Ein User aus Bulgarien hat den Musikstreaming-Dienst Spotify letztes Jahr monatelang gefoppt und sich dadurch zum Millionär gemacht. Das berichtet das Branchenportal «Music Business Worlwide».

Der Bulgare hat das Geld aus dem «Spotify Royality Pool» abgezogen. Aus diesem Topf vergütet der Streamingdienst die Künstler, deren Songs gespielt werden. Der Trickser hat sich also auf Kosten der Künstler und Labels, denen das Geld zugute hätte kommen sollen, bereichert. Das perfide daran: Wahrscheinlich hat er nicht einmal Gesetze gerbochen.

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Seltsame Tracks in der Playlist

Doch wie ist der User vorgegangen? Der mutmassliche «Betrug» wurde im Spätsommer 2017 von einem Majorlabel entdeckt. Dem Label sind zwei Playlists von Drittanbietern aufgefallen – mit den unscheinbaren Titeln «Soulful Music» und «Music from The Heart». An den Tracks hing ein ISCRC-Code, dessen Spur nach Bulgarien führte. Dieser Code ist ein Instrument zur Identifikation von Tonaufnahmen. Jeder Aufnahme wird ein 12-stelliger Code zugeordnet, der die Aufnahme ihr gesamtes Leben hindurch begleitet, egal ob sie auf CD, einem anderen Datenträger oder online verbreitet wird.

Diese Playlists erschienen wochenlang in den von Spotify erstellten Playlist-Charts. Ende September erreichten die beiden Playlists Spitzenpositionen in den USA, eine kam gar unter die Top 20 der globalen Spotify-Playlist-Chart.

Keine Follower

Die 467 Tracks, welche die zwei Playlists erhielten, stammten aber von mehr oder weniger unbekannten Künstlern. Das Auffallendste aber war, dass diesen Playlists kaum Leute folgten. Laut Daten, die mit Hilfe der Playlist-Monitoring-Plattform ChartMetric gewonnen wurden, hat das Onlineportal herausgefunden, dass in der dritten Septemberwoche 2017 nur knapp 1700 User einer der Playlists gefolgt sind. Die meisten Tracks waren zudem nur knapp über 30 Sekunden lang – genau die Länge, die es braucht, um für das Abspielen eines Tracks von Spotfiy abgegolten zu werden. Nicht nur die Länge, sondern auch die Komposition der Lieder war ebenfalls ziemlich seltsam. 

In der Dauerschleife

Eine erste Zusammenfassung des einzigartigen Falls: Ein bulgarischer User, der eine oder mehrere Personen sein kann, hat Playlists betrieben, die so viel Umsatz generierten, dass sie es in die Spotify Global-100-Charts geschafft haben. Das Onlineportal mutmasst, dass es sich dabei um eine Einzelperson handelt, die über 1200 Spotify-Accounts eingerichtet hat, und diese 450 Tracks in einem Zufalls-Loop andauernd abspielte. Um aber genügend Einnahmen zu generieren, um Spotify's US-Top-Playlist Rankings zu erscheinen, müssen alle diese Accounts kostenpflichtige Premium-Abonnements sein.

Um die Accounts zu erstellen, hätte der Bulgare bei einem Premium-Account-Beitrag von 9.99 Dollar rund 12'000 Dollar ausgegeben. Eine schöne Stange Geld, die nicht einfach jeder für ein Experiment auf den Tisch legt. 

Bots spielen Tracks über 100 Millionen Mal pro Monat

Die Quelle von «Music Business Worlwide» meinte jedoch, dass die durchschnittliche Spieldauer der 467 Songs in «Soulful Music» lediglich 43 Sekunden betrug. Der bulgarische User hat wohl einen Bot benutzt, der die Tracks immer wieder abgespielt hat, aber nur solange bis der Monetarisierungspunkt überschritten wurde. So hätte dieser Bot die Tracks über 100 Millionen Mal in einem Monat spielen können.

Eine Schätzung der durchschnittlichen Auszahlung von Spotify an die Rechteinhaber von Tonträgern beträgt 0,004 Dollar pro Stück. Damit hätte der User rund 400'000 Dollar verdient – im Monat. Bis der Schwindel aber aufflog sind wohl über vier Monate vergangen. Das bedeutet Einnahmen von über einer Million Dollar. 

Das Verblüffendste an der Geschichte ist aber, dass der bulgarische User Spotify nicht wirklich betrogen hat. Er hat es einfach ziemlich geschickt angestellt. Dazu muss man noch anfügen: Spotify hat damit auch Geld gemacht und Abonnenten gewonnen. Auch wenn es in diesem Fall wohl nur Bots waren.

Spotify will Erkennung verbessern

Spotify sagt, das Unternehmen arbeite kontinuierlich daran, solche Aktivitäten zu unterbinden. «Wir nehmen die künstliche Manipulation von Streaming-Aktivitäten in unserem Service sehr ernst. Spotify verfügt über mehrere Erkennungsmassnahmen, die den Verbrauch des Dienstes überwachen, um solche Aktivitäten zu erkennen, zu untersuchen und zu bewältigen», hiess es gegenüber «Music Business».