Die spanischen Gesetze puncto Familiennamen galten bisher als ziemlich patriarchalisch. Zuerst Papas Name, dann erst der von Mama - so war es Brauch. Millionen «García» und «González» tummeln sich im Land. Jetzt wurden die Regeln geändert - aber mit welchen Folgen?

Wer in Spanien auf Klingelschilder und Postfächer schaut, der sieht doppelt. Denn jeder Spanier hat gleich zwei Familiennamen, an erster Stelle den des Vaters und an zweiter den der Mutter. Bisher zumindest. Denn ab Juli ändert sich laut einer neuen Verwaltungsvorschrift diese uralte, lange als unverrückbar geltende Regel. Eltern Neugeborener dürfen dann selbst entscheiden, welcher Nachname bei der Registrierung des neuen Erdenbürgers vorne und welcher hinten stehen soll. Im traditionsbewussten, oft als Macholand verpönten Spanien kommt dies einer kleinen Revolution gleich.

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Enormer Wandel möglich

Denn die neue Entscheidungsfreiheit könnte auf lange Sicht die kurios hohe Konzentration bestimmter Namen aufbrechen und womöglich eine ungekannte Vielfalt auf den spanischen Namensmarkt werfen. Man stelle sich das vor: Stolze drei Millionen der 46,5 Millionen Spanier heissen García, das sind fast 6,5 Prozent. Zum Vergleich: Den in Deutschland am meisten verbreiteten Nachnamen Müller tragen Schätzungen zufolge gerade einmal 700'000 Bürger - bei einer Einwohnerzahl von 81 Millionen.

Auch viele Prominente sind «Garcías», vom Lyriker Federico García Lorca (1898-1936) über den früheren spanischen Nationalspieler Luis García bis hin zum ehemaligen «GZSZ»-Star Elena García Gerlach. Der Name stammt vermutlich vom baskischen Gartze oder Gartzia ab, was laut örtlichen Webseiten so viel wie «jung» bedeutet. Warum er sich von der nordspanischen Region aus so massiv im ganzen Land verbreitet hat, ist aber unklar.

Dominanz weniger Namen

Dahinter folgen laut staatlichem Statistikamt (INE) González, Fernández und Rodríguez, mit jeweils etwa 1,9 Millionen Trägern. Zehn Namen stehen mehr als eine Million Mal in den Registern, fast 38 Prozent aller Spanier tragen einen von ihnen in ihren Dokumenten.

Die Dominanz dieser Familiennamen führt auch manchmal zu kauzigen Dopplungen, so mancher heisst etwa «Pedro Rodríguez Rodríguez» oder «Marta González González». Die aus dem Altspanischen herrührende Endung «ez» bedeutet dabei so viel wie «der Sohn von», vergleichbar mit dem schwedischen Larsson oder Pettersson.

Mama zuerst

Wer es satt hat, mit einem der spanischen Allerweltsnamen durch das Leben zu laufen, der besinnt sich auf eine persönliche Alternative, um sich von den Hunderttausenden Namenskollegen abzugrenzen.

So nannte sich der langjährige Real-Madrid-Kapitän und spätere Schalke-Stürmer Raúl González Blanco schlicht «Raúl» - selbst sein Trikot verzierte er lieber mit seinem schmucken Vornamen als mit dem wenig originellen González.

Neue Wahlfreiheit

Künftig darf nun also der erste Nachname der Mutter vorne stehen. Der stammt zwar bisher noch von deren eigenem Vater - aber immerhin bringt die neuen Wahlfreiheit langsam Bewegung ins System. Zwar nicht sofort, so sagen Statistiker, aber bei künftigen Generationen würden sich die spanischen Namen dadurch besser verteilen.

Bereits seit ein paar Jahren durften Eltern beim Familiengericht beantragen, den Namen der Mutter an die erste Stelle zu setzen - nur ganz wenige Spanier nahmen diese Mühe aber auf sich. Jetzt müssen sie sich immer entscheiden, da die Automatisierung in der Reihenfolge wegfällt.

Beamter entscheidet

«Die Eltern haben künftig drei Tage Zeit, um die Sequenz der Nachnamen einzureichen. Wenn sie dies nicht tun, dann entscheidet der Standesbeamte für sie», zitierte die Zeitung «El Periódico» die Rechtsexpertin Anna Salort. Dabei soll der Beamte laut Verordnung «im besten Wohl des Minderjährigen» handeln. «Als Werte stehen dabei entweder die alphabetische Ordnung oder die Ästhetik im Vordergrund, die Namen sollen ab jetzt so geordnet werden, wie sie am besten klingen», schrieb die Zeitung «La Verdad».

Feministinnen sehen in der neuen Norm aber vor allem einen Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung. «Aus alter Gewohnheit wurde der Name der Männer denen der Frauen immer vorangestellt», schrieb eine Kommentatorin im Lifestyle-Magazin «Trendencias». «Mit dieser Diskriminierung ist nun endlich Schluss.»

(sda/mbü)