Sexualität wurde überschätzt, unterschätzt, verdrängt und angebetet in der Geschichte der Menschen. Ihr Wirken, zauberhaftes wie rohes Walten, bleibt trotz aller Forschung rätselhaft. Haben sich die progressiven Teile der westlichen Gesellschaft gerade mit einer homosexuellen Normalität arrangiert, drängen neue Spielarten der Identität in den Fokus.

Transgender etwa. Menschen, deren sexuelle Identität im Widerspruch zu ihrem Geschlecht steht. Bislang ein Randthema, zumeist verdrängt, oft pathologisiert und Stoff für schauerliche Romane («Schweigen der Lämmer»).

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Nun hat die Selbstbestimmung über das eigene Geschlecht ein Vorbild erhalten, dessen Prominenz und Besonderheit dieses Minderheitenthema zur grösstmöglichen Diskussion stellt. Caitlyn Jenner wurde 1949 als Bruce Jenner geboren, gewann 1976 die Goldmedaille im Zehnkampf, ist Ex-Rennfahrer und lebt nun als Frau nach einer Phase hormoneller Behandlungen und kosmetischer Chirurgie. In der kommenden Ausgabe der amerikanischen «Vanity Fair» ziert die Transfrau, (an solche Begriffe müssen wir uns erst gewöhnen) den Titel, inszeniert von der bedeutendsten Fotografin unserer Zeit, Annie Leibovitz.

Massenmedium «Vanity Fair»

Es sind Bilder einer entrückten Schönheit, die den Stolz und das Wagnis dieses öffentlich vollzogenen Schritts abbilden und für Zigtausende von Betroffenen stehen, deren gefühlte geschlechtliche Identität in Spannung zu der ihnen zugeschriebenen Rolle steht.

Die «Vanity Fair» ist ein Massenmedium, das in der Tradition gesellschaftlicher Emanzipationsbewegungen steht, seien es die Kämpfe der Frauen, der Homosexuellen, Farbiger und anderer Minderheiten um Anerkennung und Respekt. Selbst vor diesem Hintergrund sind die Bilder von Caitlyn Jenner herausfordernd.

Noch, denn es ist klar, dass die freien Gesellschaften des Westens sich auch für diese Minderheit mit Verständnis hin öffnen werden. Natürlich nicht sofort alle, aber ein Anfang ist gemacht. Besonders aufregend das Foto in dem vermeintlichen Männerauto schlechthin, einem Porsche 911 GT 3 RS. Den fährt jetzt eine Transfrau. Das ist gut so. Es ist ein Zeichen der Freiheit. Jeder kann leben, wie er mag.

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