Diese Woche ist nach meinem persönlichen Kalender das Jahr des Wolfs zu Ende gegangen, und das Jahr des Schafs hat begonnen. 2014 galt mein Sinnen, Trachten und Schreiben vorrangig dem Wolf. 2015 werde ich dem Schaf widmen. Der Zufall will es, dass auch der Chinesische Kalender das Jahr 2015 unter die Regentschaft des Schafs stellt. Mein persönliches Schafsjahr erhält so eine astrologische Beglaubigung, mit der ich gar nicht gerechnet hätte. Vielleicht sind ja doch kosmische Kräfte am Werk bei dem, was ich so den ganzen Tag treibe.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das Wolfsjahr ging echt wölfisch mit dem Fund eines enthaupteten Wolfskadavers in Brandenburg zu Ende. Schon im Sommer hatte es einen solchen Fund gegeben. Das Landeskriminalamt ermittelt. Wahrscheinlich ist ein Serientäter am Werk. Die Wirklichkeit schreibt gerade ein Drehbuch für einen «Tatort» oder «Polizeiruf». Bei manchem Zeitgenossen kitzeln die Wölfe offenbar Atavistisches hervor. Und sie zeigen uns, was in uns schlummert. Deshalb brauchen wir sie.

Ich bin ziemlich optimistisch, was die Zukunft der Wölfe in Deutschland angeht. Die «Probleme», die sie bereiten, sind doch eigentlich ein grosses Glück: In das dicht besiedelte Industrieland Deutschland kehren die Wölfe zurück, weil wir sie lassen und weil es für sie hier so viele Beutetiere gibt wie seit Jahrhunderten nicht. Wir brauchen nicht in Nationalparks zu gehen, um «Restnatur» zu bestaunen.

Bloss kein Schweigen der Lämmer

Wir haben Wild und grosse Raubtiere gleich um die Ecke. Für mich gibt es nichts Schöneres, als mich mit diesen spannungsgeladenen Verhältnissen auseinander zu setzen. Könnte ich Hirsche und Wölfe nur im Zoo sehen, müsste ich auswandern.

Ich will aber auch nicht, dass die Schafe aus der Landschaft verschwinden und Viehhaltung nur noch in abgeschotteten Ställen stattfindet. Die Schäfer haben schon genug Schwierigkeiten, Weideland zu finden und die bürokratischen Auflagen der europäischen Agrarpolitik zu erfüllen. Wenn jetzt noch der Wolf hinzu kommt, brauchen sie Unterstützung.

So wie es eine breite gesellschaftliche Allianz möglich gemacht hat, dass die Wölfe zurückkehren, muss nun auch die Erhaltung der extensiven Weidewirtschaft zu einer öffentlichen Angelegenheit werden. Erste private Schritte kann jeder Einzelne unternehmen, zum Beispiel, indem er mehr Lammfleisch isst und zwar solches, das nicht aus Neuseeland kommt. Zum Heulen der Wölfe gehört das Blöken der Schafe und nicht das Schweigen der Lämmer.

 Die Kontributoren sind externe Autoren und wurden von bilanz.ch sorgfältig ausgewählt. Ihre Meinung muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.