Die Verkäufe auf dem Schweizer Automarkt sind in den ersten acht Monaten dieses Jahres um knapp 8% zurückgegangen. Ist Herrn und Frau Schweizer der Autokauf verleidet?

Tony Wohlgensinger: 2001 war eines der besten Jahre im Schweizer Autoverkauf, und wir können ganz einfach nicht davon ausgehen, dass es jedes Jahr so gut läuft. Wir budgetierten anfänglich mit rund 300000 bis 305000 Zulassungen, doch jetzt muss damit gerechnet werden, dass in diesem Jahr die Neuwagenverkäufe unter dieser Marke bleiben. Man darf auch nicht vergessen, dass die Rahmenbedingungen der Autokonjunktur derzeit nicht unbedingt allzu positiv sind. Ich denke dabei etwa an die Börsenentwicklung oder an Entlassungen selbst bei bekannten Firmen. Nicht wenige Automobilistinnen und Automobilisten fahren derzeit ihr Fahrzeug länger als ursprünglich vorgesehen. Zudem sind die Automobile in den vergangenen Jahren qualitativ deutlich besser geworden, was eine längere Nutzungsdauer durchaus zulässt.

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Der Wettbewerb und damit der Preisdruck im Schweizer Autohandel ist derzeit recht gross, entsprechend aufwendig ist der Kampf um die Gunst der Kundschaft. Dies spüren auch die Importeure. Doch wie können diese ihre Händler wirksam unterstützen?

Wohlgensinger: Die Aufgabe der Vermarktungsgesellschaften und ich möchte ausdrücklich diese Bezeichnung für die Importeure benutzen ist es in erster Linie, ein Umfeld zu schaffen, in welchem die einzelnen Händler gute Geschäfte machen können. Mit dem Import der Personenwagen aus dem Ausland ist in der Schweiz eine erhebliche Wertschöpfung verbunden. Die Aufwendungen für Import, Marketing, Garantieleistungen, Schulung der Händler, die Ersatzteilversorgung, die Händlermarge sowie die verschiedenen Steuern auf einem Motorfahrzeug machen heute rund 40% des Bruttoverkaufspreises aus. Alle diese Tätigkeiten erbringen eine wirtschaftliche Leistung in der Schweiz, die entsprechend finanziert werden muss. Dazu kommt, dass zahlreiche Aufgaben wie etwa die Werbung oder die Schulung der Händler in der Schweiz wegen der drei Sprachen oder der Kleinheit unseres Landes teurer sind als in anderen europäischen Ländern.

Das Angebot an Modellen pro Marke wird immer vielfältiger. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an das Werkstattpersonal. Was können oder müssen die Importeure unternehmen, um auch in Zukunft über eine schlagkräftige Händlerschaft verfügen zu können?

Wohlgensinger: Die Wartung moderner Autos wird immer aufwendiger, und die richtige Diagnose tritt immer stärker in den Vordergrund. Ein moderner Automechaniker muss heute über umfangreiche Kenntnisse im Bereich der Elektronik verfügen. Entsprechend aufwendig wird die Schulung der Händler durch den Importeur. Gemäss Vorstellungen der EU-Kommission sollen die Händler in Zukunft vermehrt Mehrmarkenvertretungen führen können. Man muss sich allerdings die Frage stellen, wie dies realisiert werden soll, wenn zahlreiche Händler schon Mühe bekunden, das Modellprogramm eines Herstellers umfassend betreuen zu können.

Kann daraus der Schluss gezogen werden, dass diese Liberalisierungsideen kaum zum Vorteil des Kunden erlassen werden?

Wohlgensinger: Die Berufserfahrung spielt heute gerade im Automobilgewerbe eine sehr wichtige Rolle. Der allzu starke Ausbau der Angebotspalette kann dazu führen, dass dem Händler die Aufgabe der Betreuung der Kundenflotte über den Kopf wächst. Vor allem wenn keine qualitativen Standards mehr gelten sollen, wird es äusserst schwierig, eine qualitativ hoch stehende Betreuung der Kundschaft auch in Zukunft zu gewährleisten. Dazu kommt, dass der Kunde heute rasche Dienstleistungen verlangt, konkret, er möchte sein defektes Auto so schnell wie möglich wieder haben.

Die Automobil-Importeure in der Schweiz vereinbarten mit dem UVEK eine Verminderung des Treibstoffverbrauches von Neuwagen von derzeit 8,4 l auf 6,4 l im Jahr 2008 mit einem Zwischenziel von 7,4 l im Jahr 2004. Kann dieses Ziel wirklich erreicht werden?

Wohlgensinger: Uns ging es darum, ein Zeichen zu setzen. Wir wollen einen substanziellen Beitrag zur weiteren Senkung des Energieverbrauches und des CO2-Ausstosses der Motorfahrzeuge leisten. Im Übrigen hat auch die europäische Vereinigung der Autohersteller (ACEA) eine ähnliche Vereinbarung mit den EU-Behörden geschlossen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen allerdings einige Rahmenbedingungen erfüllt sein. So muss der Anteil der Dieselmotoren in Personenwagen steigen, denn diese Aggregate helfen stark mit, das anvisierte Ziel zu erreichen. Zudem muss schwefelfreier Treibstoff verfügbar sein. Zur Sensibilisierung der Autokäuferinnen und -käufer wird ab dem kommenden Jahr zudem die so genannte Energieetikette eingeführt. Diese informiert die Käuferschaft über den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss im Vergleich zu ähnlichen Modellen.

Droht bei Nicht-Erfüllen dieser Norm dann die CO2-Abgabe?

Wohlgensinger: Man muss hier zwei Dinge klar unterscheiden, nämlich zum einen das Energiegesetz und zum anderen das CO2-Gesetz. Beide haben unmittelbar nichts miteinander zu tun. Wir sind überzeugt, dieses Ziel zu erreichen, sodass wir uns derzeit keine weiteren Gedanken über allfällige Sanktionen machen müssen.

Der Ständerat hat in der Herbstsession die steuerliche Entlastung von Dieseltreibstoff und Erdgas beschlossen. Der diesbezügliche Entscheid des Nationalrats steht noch aus. Welche Haltung nimmt «auto-schweiz» in dieser Diskussion ein?

Wohlgensinger: Im Nationalrat wurde das Geschäft so, wie es jetzt aussieht auf die Wintersession verschoben. Unserer Ansicht nach trägt diese steuerliche Entlastung erheblich zur Erreichung des Verbrauchszieles von 6,4 l bei, denn nur wenn der Anteil der Diesel-PW stärker ansteigt, kann das Ziel erreicht werden.

Nun werden aber neue Vorbehalte gegenüber dem Dieselmotor erhoben, und zwar wegen seines Partikelausstosses É

Wohlgensinger: Der Partikelausstoss von Diesel-PW beträgt in der Schweiz lediglich 1,1% des Gesamtausstosses, wie das Buwal ermittelte, während auf Industrie und Gewerbe 35%, auf die Land- und Forstwirtschaft 24%, auf die Haushalte 5% und auf den Schienenverkehr 10% entfallen. Aufgrund dieses äusserst geringen Anteils ausgerechnet den Dieselmotor im PW zu attackieren, kann nur als politisches Manöver taxiert werden.

Das Motorfahrzeug unterliegt nicht nur stetig verschärften Emissionsvorschriften, auch die Kosten beziehungsweise. der Nutzen von PW und Lastwagen ist immer wieder umstritten. Was denken die Importeure zu diesen oft abenteuerlichen Berechnungen der Kosten des Verkehrs?

Wohlgensinger: Im Dezember vergangenen Jahres wurde die einstige Motion Bundi über die Kosten des Verkehrs vom Parlament ad acta gelegt. Was nicht heisst, dass die Diskussion erneut aufkommen wird. Allerdings muss in diesem Fall nicht nur von den Kosten, sondern ebenso vom Nutzen des Personenwagens und des Lastwagens gesprochen werden. Wir haben eine Studie über den Nutzen des Privatverkehrs in Auftrag gegeben, und diese ergab einen erheblichen Nutzen von PW und Lastwagen. Es darf nämlich nicht vergessen werden, dass das Automobil pro Jahr rund 3 Mrd Fr. in die allgemeine Bundeskasse abliefert. Es wäre äusserst wünschenswert, wenn wir in der Schweiz endlich zu einer ehrlichen und fairen Berechnung von Aufwand und Ertrag im Verkehr kommen könnten.