Reputation ist ein Gut von unschätzbarem Wert. Wir folgen Akteuren mit intaktem Ansehen unbefangener, weil wir gelernt haben, ihrer Leistungsfähigkeit, Kompetenz und Integrität zu vertrauen. Das Themenbarometer zeigt indes: Der Dezember war kein guter Monat. Zu viel wertvolles Reputationskapital wurde vernichtet.

Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Swisscom-Krise (Rang 1), ausgelöst durch den Entscheid des Bundesrats, das Auslandengagement der Telekommunikationsfirma in enge Schranken zu verweisen. Sowohl für die Regierung als auch für das betroffene Unternehmen entwickelt sich die Debatte zum Debakel. Für die hochrentable Swisscom wiegt schwer, dass der Bundesrat in seinem Veto Erinnerungen an die Hunterstrategie der Swissair aufleben lässt und die Firma flugs als «Klumpenrisiko» bezeichnet. Man mag über die Zweckmässigkeit der beschrittenen Auslandstrategie geteilter Meinung sein. Fakt ist: Mit seiner Kraftrhetorik zeichnet der Bundesrat das Bild einer schlecht geführten Swisscom in Besorgnis erregendem Zustand. Der gute Ruf leidet, wertvolles Vertrauen in die Firma wird zerstört, und prompt bricht der Aktienkurs ein.

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Doch nicht minder gross ist der Reputations-GAU unserer Regierung. Die Erfahrung lehrt, dass die Meinung des Bundesrats für den Volksentscheid an der Urne historisch meist den Ausschlag gab. Die Abstimmungen über Avanti, Steuerpaket und AHV-Revision zeigen aber: Die Bundesrats-Trumpfkarte sticht immer weniger. Schuld ist das lädierte Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung. Der in der Swisscom-Krise hinterlassene Eindruck einer unkoordinierten, zerstrittenen und von einzelnen Primadonnen nach Belieben dominierten Regierung wirkt da sicher nicht vertrauensfördernd.

Weitere Themen haben im Dezember Reputationsschatten geworfen. So hat die in Obwalden wuchtig angenommene degressive Steuerreform eine Diskussion über schädlichen Steuerwettbewerb lanciert und die Kantone mit tiefen Steuersätzen in die Schlagzeilen katapultiert (Rang 3). Bei der Fussball-Europameisterschaft 2008 scheinen die Kosten aus dem Ruder zu laufen (Rang 4), es hagelt Kritik. Das Krankenversicherungsgesetz und die AHV erscheinen weiterhin als blockierte Grossbaustellen (Ränge 7 und 9). Und nachdem Roche mit Tamiflu in der Vogelgrippewelle lange die Nase vorne hatte, werden nun Resistenzen gegen das Medikament mit tödlichen Folgen bekannt (Rang 10).

Immerhin zeigen sich auch Lichtblicke: Vorderhand ist die Streikgefahr bei der Swiss abgewendet (Rang 5). Und das Vertrauen in die Schweizer Volkswirtschaft (Rang 2) scheint trotz Innovationskrise (Aufsteiger-Issue 2) langsam zurückzukehren.

Fazit: Der gute Ruf ist ein unersetzlicher Wertschöpfungsfaktor. Es dauert aber Jahre, ihn aufzubauen. Und es genügen Minuten, ihn zu zerstören. Vorbildliches Handeln ist deshalb das Gebot der Stunde. Dazu werden die Firmen nicht zuletzt durch die bevorstehende Aktienrechtsrevision angehalten (Aufsteiger-Issue 1). Denn diese wird die Unternehmen noch stärker auf die Good Corporate Governance einschwören.

Mark Eisenegger ist Leiter Issue Monitoring und Reputationsforschung im Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (FÖG) der Uni Zürich. Er wurde jüngst für sein Buch «Reputation in der Mediengesellschaft» ausgezeichnet.

Adwired entwickelt Lösungen für digitale Unternehmenskommunikation und unterstützt börsenkotierte Firmen mit Systemen für elektronisches Issue und Reputation Management.

Der FÖG der Uni Zürich ist das «Kommunikations-Cern» der Öffentlichkeitsforschung. Er betreibt ein Monitoring von Kommunikationsereignissen unter anderem zur Früherkennung gesellschaftlicher Trends.

Die jüngsten Daten finden Sie auf www.bilanz.ch. Hintergründe zum Issues-Barometer auf www.reputation-management.ch.

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