Diese Meldung aus Amerika sorgt am Zürcher Paradeplatz und in Bundesbern gerade für mächtig Wirbel: Die «New York Post» berichtet am Sonntagabend, dass sich UBS-Führungskräfte mit Beamten der US-Regierung rund um Donald Trump (79) getroffen haben. Das Thema: ein möglicher Strategiewechsel, um die strengeren Kapitalanforderungen in der Schweiz zu bekämpfen. Gar ein Wegzug aus der Schweiz oder eine Fusion mit einer US-Bank sollen besprochen worden sein. Powerplay von UBS-Boss Sergio Ermotti (65)?

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Das Timing ist auffällig: Aktuell läuft die Herbstsession in Bern – das Feilschen um die höheren Kapitalanforderungen an die UBS hat begonnen. Gestern Montag beriet der Ständerat über einen Vorstoss von Tiana Angelina Moser (46, GLP). Dieser hätte die UBS-Regulierungen in der Schweiz «massiv verzögern» können, wie Karin Keller-Sutter (61) im Bundeshaus warnte. Die Finanzministerin setzte sich am Ende durch: Der Ständerat lehnte den Vorstoss mit 29 zu 15 Stimmen deutlich ab.

Die Druckversuche blieben bislang fruchtlos, Ermotti wird wohl weiter kämpfen.

In der Finanzbranche machen die Wegzug- und Fusionsgerüchte schon länger die Runde. Sie sind ein heisses Eisen, an dem sich niemand die Finger verbrennen will. Selbst Kenner des Finanzmarktes, die Blick angefragt hatte, halten sich mit öffentlichen Aussagen zurück. Doch welche Auswirkungen hätte eine UBS-Flucht nach Amerika für die Schweiz? Blick beantwortet die drängendsten Fragen:

1. Welche Vorteile hat die UBS von einer Flucht in die USA?

Ein Umzug oder gar eine Fusion mit einer US-Bank könnte für die UBS gleich mehrere Vorteile bringen. Erstens gelten die Kapitalanforderungen dort aktuell als weniger streng als in der Schweiz – gerade mit Blick auf die von Finanzministerin Keller-Sutter geplanten zusätzlichen Auflagen. Zweitens würde die Grossbank politisch wohl auf mehr Rückhalt stossen: Präsident Trump hat schon während seiner ersten Amtszeit klargemacht, dass er Regulierungen für die Finanzindustrie abbauen will. Ein Schulterschluss mit seiner Regierung könnte die UBS also strategisch stärken.

Darüber hinaus lockt der Megamarkt USA mit seiner schieren Grösse: Zugang zu noch mehr Kunden und im Fall einer Fusion mit einem US-Institut Synergieeffekte, mit denen sich Kosten einsparen lassen.

Auch steuerlich könnte ein Umzug in die USA Vorteile bringen – viele Bundesstaaten werben aktuell aggressiv mit tiefen Unternehmenssteuern.

2. Welche Nachteile und Risiken gibts für die UBS in Amerika?

Ob die UBS in Übersee tatsächlich auf langfristig mildere Auflagen zählen könnte, ist höchst fraglich. Donald Trump ist spätestens Ende 2028 nicht mehr Präsident. Denkbar, dass ein abermaliger Polit-Wechsel in den Vereinigten Staaten von Amerika ansteht. Wenn beispielsweise ein Demokrat ins Weisse Haus einziehen sollte, dürfte auch der Regulierungsdruck wieder zunehmen. Zudem wäre eine mögliche Fusion mit einer US-Bank hochkomplex und würde Jahre dauern: kulturelle Unterschiede, unterschiedliche Geschäftsmodelle und die Integration von IT-Systemen bergen enormes Konflikt- und Kostenpotenzial.

Hinzu kommt, dass die Integration der Credit Suisse noch nicht einmal abgeschlossen ist.

Besonders heikel wäre ein Wegzug für das UBS-Kerngeschäft: Wealth Management. Viele Superreiche aus Asien, Lateinamerika oder dem Nahen Osten schätzen an der UBS nicht nur die Expertise, sondern vor allem den Schweizer Standort – Synonym für Stabilität, Neutralität und Diskretion. Ein offizieller US-Hauptsitz könnte für diese Kundinnen und Kunden an Attraktivität verlieren, da sie den Standort Schweiz bewusst wählen und kein Vertrauen in den US-Markt haben.

Das sagt die UBS

Die UBS verweist auf Anfrage von Blick auf ein Interview von CEO Sergio Ermotti mit Bloomberg TV vom 11. September 2025. Darin sagte Ermotti: «Wir wollen weiterhin als erfolgreiche globale Bank mit Sitz in der Schweiz operieren. Wir sind überzeugt, dass wir unseren Schweizer wie auch internationalen Kundinnen und Kunden auf diese Weise viel bieten können. Und wir glauben, dass wir dadurch auch ein positiver Faktor für die Schweizer Wirtschaft sind.» Und weiter: «Aber es ist definitiv zu früh, um über mögliche Szenarien oder unsere Reaktionen darauf zu spekulieren.»

3. Wie schlimm wäre ein Wegzug der UBS aus der Schweiz für unser Land?

Mit einer Abwanderung der UBS würden Milliarden-Steuereinnahmen und Jobs ins Ausland verschwinden. Im Gegenzug wäre die Schweiz die Risiken los, die mit einer Grossbank verbunden sind. Ganz weg wäre die UBS schlussendlich nicht. Sie hätte immer noch eine starke Schweizer Tochter. Ein Abschied vom Paradeplatz würde allerdings einen massiven Reputationsschaden hinterlassen und das Verhältnis zu Politik, Nationalbank und Bevölkerung belasten – ein Preis, den auch eine global ausgerichtete UBS gut abwägen müsste.

Für das Image der Schweiz und ihre Bedeutung als Finanzplatz mit bestem Ruf wäre ein Wegzug der UBS ein bitterer Schlag, sagt auch Klaus Wellershoff (61). «Ein Wegzug der UBS wäre sicherlich ein schwerer Reputationsschaden für die Schweiz», so der Ökonom zu Blick. Er denkt dabei auch an die Notübernahme der Credit Suisse. «Wenn man sich überlegt, dass die UBS für die Schweiz gerade ein grosses Problem gelöst hat, ist ein Wegzug international schwierig zu erklären.»

4. Was wären die Wegzug-Folgen für Schweizer Firmen?

Kleinere und mittlere Unternehmen, die sich von der UBS Geld leihen oder das Investmentbanking in Anspruch nehmen, könnten mit Auswirkungen konfrontiert sein.

Die UBS spielt eine wichtige Rolle als Finanzierungspartner zahlreicher Schweizer KMU. Letztere brauchen Exportfinanzierungen, Kredite und Hilfe bei Devisengeschäften. Die Credit Suisse war eine der wichtigsten Kreditbanken im Geschäft mit Firmenkunden, das die UBS nun fortführt.

5. Welche Auswirkungen hätte eine UBS-Flucht für uns als Bürgerinnen und Bürger?

Bei einem Wegzug würde das Schweizer Geschäft der UBS mit Sicherheit fortgeführt werden. Auf das Gros der Schweizerinnen und Schweizer dürfte die Auswirkungen einer UBS-Flucht vernachlässigbar sein. Reiche und Superreiche könnten sich dagegen gezwungen fühlen, ihre Gelder von der Bank abzuziehen und auf andere Finanzinstitute zu verteilen.

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