In der demnächst anlaufenden siebten Episode von «Star Wars» werden die Jedi-Ritter wieder gegen das Böse kämpfen, um die Galaxie zu retten. Das wohl erfolgreichste Epos der Filmgeschichte ist eine ethische Meditation darüber, wie das Böse zu bekämpfen ist. Die Jedi haben die Verhaltenslehre der Stoa mit der Wehrhaftigkeit des 20. Jahrhunderts verbunden.

Ihre Ruhe ist unerschütterlich, sie spüren die Erschütterungen durch das Böse, aber sie haben gelernt, ihre Affekte zu kontrollieren und zu kanalisieren. Wer Wut und Hass auf seine Gegner empfindet, verliert. Er läuft zur dunklen Seite über. Yoda weiss: Hass raubt dem Kampf die Präzision.

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Zweifel an «Kriegsstrategie»

Der Terror schafft sein Schlachtfeld über eine nihilistische barbarische Grausamkeit, die versucht, den Rest der Welt in seine Niedertracht zu verstricken. Nirgendwo fühlen sich die Glaubenskrieger sicherer als im Krieg, und eben deshalb sollte der Westen genau überlegen, wie und mit welcher Haltung man in einen «Krieg» gegen die Sammlungsbewegung für eine Zeitreise ins Mittelalter zieht.

Die Franzosen haben den Fehdehandschuh aufgenommen und fliegen Luftangriffe auf IS-Hochburgen mit Bomben, auf denen «From Paris with Love» steht. Das folgt der alten Idee von Rache. Bei aller Wehrhaftigkeit darf sich auch der überzeugteste Westler fragen, ob damit die richtige Strategie gefunden wurde.

Frieden als Grundeinstellung

Wer anderen einen Krieg erklärt, muss wissen, wie er ihn gewinnt. Und da hat der zivilisierte, freie und herrliche Westen bislang nicht viel vorzuweisen. Die Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch hat Afghanistan nicht zurückkämpfen können in seine einst tiefe Verbundenheit mit dem Westen und der Moderne.

Im Gegenteil: Die Besetzungen des Landes haben einen zivilisatorischen Scherbenhaufen angerichtet. Soldaten, nicht nur der Bundeswehr, fragen sich nach Jahren in gepanzerten Jeeps und Festungen, was das alles gebracht hat. Ähnliches gilt für den Irak und Libyen.

Das Wort «Krieg» bedrängt das zivile Selbstverständnis des Westens. Der Kriegszustand denkt alles von der Auseinandersetzung her, wir aber sollten möglichst alles vom Frieden her denken und alles, was wir tun, an dessen Durchsetzung messen.

Die Wehrhaftmachung der Demokratie und der Freiheit hat eine im Kern zivile Logik. Die «Radikalisierung der Mitte» will keine Extreme, Hass oder Aktionismus, sondern Mass, Ratio und Prinzipientreue. Den Werten der Freiheit muss an die Wurzeln gegangen werden. Dazu gehört auch die Freiheit, sich selbst zu überdenken und zu korrigieren.

Politischen Nutzen aus Terror schlagen

Diese innere Dialektik ist gewissermassen das Geschenk maximaler Souveränität. Und sie verhindert jene dekadente postmoderne Indifferenz. Am Anfang der Aufklärung steht der universelle Zweifel eines René Descartes. Er bedeutete – wenn man so will – die Bewaffnung des eigenen Verstandes mit einer Vernunft, die das Fundament unseres Erfolgs ausmacht und die der Motor für Emanzipation und Selbstbestimmung bleibt.

Die Barbaren vom IS träumen von einer Welt, die in den Fluten der Vergangenheit untergegangen ist. Jetzt versuchen sie, diese mit einem Blutbad in die Gegenwart zurückzufluten. Damit ist der IS zum Scheitern verurteilt. Seine Kämpfer haben nichts anzubieten ausser ihr «radikales Verlierertum».

Der Terroranschlag trifft in Deutschland auf eine Stimmung, die durch die Flüchtlingskrise aufgeheizt ist. Jetzt kippen die Diskussionen ins Hysterische. Und zwar auf der Linken wie auf der Rechten. Beide Seiten versuchen, im Windschatten des Terrors argumentative Landgewinne vorzunehmen. Die einen, indem sie die Flüchtlinge in die Nähe des Terrors bugsieren, die anderen dadurch, dass sie jene Anschläge zu einer neuen Klimax der Willkommenskultur anfachen wollen. Beiden Seiten mangelt es an der Fähigkeit zur Selbstkritik und zum Selbstzweifel.

Zusammenhalt macht megastark

Dabei läge gerade hier eine Chance. Indem die naiven Wir-schaffen-Dasianer lernen, dass es so nicht weitergeht, und die konservativen Wir-kriegen-nix-Hiner sich öfter fragen, wie die Integration von Bleibeberechtigten gelingen könnte.

Anstatt sich durch den Terror voneinander hysterisch abzustossen, wäre der Versuch, sich gegenseitig zu verstehen, wichtiger als die oft böswillige Neigung, den anderen misszuverstehen. Klingt naiv, schafft aber Grosses: Zusammenhalt macht extrastark.

Rechtsstaat für Feinde der Freiheit

Der Terror hat nie gewonnen. Er wird auch nie gewinnen, wenn sich der Westen und alle, die im Namen der Freiheit leben und lieben, nicht selbst aufgeben. Die erste Reaktion auf den Terror mögen Hass und Zorn sein und auch Rachegesten. Die wahre Schönheit unserer Zivilisation liegt in der selbstkritischen Flexibilität der Strategien.

Denn keine Art von Härte muss ausgeschlossen werden. Im Gegenteil. Die in der Begegnung mit den eigenen Zweifeln abgehärtete Entschlossenheit ist reflektierter, listenreicher, gerissener, populärer – und für tumbe Gegner weitaus gefährlicher. Zum Kampf gegen den Terror kann die Umarmung von Feinden gehören, um sie zu entzweien, ihre Verführung zum Verrat, Diplomatie und Intrigieren.

Und wer so nicht zu bekehren ist, erfährt die Härte des Rechtsstaates. Für Feinde der Freiheit gibt es null Toleranz dank entschiedener Richter, guter Geheimdienste und kühler Strategen beim Militär.

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