Nachdem der Sektor über Jahre hinweg durch niedrige Zinsen und neue Wettbewerber stark gefordert war, brachte der Beobachtungszeitraum 2022 - 2023 positive Dynamiken mit sich: Weltweit sind Nettozinsmargen, Gewinne und Eigenkapitalrendite stark gestiegen, wobei die Schweiz durch vergleichsweise niedrigere Zinsen nur teilweise von dieser Entwicklung profitieren konnte. Dieses Fazit zieht der Unternehmensberater McKinsey in seinem heute veröffentlichten Jahresbericht zum globalen Banking.

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Schweizer Banken hinken hinter Gesamtmarkt her

«Wir erleben einen Paradigmenwechsel durch Zinswende, Inflation und weitere grundlegende Faktoren, wie bahnbrechende Technologien und Künstliche Intelligenz. Der Schweizer Finanzplatz hat aufgrund seiner Konstitution eine fast einmalige Ausgangslage, wenngleich wir die durchschnittliche Eigenkapitalrendite in der Schweiz für 2023 stark unter dem weltweiten Mittel sehen», erklärt Christian Zahn, Partner sowie Leiter der Swiss Banking & Insurance Practice und Co-Leiter der europäischen Wealth & Asset Management Practice bei McKinsey.

Für das weltweite Bankwesen waren die letzten 18 Monate das wohl beste Zeitfenster seit 2007, da im derzeitigen Kreditumfeld mitsamt höherer Nettozinsspanne steigende Gewinne verzeichnet werden konnten. 2022 wiesen die Finanzinstitute eine Eigenkapitalrendite von 12% aus. 2023 sind gemäss des Unternehmensberaters 13% zu erwarten. Zum Vergleich: Seit 2010 waren es lediglich durchschnittlich 9%. Global läuft das Bankgeschäft offenbar wie geschmiert: Durch das heutige Zinsumfeld wird sich der Gewinn 2023 global wohl auf 1,4 Bio. US-Dollar belaufen, was eine Verdoppelung seit 2017 darstellt, schreibt McKinsey in seiner Studie. Finanzdienstleister verzeichneten vor dem Hintergrund der Makrotrends einen Rekord und erwirtschafteten 2022 Erträge von insgesamt 6,8 Bio. US-Dollar. Zusätzlich wurden im letzten Jahr weiter Kosten gesenkt. Dadurch erhöht sich auch die Kernkapitalquote der Geldhäuser, die mit einem Wert von 13,8% ein Zehn-Jahres-Hoch erreicht. Allerdings kommt die langfristige Profitabilität von Banken möglicherweise durch das unsichere Wirtschafts- und Zinsumfeld sowie geopolitische und andere komplexe Risiken unter Druck.

Eine weitere Erkenntnis der Studienautoren ist, dass verschiedene Geschäftsfelder bzw. Sektoren sowie die unterschiedliche regionale Ausprägung massive Auswirkung auf die Finanzergebnisse implizieren. «Aufgrund struktureller Unterschiede weist der Schweizer Finanzplatz im Vergleich zu vielen anderen europäischen Märkten höhere Margen auf. Ein starkes Heimatgeschäft ist essenziell, um auf internationaler Ebene profitabel zu sein», ergänzt Christian Zahn die Ergebnisse. Jan Quensel, Partner und Leiter der Swiss Wealth Management Practice bei McKinsey, führt aus: «Die Schweiz profitiert von der fortgesetzten Stärke als grösstes Offshore-Buchungszentrum im Private Banking mit einem Gesamtvolumen von 2930 Mrd. US-Dollar veranlagten Vermögen.»

Herausforderungen für die Zukunft

Der «Global Annual Banking Review»-Bericht analysiert ausserdem die Schwierigkeiten von US-amerikanischen und Schweizer Banken während der letzten zwölf Monate. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund einer Verschiebungstendenz im globalen Banking relevant: Bei drei Kernkomponenten (Bilanzvolumen, Transaktionsgeschäft, Zahlungsverkehr) wächst die Konkurrenz. Nicht-traditionelle Marktteilnehmer übernehmen wie etwa Online-Banken und Crowdlending-Anbieter sorgen für mehr Wettbewerb und bedrängen traditionelle Banken. Somit stehen Banken vor der Herausforderung, sich angesichts des stark veränderten makroökonomischen Umfelds, zunehmender Marktdynamisierung und fortschreitender Technologisierung, neu aufzustellen.

Gleichzeitig benötigt die grüne Transformation signifikante Investitionen. Für die Schweiz schätzt McKinsey das damit verbundene Finanzierungsvolumen auf 700-800 Mrd. CHF bis 2050, z.B. in Bereichen wie Transport, Gebäuden und Energiebereitstellung. Christian Zahn ordnet ein: «Finanzinstitute müssen sich für die enorme vor ihnen liegende Aufgabe wappnen. Denn der nachhaltige Wandel der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn Banken die dafür unerlässliche Finanzierung und Finanzinfrastruktur bereitstellen können. Dies wird den Trend zur Intermediation zwischen produktiven, grünen Investments von Unternehmen bzw. Privatkunden auf der einen Seite und Investoren jeder Art auf der anderen Seite verstärken. Transition im Banking wird eng mit der grünen Transformation verknüpft sein.» (pm/hzb/ajm)