Einbruch der Nachfrage aus China, Fälschungen aus dem Internet, starker Franken: Die Schweizer Uhrenindustrie kämpft an mehreren Fronten gegen rückläufige Verkäufe. 14 Monate in Folge sind die Exporte zurückgegangen (siehe Grafik). Immer mehr Manager sehen die Aussichten der Branche düster. Doppelt so viele befragte Manager wie noch 2015 beurteilen die Lage pessimistisch. Das zeigt eine heute veröffentlichte Studie der Beratungsfirma Deloitte zur Schweizer Uhrenindustrie.



Die Studie zeigt gleichzeitig Chancen auf, wie sich die Schweizer Uhrenbranche zukunftsträchtig aufstellen kann, um dem Druck aus dem Ausland und dem Internet auszuweichen:

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

1. Smartwatch

Smartwatches haben sich innert kürzester Zeit auf dem Uhrenmarkt etabliert. «2016 werden Smartwatches Schweizer Armbanduhren in Sachen Absatzvolumen voraussichtlich den Rang ablaufen», sagt Jules Boudrand, Direktor bei Deloitte Schweiz und Mitautor der Studie. Beim Umsatz lägen die Smartwatches aber noch weit zurück. Schweizer Hersteller sollten die smarten Uhren nicht als Bedrohung wahrnehmen, sagt Boudrand. Vielmehr sollten einige Schweizer Marken diese dazu nutzen, sich von der Konkurrenz abzusetzen und aus ihrem starken Markennamen Kapital zu schlagen. So könnten sie wohlmöglich eine neue, jüngere Zielgruppe ansprechen. Diese jüngeren Kunden könnten so an die Marke gebunden werden und später auf hochwertige, mechanische Uhren umsteigen.

Erste Schweizer Marken haben diese Chance bereits erkannt: Nach Apple war 2015 auch Swatch unter den beliebtesten Marken bei den Smartwatches – neu kam 2016 auf Platz drei Tag Heuer dazu. Weiteres Potential besteht laut Deloitte-Direktor Boudrand vor allem im teuren Segment. Tag Heuer und Frederique Constant setzen in der Preisklasse zwischen 1000 und 2000 Franken bereits auf Smartwatches – andere Marken dürften nachziehen.

2. 3D-Druck

Bereits jetzt setzen viele Luxusuhrenhersteller auf Roboter, um ihre Uhren zusammenzusetzen. Mit fortschreitender Digitalisierung dürften Teile aus dem 3D-Drucker hinzukommen: 64 Prozent der von Deloitte befragten Uhrenfirmen gaben an, dass sie 3D-Druck bereits als Konzept oder zur Herstellung von Prototypen verwenden. «Wir gehen davon aus, dass in Zukunft immer mehr Hersteller mit dieser Technologie fertige Teile produzieren werden», sagt Karine Szegedi, Partnerin und Leiterin Fashion & Luxury bei Deloitte Schweiz. Forschung und Entwicklung zu unterstützen dürfte essentiell werden, um bei neuen Technologien mitzuhalten.

3. Neue Märkte

Während die Nachfrage in Schlüsselmärkten wie Hongkong und China zurückgeht, gibt es neue Märkte mit Potential. Schweizer Uhrenhersteller dürften vermehrt auf die USA und Indien setzen, um zu wachsen. Obwohl die jüngsten Exportzahlen in die USA niedriger als erwartet ausgefallen seien, werde die USA Hongkong als Hauptabsatzmarkt für Schweizer Uhren in diesem und im nächsten Jahr den ersten Rang wahrscheinlich ablaufen, sagt Szegedi von Deloitte (siehe Grafik).



Die Expansion in neue Märkte steht für die meisten Uhrenhersteller eine Top-Priorität dar – das neben der Einführung neuer Produkte, der Reduktion von Kosten und einem starken Fokus auf Forschung und Entwicklung.

4. Online-Verkaufskanäle

Lange wurden sie ignoriert, jetzt dürften auch Schweizer Uhrenmarken vermehrt auf Online-Shops setzen. Die Hälfte der befragten Uhrenfirmen gab an, im nächsten Jahr den Fokus auf Online-Wiederverkäufer zu setzen. Letztes Jahr wollten dies gerade mal 19 Prozent der Unternehmen tun. Der Absatz über diesen Kanal sei laut Deloitte zwar noch gering. Er dürfte aber an Relevanz gewinnen – denn auch der Kunde verlagert seine Einkäufe zunehmend ins Netz.

Redaktorin Caroline Freigang
Caroline Freigangschreibt seit 2019 für den Beobachter – am liebsten über Nachhaltigkeit, Greenwashing und Konsumthemen.Mehr erfahren