Möglichst in jeder Situation die Kontrolle über das eigene Leben zu behalten, ist allen Menschen wichtig. Besonders ausgeprägt ist dieser Wunsch bei Unternehmerinnen und Unternehmern – verdanken sie doch ihren Erfolg nicht zuletzt der Fähigkeit, laufend Entscheide von grosser Tragweite zu treffen. Und zwar häufig ganz allein. Was passiert aber, wenn der Chef wegen eines Verkehrsunfalls, eines Herzinfarkts oder eines Hirnschlags plötzlich alle Verantwortung aus der Hand geben muss?

Recht auf Selbstbestimmung

Seit Anfang 2013 gibt es in der Schweiz neue gesetzliche Bestimmungen, die dabei unterstützen sollen, sich umfassend auf solche Situationen vorzubereiten. Unternehmerinnen und Unternehmer können jetzt eine aus rechtlicher Sicht hieb- und stichfeste Notfallplanung betreiben.
Das neu geschaffene Instrument nennt sich Vorsorgeauftrag und ist ein essenzieller Bestandteil des Erwachsenenschutzrechts, welches das frühere Vormundschaftsrecht ersetzt.

Das Ziel der Gesetzesrevision besteht darin, das Recht auf Selbstbestimmung von Menschen zu fördern, die ihre Urteilsfähigkeit verlieren. Ein Vorsorgeauftrag muss wie ein Testament entweder von Hand verfasst sein oder öffentlich beurkundet werden.

Konkret funktioniert das so: Ich erteile jemandem oder auch mehreren Personen den Auftrag, mich in bestimmten Bereichen zu vertreten, sollte ich einmal nicht mehr urteilsfähig sein. Das neue Gesetz bietet nicht zuletzt für KMU eine gute Gelegenheit, sich auf strategischer Ebene zu fragen, wie es mit dem Unternehmen weitergehen würde, falls der Patron mit einem Schlag ausfiele.

Bisher nur Hilfskonstruktionen

Gründe, dieses Thema anzugehen, gibt es viele. Die wichtigsten: Ein Unternehmer, der einen Vorsorgeauftrag erteilt, verschafft sich Gewissheit, dass die Firma in seinem Sinne weitergeführt wird. Und: Durch einen Vorsorgeauftrag erspart er seinen Angehörigen die belastende Situation, Dinge regeln zu müssen, welche sie überfordern könnten, speziell in einer Ausnahmesituation.

Auch bis anhin versuchten viele Unternehmerinnen und Unternehmer, sich auf solche Notfälle vorzubereiten. Sie erteilten dazu Aufträge und Bankvollmachten, ernannten Zeichnungsberechtigte oder formulierten Organisationsreglemente. Doch aus rechtlicher Sicht waren das alles bloss Hilfskonstruktionen.

Zeit für neue Regelungen

Seit das neue Erwachsenenschutzrecht in Kraft ist, sind solche Anweisungen, die bei vielen KMU in einer Schublade liegen, unter Umständen nicht mehr rechtsgültig. Zeit also, eine früher getroffene Notfallplanung gründlich zu überdenken oder sie erstmals zu regeln.

Nehmen wir zum Beispiel den Besitzer und Chef einer Firma für Lüftungstechnik mit 25 Angestellten in der Ostschweiz. Der Unternehmer hat drei Vorsorgeaufträge verfasst: Im ersten überträgt er die sogenannte Personensorge an seine Tochter. Sie soll sich im Fall der Fälle um Fragen wie medizinische Massnahmen und Betreuung im Alltag kümmern.

Der zweite Auftrag betrifft die private Vermögenssorge und wurde einem Treuhänder anvertraut. Die ihm zugedachte Rolle: Vermögen verwalten und die Finanzierung der laufenden Lebenshaltungskosten sicherstellen.

Ganz und gar freiwillig

Den dritten Auftrag schliesslich erteilt der Lüftungsspezialist seinem Stellvertreter im Unternehmen. Er wünscht sich den fähigen langjährigen Mitarbeiter als Nachfolger und überträgt ihm zusätzlich zur Geschäftsführung weiter gehende Kompetenzen wie die Stellvertretung vor Behörden und Gerichten. Vorsorgeaufträge sind ganz und gar freiwillig und können jederzeit wieder aufgehoben werden. Sie verlieren zudem ihre Wirkung, sobald eine urteilsunfähige Person ihre Urteilsfähigkeit zurückerlangt. Wer als Unternehmerin oder Unternehmer auf diese Möglichkeit verzichtet, muss sich der Konsequenzen bewusst sein. Ohne Vorsorgeauftrag bestimmt die Erwachsenenschutzbehörde – so heisst das ehemalige Vormundschaftsamt heute –, wer die geschäftlichen und persönlichen Belange einer urteilsunfähigen Person regeln soll.

Benjamin Vetterli ist Leiter Wealth Planning UBS Schweiz.

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