ist komplex, man hat Hitzeanfälligkeit und Verfalldatum zu beachten. Und: Wir setzen voll auf den Premium-Markt, da beginnt die Qualitätssicherung bei der Auswahl der Kakaobohnen. Das alles kostet.
Jetzt wollen Sie die Schokolade in der Schweiz verteuern.
__ Daran führt kein Weg vorbei. Wir haben enorme Preissteigerungen bei Kakaobohnen, speziell bei Edelkakao, bei Kakaobutter und Milchpulver, innert Jahresfrist wohl ein Plus von über 20 Prozent.
Womit hat der Konsument zu rechnen?
__ Die Preise werden je nach Land sechs bis zehn Prozent steigen. Im Januar 2008 werden die Erhöhungen fällig. Ich bin sicher: Der Markt wird dies akzeptieren. Wir hatten ja fast vier Jahre lang keine Preiserhöhung.
Cailler meldet sich in den Denner-Gestellen zurück. Wird dieses Comeback
Ihren Umsatz in der Schweiz dämpfen?
__ Kaum. Wir haben bereits vor dem Relaunch von Cailler sehr gut gearbeitet. Dass die Marke wieder in die Denner kommt, finde ich richtig. Wir sind Konkurrenz gewohnt und lieben den Kampf um die Konsumentengunst.
Sie schielen seit Jahren auf den Schokoladehersteller Godiva, nun steht die Firma zum Verkauf. Packen Sie zu?
__ Campbell Soup, der Besitzer von Godiva, hat eine
Investmentbank beauftragt, einen allfälligen Verkauf zu prüfen und abzuwickeln. Wir werden die Unterlagen analysieren, sobald sie vorliegen.
Macht ein Kauf von Godiva strategisch Sinn?
__ Godiva ist eine Premium-Marke, also würde sie zu uns passen. Nur: Godiva müsste von sich aus so viel Ertrag generieren, dass der Wert der Marke weiter gesteigert werden könnte. Und: Sie müsste zur Profitabilität des Lindt-Konzerns einen positiven Beitrag leisten.
Wie realistisch ist eine
Übernahme?
__ Da Godiva Teil eines Milliardenkonzerns ist, sind nur wenige Zahlen bekannt. Auch der Marktforscher AC Nielsen hat Godiva nicht erfasst. Das heisst: Wir müssen uns erst ein detailliertes Bild machen.
Was brächte diese Akquisition fürs Geschäft in den USA?
__ Vor zehn Jahren wäre sie wichtiger gewesen. Wir haben heute mit Ghirardelli und Lindt die wachstumsstärksten Marken im Premium-Bereich. 2006 schafften wir in den Vereinigten Staaten 500 Millionen Dollar Umsatz, dieses Jahr dürften es gegen 600 Millionen sein. Bis 2010 halte ich 900 Millionen für realistisch.
Was auffällt: Die Lindt-Konzernleitung ist seit über zehn Jahren unverändert. Kontinuität als Erfolgsrezept?
__ Sicher. Und dezentrales Management sowie ein sicheres Arbeitsklima. Bei uns ist es immer spannend, weil sich die Firma ständig entwickelt.
Das erzählt jeder CEO.
__ Die Zahlen zeigen es: Für die erste Umsatzmilliarde brauchte Lindt & Sprüngli über 150 Jahre, bis es 1997 so weit war; die zweite Milliarde schafften wir in sieben Jahren, 2007 gehen wir gegen drei Milliarden. Heute ist Lindt ein globaler Konzern.
Ist ein Aktienrückkaufprogramm geplant?
__ In den nächsten drei Jahren tätigen wir grosse Investitionen, wir bauen Fabriken aus, pflegen die Marke, da gibt es keine derartigen Pläne. Der Aktienkurs steigt übrigens auch ohne Rückkaufprogramm: Allein seit 2000 hat sich der Kurs vervierfacht.
Wann führt Lindt die Einheitsaktie ein und schafft die Partizipationsscheine (PS) ab?
__ Die Struktur hat sich bewährt, der PS entwickelt sich im Gleichschritt mit der Namenaktie. Der Vorteil des PS: Er ist liquider – gerade für aktive Investoren ein Vorteil.
Dank Einheitsaktie kämen Sie vielleicht in den SMI.
__ Was wäre der Nutzen? Es gibt im SMI wenig Titel, die sich besser entwickeln als Lindt.
Mit 39 300 Franken ist die Aktie unglaublich schwer.
__ Ich sage immer scherzeshalber: Die Lindt-Aktie ist nur am Kauftag teuer. Unsere Kursentwicklung spiegelt unsere Performance, wir haben den Kurs nicht mit Immobilienverkäufen hochgetrieben. Im Gegenteil: Wir haben überall expandiert und in die Marke investiert.
In den 14 Jahren unter Ihrer Führung hat sich der Wert der Firma von 447 Millionen auf 8,5 Milliarden Franken erhöht. Wie lange bleiben Sie im Unternehmen?
__ Ein Wechsel ist kein Thema. Die Arbeit macht unheimlich Spass. Was
gibt es Schöneres, als neue und erfolgreiche Produkte
zu lancieren?

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Ernst Tanner (61), einer der erfolgreichsten Manager der letzten zehn Jahre, hat den Schokoladehersteller Lindt & Sprüngli zum globalen Player gemacht. Unter ihm stieg der Wert der Firma von 447 Millionen auf 8,5 Milliarden Franken. Tanner sitzt im VR von CS und Swatch.

Stefan Barmettler HZ
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