Ich erinnere mich sehr genau an den ersten Marathon meines Lebens, es war der Köln-Marathon 2012. Die letzten Meter über die Deutzer Brücke hatten mir den Rest gegeben, meine Knie pochten, die Salzränder an den Klamotten verrieten: Ich war am Ende.

Ich war eigentlich noch deutlich zu schwer für einen Marathon, aber es musste eben sein. Ich fühlte mich wie Chuck Norris. Die Laufschuhe von Chuck Norris sind ja auch aus echtem Läufer.

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Und ich war glücklich. Nicht nur, weil ich die gut 42 Kilometer hinter mir gelassen hatte, sondern weil ich ein paar noch wichtigere Ziele erreichen konnte. Ich war schon viele Kilos leichter. Und ich war vor allen Dingen beinahe ein Jahr rauchfrei.

Ohne Plan, ohne Pflaster, ohne Yoga

Ungefähr zwei Wochen nachdem ich wieder mit dem Laufen angefangen hatte, rauchte ich meine letzte Kippe. Und fasste danach keine mehr an. Einfach so. Ohne Plan. Ohne Pflaster, ohne Yoga. Ungefähr 30 Sekunden nach mir kamen zwei Freundinnen ins Ziel. Sie fielen sich in die Arme, jubelten und schrien vor Glück. Das war schon sehr herzig und mir kamen ähnlich die Tränen. Wie den beiden. Umständlich kramte eine der beiden Frauen in ihrer Gurttasche herum.

Ich war mir sicher, dass sie ein Gel oder einen Riegel suchte, um wieder etwas zu Kräften zu kommen. Sie zog ein rotes Päckchen aus der kleinen Tasche. Ich kannte es sehr gut. Von damals. In einer Zeit vor der gesunden Zeit. Sie reichte ihrer Freundin eine Zigarette und zündete sich selbst eine an. Nach 42 Kilometern. Direkt hinter der Ziellinie. Nichts liegt näher, als sich angewidert wegzudrehen, sich lustig zu machen, den Kopf zu schütteln. Ehemalige Raucher sind oft die grössten Häme-Meister. Ich setzte mich in eine Ecke. Und beobachtete die beiden Frauen. Sie feierten ihren Erfolg mit einer zweiten Zigarette. Und schliesslich mit einer dritten.

Der Glückseffekt der «Belohnungszigarette»

Plötzlich fiel mir ein, wie ich vor 20 Jahren lief. Damals mal zehn, mal fünfzehn Kilometer. Und immer wenn ich zurück kam, belohnte ich mich mit einer Zigarette. Oder auch mit zweien. Oder dreien. Das tat so gut. Wenn endlich, nach einer Stunde oder langen 90 Minuten, endlich der beissende Rauch wieder die Lungen füllte. Und einem so wunderbar schwindelig wurde. Da hätte ich mir noch eine anzünden können. Und noch eine.

Allein wegen des Glückseffekts der «Belohnungszigarette» lief ich damals. Und freute mich schon auf die Kippe danach. Ich war im Grunde schlimmer als die beiden Marathon-Frauen. Aber sie hielten mir einmal mehr den Spiegel vor. Genau an diesem Tag wusste ich: Ich werde nie wieder eine Zigarette anfassen.

Unmögliche Kombination

Ich würde in dieser Kolumne niemals den Zeigefinger heben. Ich würde niemals den Anti-Rauch-Experten spielen. Aber ich will gerne klar und deutlich sagen: Laufen und Rauchen, das gehört einfach nicht zusammen. Es gibt jedoch eine einfache Mechanik, endlich aus der Sucht zu entfliehen.

Wer den Trick umsetzen kann und wirklich jeden Tag läuft, wird sehr schnell keine Lust mehr auf Zigaretten haben. Man muss, und das ist das kleine Geheimnis, nur in der Tat täglich mindestens eine Stunde laufen. Schon nach einigen Tagen merkt man, dass man gerne mehr, schneller, befreiter laufen möchte.

Störfaktor «Rauchen»

Und das Rauchen stört dabei. Es fängt an zu nerven, denn Körper und Seele wollen mehr. Mehr Leistung, länger, mehr frische Luft, überhaupt mehr Luft. Und so dämlich und wunderbar einfach es klingt, so einfach ist es auch: Lassen Sie die Zigaretten einfach weg.

Nur 0,5 bis 3 Prozent derer, die spontan mit dem Rauchen aufhören, schaffen es clean zu bleiben. Sagt die Statistik. Ich sage: Wer läuft und sehr schnell die Zigaretten verbannt, erhöht die Quote um 90 Prozent! Vergessen Sie all die Pflaster und Hilfsmittel. Denn: Laufen und Rauchstopp in der Kombination reichen.

Verlockungen widerstehen, denn es warten Belohnungen

Die ersten drei Wochen werden ganz sicher ein Kopfkino-Marathon. Immer wieder werden Sie sich nach den Zigaretten sehnen. Sie werden an Tankstellen halten und am Kiosk. Sie werden ins Regal hinter der Kasse gucken und wie von einem Magnet hinter die Kasse gezogen. Wer es schafft, diesem und anderen Magneten für diese schwachen Momente zu widerstehen, wird beim Lauf am nächsten Morgen für seinen Willen mehr als belohnt.

Sie werden erleben, wie ein Waldboden jeden Tag anders duften kann. Weil Sie endlich wieder riechen. Sie werden den Frühling anders wahrnehmen. Sie werden ihn endlich mit allen Sinnen erleben. Sie werden empfindsamer. Und wenn Sie noch im Januar mit dem Laufen anfangen und das Rauchen einstellen, dann wird es der Frühling Ihres Lebens – versprochen!

Sehr schnell werden Sie nicht mehr in Raucherecken sitzen können, um sich mit Ihren Freunden zu unterhalten. Weil Ihnen die Lunge schmerzt. Sie werden sich nach einer Partynacht mit Rauchern zu Hause mehrmals duschen müssen, weil Sie sich selbst nicht riechen können. Und Sie werden es sich gar nicht mehr vorstellen können zu rauchen. Aber...so läuft es!