Dass bei der Vergabe der Fussballweltmeisterschaft 2010 nach Südafrika nicht alles koscher ablief, darüber spekuliert die Sportwelt seit zwei Jahren. Denn während der Fifa-Korruptionsaffäre wurde auch der Vorwurf laut, nur eine Zahlung von 10 Millionen US-Dollar an die ehemaligen Fifa-Spitzenfunktionäre Chuck Blazer und Jack Warner des amerikanischen Fussballverband Concacaf hätte dazu geführt, dass Südafrika die WM ausrichten durfte. Wütende Dementis südafrikanischer Politiker und Sportfunktionäre waren die Folge – die Gelder seien für ein Fussballprojekt bestimmt gewesen, beteuerten sie.

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Nun legen neue Gerichtsdokumente nahe, die der Fussballverband der nord- und zentralamerikanischen und karibischen Fussballkonföderation Concacaf höchstselbst in den USA zu den Akten gab, dass Chuck Blazer und Jack Warner tatsächlich die 10 Millionen Dollar in die eigenen Taschen wirtschafteten und es von Anfang an klar war, wofür der Millionentransfer aufgegleist wurde.

Fifa-Verband prescht vor

Bisher hielten sich die wichtigen Verbandsmitglieder der Fifa mit Schuldzuweisungen zurück. In einer Zivilklage des Verbandes Concacaf vom 17. April werden nun zum ersten Mal von einer der Kontinental-Konföderationen des Weltfussballverbandes diese schwerwiegenden Vorwürfe gegen Ex-Spitzenfunktionäre erhoben.

In der neuen Klage von Concacaf vor einem Gericht in New York gegen seine Ex-Spitzenfunktionäre Chuck Blazer und Jack Warner macht der Verband eine Schadenssumme von 20 Millionen US-Dollar geltend. Es dürfte darum auch kein Zufall gewesen sein, dass kürzlich der Präsident des Südafrikanischen Fussballverbandes (Safa), Danny Jordaan und CEO Dennis Mumble in die Vereinigten Staaten reisten, um einige «Vorfälle und gemeinsame Interessen» zur WM 2010 mit der Staatsanwaltschaft New Yorks zu klären.

Reise nach Marokko

Blazer und Warner sassen 2004 im Fifa-Exekutivkommitee und waren damit mitverantwortlich für den Entscheid, wer 2010 die Fussballweltmeisterschaft ausrichten durfte. Im Vorfeld der Abstimmung über die WM-Vergabe im Jahre 2004 reisten die beiden nach Marokko, wo ein marokkanischer Fussballfunktionär Jack Warner ein Bestechungsgeld in der Höhe von 1 Million Dollar anbot. Warner informierte kurze Zeit später Blazer, er hätte noch ein Bestechungsangebot erhalten: Die südafrikanische Regierung sei bereit, 10 Millionen Dollar an eine Organisation zu überweisen, die von Warner gegründet und kontrolliert würde. Als Teil dieses Deals war Warner bereit, Blazer 1 Million zu überweisen.

Als das Fifa-Meeting für die WM-Vergabe am 15. Mai 2004 über die Bühne ging, schwang Südafrika vor Marokko obenaus. Warner und Blazer stimmten für die Südafrikaner und Warner erhielt die 10 Millionen. Natürlich wollte Chuck Blazer nun seinen Anteil.

Fifa-Offizielle waren dabei

Für den 10-Millionen-Transfer arbeitete Warner offenbar mit hochrangingen Fifa-Offiziellen zusammen. Dies zeigen gemäss der Klageschrift mehrere Briefe, in denen Warner mit Code-Wörtern für den Transfer sorgte, der vordergründig für ein «Hilfsprogramm» der Diaspora der Karibischen Länder war.

Am 7. Dezember 2007 schrieben Blazer und Warner gemeinsam gemäss Klageschrift einem Fifa-Offiziellen eine E-Mail, um sich über die Zahlung zu informieren. Die Gelder flossen dann über Konti, die von Warner im Namen der Concacaf und dem karibischen Fussballverband CFU liefen. In drei Tranchen überwies Warner danach Blazer seinen Anteil in der Höhe von 750'000 Dollar.

Bekannt ist auch, dass der Ex-Präsident des südafrikanischen Fussballverbandes (Safa), Molefi Oliphant, 2008 an Ex-Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke einen Brief schrieb und ihn anwies, die 10 Millionen US-Dollar vom 423-Millionen-Budget des Organisationskomitees der WM 2010 abzuzweigen.

Entwicklungshilfe für Luxusresort

Ein weiterer Punkt in der Klageschrift der Concacaf betrifft die missbräuchliche Verwendung von Fifa-Entwicklungsgeldern für notleidenden Verbände. Jahrelang stand diese Initivative, die der Ex-Fifa-Chef Sepp Blatter anstiess, unter Korruptionsverdacht. Kritiker monierten, damit würden bloss korrupte Chefs von kleinen Fussballverbänden mit undurchsichtigen Strukturen alimentiert.

Wie die Anklageschrift nun zeigt, griff Chuck Blazer offenbar auch in die Kassen von Entwicklungshilfegeldern, die für die Bahamas bestimmt waren. Für Apartements im Atlantis Paradise Resort entnahm er der Kasse 1,4 Millionen Dollar. Er mietete sich und seine Familie auch im Trump Tower in New York auf Kosten des Verbands ein und allein zwischen 2004 und 2011 belastete er seine American-Express-Kreditkarte vom Verband in der Gesamthöhe von 29 Millionen US-Dollar.

Chuck Blazer bekannte sich 2015 in der zentralen Anklage der US-Justiz gegen die Fifa-Machenschaften in allen Punkten für schuldig. Er stand am Anfang der Ermittlungen der US-Behörden gegen diverse Personen aus dem Fifa-Umfeld, die letztlich zum Kollaps des alten korrupten Fifa-Systems führten. Ebenfalls gab er schon damals zu, für die WM in Südafrika Bestechungsgelder erhalten zu haben.