Bernd Schips, der Leiter der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Wirtschaftsprognostikern der Schweiz. Seine Analysen finden in der breiten Öffentlichkeit Beachtung, dienen aber auch als Grundlage für Entscheide in Konzernleitungen und im Bundesrat. Nun tritt Schips, der die KOF seit 1993 leitet und die damit verbundene Professur für Nationalökonomie inne hat, ab: «Offiziell würde ich Ende September dieses Jahres in Pension gehen», sagt Bernd Schips. «Doch nun stehe ich noch bis Ende März des nächsten Jahres zur Verfügung.»

Wie Katharina Poiger, Mitglied des Präsidialstabes der ETH Zürich, auf Anfrage hin erklärt, läuft die Nachfolgereglung an: «Die Ausschreibung der Professur erfolgt in den nächsten zwei Wochen.» Die Position wird international im gesamten deutschsprachigen Raum, aber auch in Frankreich und im angelsächsischen Raum ausgeschrieben. «Bis Ende März dauert die Bewerbungsfrist.» Auch die Berufungskommission steht. Sie setzt sich einerseits aus Vertretern der ETH und anderen Universitäten, anderseits aus Vertretern der Wirtschaft zusammen, muss aber von der ETH-Leitung noch abgesegnet werden. Poiger: «Wir hoffen, die Professur bis zum Ausscheiden von Herrn Schips besetzt zu haben.»

*Gegen politischen Maulkorb*

Brisanz hat die Nachfolge von Bernd Schips nicht nur, weil damit ein hohes Renommee verbunden ist, sondern weil sich Schips regelmässig auch öffentlich zu politischen Fragen und zu einzelnen Branchen und Unternehmen geäussert hat. Mit seinen kritischen Aussagen zur Airline Swiss und den hohen staatlichen Krediten für die Schweizer Fluggesellschaft hatte er sich in der Swiss-Führung kaum Freunde geschaffen. Schips legt Wert auf Unabhängigkeit und hat deshalb Anfragen für Verwaltungsratsmandate stets abgelehnt. Er wehrt sich gegen einen Maulkorb für sich oder seinen Nachfolger. «Kritische Äusserungen haben zwar zur Folge, dass man manchmal verbal Prügel bekommt.» Doch liege in der Unabhängigkeit gerade einer der Vorteile der KOF, sagt Schips. «Da bekommt man eine Einschätzung von jemandem, der nicht wie andere in eine Firma eingebunden ist.»

*Nachfolgefrage auch bei Bischofberger und Koellreuter*

Die Nachfolgefrage stellt sich auch bei zwei anderen prominenten Chefökonomen der Schweiz, bei Alois Bischofberger von der CS Group und Christoph Koellreuter von der BAK Basel Economics. Der 59-jährige Koellreuter erklärt, dass er daran sei, zusammen mit dem Verwaltungsrat eine langfristige Nachfolgeregelung zu erarbeiten. Bischofberger wird in diesem Jahr 60-jährig. Er beabsichtigt, weitere zwei bis drei Jahre im Amt zu bleiben. «Aber es ist schon so, dass diese Frage auch bei uns langsam ein Thema wird», sagt Alois Bischofberger. Konkret angegangen sei die Nachfolgefrage noch nicht.

Ebenso interessant wie die spätere Nachfolge von Alois Bischofberger wird die Frage, inwieweit es die Bankleitung künftig noch wünscht, dass sich ein Chefökonom öffentlich zu wirtschaftspolitischen Fragen äussert. Die UBS hat sich für einen anderen Weg entschieden: UBS-Chefökonom Klaus Wellershoff nimmt kaum zu politischen Fragen Stellung oder flüchtet sich im Zweifelsfall in kaum verfängliche diplomatische Wendungen. Für die Wirtschaftspolitik ist innerhalb der grössten Schweizer Bank längst nicht mehr der Chefökonom zuständig. «Bei uns liefern die Ökonomen die Grundlagen für wirtschaftspolitische Themen», präzisiert UBS-Sprecher Christoph G. Meier. «Stellungnahmen zu wirtschaftspolitischen Fragen erfolgen nicht mehr über den Chefökonom, sondern bei Bedarf über das Management.»

Partner-Inhalte