Gerade habe ich mir einen grossen Vorrat an Briefpapier, Briefmarken und Postkarten zugelegt. Man sollte so etwas im Haus haben, wenn uns die nächste Cyberattacke trifft. Experten sind sich sicher, dass das, was wir bisher auf diesem Kriegsschauplatz erlebten, nur ein kleiner Vorgeschmack war. Die historische Erfahrung zeigt, dass sogar in den apokalyptischen Phasen des vorigen Jahrhunderts die Post noch halbwegs funktionierte.

Auch heute wird ein Brief seinen Adressaten finden, wenn E-Mail, Twitter, WhatsApp und Co. von der russischen Mafia, bekifften Hackern oder Putin persönlich plattgemacht worden sind.

Allenfalls muss in den Sortierzentren der Kollege Roboter durch menschliche Köpfe und Hände ersetzt werden. Das geht, auch wenn sich das heute viele nicht mehr vorstellen können.

Auch Kraft- und Wasserwerke sollten sich auf Handbetrieb umstellen lassen. Wir fallen nicht in die Steinzeit zurück, wenn das Netz tot ist.

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Schon mal was von Gedankenfreiheit gehört?

Manche Leute ziehen sich bewusst in die Wildnis zurück und versuchen, mit einfachsten Mitteln zu überleben. So wollen sie erfahren, wie sich Leben überhaupt anfühlt.

Diese heilsame Erfahrung sollte man auch auf dem Gebiet der Kommunikation suchen. Wer zum Beispiel wissen will, was Wörter wie «Gedankenfreiheit» oder «Briefgeheimnis» bedeuten, welche existenzielle Erfahrung sie berühren, der muss das Netz verlassen.

Dort gibt es weder Freiheit noch Geheimnis, sondern ausschliesslich Daten, aus denen Verkaufsstrategien oder Bedrohungsszenarien destilliert werden.

Als das «Briefgeheimnis» durch die «informationelle Selbstbestimmung» ersetzt wurde, war es schon vorbei mit dem Geheimnis und mit der Gedankenfreiheit.

Es lebe das gute alte Geheimnis

Und eigentlich auch mit dem Bürger, der als autonomes Individuum frei entscheidet, mit wem er sich austauscht und mit wem nicht und schon gar, wem er sich anvertraut in einem persönlichen Brief, der mit Wasserdampf geöffnet werden muss, wenn ein anderer als der Adressat ihn lesen will.

Cyberattacken erzwingen eine digitale Fastenzeit. Sie können also im Sinne von Entschlackung und Reinigung dem geistigen Stoffwechsel durchaus förderlich sein.

Im Zeitalter der hybriden Kriegsführung ist es sehr hilfreich, wenn die Bürger sich selbst zu helfen wissen und auf reale soziale Netzwerke zurückgreifen können, deren Pflege man nicht vernachlässigen darf.

Der Ausfall der digitalen Netze mag eine Krise, aber er sollte doch keine Sinnkrise sein.

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