Möchte man gezielt und systematisch personalisieren, ist es unerlässlich, die richtigen und vor allem die relevanten Daten von Kunden zu haben. Nur wird das Vorhaben einer gezielten Datensammlung und -verwendung angesichts des revidierten Datenschutzgesetzes (DSG) und der technischen Entwicklungen ab iOS 14 sowie des geplanten Aus für Third-Party-Cookies durch Google im zweiten Halbjahr 2024 zunehmend zu einer Herausforderung. Wir zeigen, welche Arten von Kundendaten es gibt und wie diese im Rahmen einer Gegenseitigkeitsstrategie beziehungsorientiert gewonnen werden können.

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Personalisierung und, damit verbunden, Marketing Automation liegen im Trend. Das zeigt der «CEX Trendradar» auch 2024. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, Kundendaten zu sammeln und zu verarbeiten. Grundsätzlich wird in diesem Zusammenhang zwischen First-, Second- und Third-Party-Data unterschieden. Eine gute Zusammenfassung liefert das Unternehmen Emetriq, welches zur Deutschen Telekom gehört.

First-Party-Data

First-Party-Data sind unternehmenseigene Daten. Sie werden in unternehmensinternen Tools wie Website-Analytics, CRM-Systemen oder Customer Data Platforms (CDP) gesammelt. Da sie im Unternehmen vorliegen, sind sie die kostengünstigste Variante für Werbetreibende. Sie gelten auch oft als die zuverlässigsten Daten für das Targeting. Beispiele für First-Party-Data sind CRM-Daten und das Nutzerverhalten auf der eigenen Website. Dafür werden Nutzer beim Besuch der Firmen-Website mit einem Cookie markiert und ihr Surf-Verhalten auf der Seite wird erfasst. First-Party-Daten gelten als sehr wertvoll, sind aber durch ihre Herkunft beschränkt auf die Bestandskunden und Website-Besucher, weshalb die Reichweite solcher Daten stark begrenzt ist. Die Daten können etwa zur Reaktivierung oder zum Cross-Selling genutzt werden.

Second-Party-Data

Second-Party-Data sind extern gesammelte Eigendaten oder Partnerdaten, zum Beispiel solche von Werbeplattformen oder Agenturen. Das heisst, die Daten stammen vor allem aus strategischen Partnerschaften oder aus Kampagnendaten, die Aufschluss über Verhaltensweisen, Umfelder, technische Rahmenbedingungen oder Anzahl und Dauer des Werbekonsums liefern. Die Daten werden durch eine externe Quelle (Adserver, DMP und so weiter) gesammelt. Die gemeinsame Nutzung der externen Daten durch die Partner wird in der Regel vertraglich festgelegt (Sharing-Modell). Die Daten sind hoch transparent in Bezug auf Herkunft und Qualität. Die Reichweite und die Datenmenge werden durch das Teilen von Daten mit Partnern erhöht.

Third-Party-Data

Third-Party-Data werden von professionellen Aggregatoren von Daten zur Buchung bereitgestellt. Diese Anbieter erfassen Daten entweder selbst oder erwerben sie in großen Mengen direkt von Publishern und Unternehmen. Um Daten zu erfassen, taggen und tracken Drittanbieter den Traffic oder die Nutzer auf verschiedenen Websites in der Regel mithilfe von Cookies. Die gesammelten Daten werden analysiert und segmentiert. Third-Party-Data sind teurer als First-Party-Data, bieten aber auch eine breitere Informationsbasis, etwa detaillierte Profilinformationen, Kaufinteressen, demografische Daten wie Alter oder Geschlecht, Daten zur Kaufbereitschaft und geografische Informationen wie die Postleitzahl-Gebiete von Nutzern. So stehen über Third-Party-Daten auch Informationen zu Nutzern zur Verfügung, die noch nicht bekannt sind.

Gerade die Nutzung von Third-Party-Data wird durch die Anbieter Apple – durch die Privacy-Funktionen ab iOS 14 – und zukünftig Google – das Unternehmen hat angekündigt, ab dem zweiten Halbjahr 2024 Third-Party-Cookies vor allem im Browser Chrome zu blockieren – stark eingeschränkt. 

Trotzdem schränkt auch das DSG die Nutzung solcher Daten rechtlich erheblich ein. Unternehmen müssen sich also die Frage stellen, wenn sie ihre Kampagnen, Angebote und Services personalisieren wollen, wie sie an relevante Daten kommen, die ihnen die Kunden freiwillig überlassen.

Die US-amerikanische Analystenfirma Forrester hat in diesem Zusammenhang den Begriff Zero-Party Data eingeführt und erklärt, dass es sich dabei um Daten handelt, «die ein Kunde absichtlich und proaktiv mit einem Unternehmen teilt. Das kann folgende Daten umfassen: Preference-Center-Daten, Daten zu Kaufabsichten, zum persönlichen Kontext und zur Art und Weise, wie die Person vom Unternehmen erkannt werden möchte.»

Vorteile von Zero-Party-Daten

Kunden möchten, dass Sie mit Ihnen in Kontakt treten. Dies ist einer der Hauptgründe, warum sie Ihnen bestimmte Informationen zur Verfügung stellen. Neben Forrester hat auch der Systemanbieter Emarsys die bedeutendsten Vorteile von Zero-Party-Daten zusammengestellt:

Qualität und Genauigkeit: Da die Zero-Party-Daten direkt vom Kunden stammen, kann die Bank sicher davon ausgehen, dass der Kunde von ihr hören möchte.

Relevanz: Da Zero-Party-Daten direkt von der Zielgruppe stammen, erfahren Sie anhand der Präferenzen genau, welche Art von Ansprache Ihre Kunden sich wünschen.

Kostenersparnis: Da Zero-Party-Daten bereits in den Bank-Systemen vorhanden sind, ist deren Erfassung sehr kostengünstig. Im Gegensatz zu anderen Arten der Datenerfassung (Second- und Third-Party) fallen für Zero-Party-Daten keine zusätzlichen Kosten an, da die Kunden sie bereitwillig weitergeben.

Konformität: Die Zero-Party-Datenerfassung birgt wenig bis gar keine Risiken hinsichtlich der Konformität, da Sie nicht nur die Quelle der Daten kennen, sondern auch wissen, wie sie erhoben wurden.

Vertrauen ist der Anfang von Allem

Die Nachteile der Zero-Party-Datenerfassung liegen zum einen in einer möglichen Überforderung auf Kundenseite, wenn zu viele Informationen auf einmal abgefragt werden. Zum anderen sind sich Kunden aufgrund der öffentlichen Diskussion natürlich immer mehr bewusst, dass ihre Daten einen Wert haben, für den sie einen Gegenwert in Form bestimmter Vorteile erwarten. Ausserdem bestimmt der Datenschutz stark die öffentliche Debatte in Medien und Politik. Kundinnen und Kunden stellen sich also vermehrt die Frage, welchen Marken sie wirklich vertrauen.  

Angesichts solcher Fakten muss man sich als Zuständiger für Personalisierung im Marketing einer Bank fragen, welche Kunden und Kundinnen dem Unternehmen eigentlich welche Daten wann über sich zur Verfügung stellen – und wovon das abhängt. Im Grunde genommen geben Kunden viele Daten von sich preis, wenn sie das Gefühl haben, dass das Unternehmen mit diesen Informationen anständig umgeht. Auch wünschen sich Kunden ein hochgradig personalisiertes Erlebnis über jeden Touchpoint, den sie nutzen. Laut der Marktforschungsfirma Emarketer kann durch die Bereitstellung dieser personalisierten Erlebnisse eine größere Kundentreue erzielt werden. Mit anderen Worten: Es braucht Vertrauen in den Willen und die Fähigkeit der Bank, Kundendaten zum Nutzen des Kunden zu verwenden. Und Vertrauen entsteht nicht von jetzt auf gleich, sondern wächst mit der Zeit und der Erfahrung.

Wie Vertrauen durch Kennenlernen entsteht

Das hat etwas damit zu tun, wie gut wir als Kunde ein Unternehmen kennen. Es lohnt sich also, sich einmal mit dem Prozess des Kennenlernens auseinanderzusetzen. 

Menschen versuchen immer, Informationen, die sie geben oder erhalten, einzuordnen. Ausserdem haben wir Menschen gelernt, uns nicht über alle Dinge mit jedem auszutauschen. Denn das ist einerseits gefährlich, anderseits ist nicht jede Information für jeden anderen Menschen interessant. Einige Themen sind privater als andere. 

Kennenlernen startet beim Small Talk. Das kennt jeder Bank- oder Versicherungsberater. Vielleicht mit einem ersten Gespräch über Inhalte von allgemeinem Interesse. Und wenn man sich dabei sympathisch findet – und im Falle eines Unternehmens dieses auch noch kompetent wirkt –, dann gibt man vielleicht als Kunde eine zweite Information. Man lässt das Gegenüber quasi auf das nächste Level. 

Die wenigsten Unternehmen machen sich Gedanken darüber, wann sie welche Information vom Kunden erhalten wollen. Ist das notwendige Vertrauen noch nicht hergestellt, kann eine direkte Frage nach bestimmten, sehr intimen Informationen zu ungewollten Gegenreaktionen führen. «Warum wollen sie das wissen? Was geschieht mit dieser Information?» Wir reden in diesem Zusammenhang von der sogenannten «Line of Spookiness». 

Man stellt in diesem Zusammenhang fest, dass das Vertrauen der Kunden der wesentlich limitierendere Faktor ist als alle technischen oder regulatorischen Einschränkungen und dass sich Unternehmen gerade vor dem Hintergrund andauernder kritischer Berichterstattung in den Medien darauf konzentrieren sollten.

Gegenwerte und Reziprozität

Es gilt also, darüber nachzudenken, wann der Kunde bereit ist, welche Information zu liefern.  Anderseits muss man erklären, wofür welche Information benötigt wird. Drittens kann es sinnvoll sein, Gegenwerte zu liefern. Ein Gegenwert ist eine personalisierte Erfahrung oder spezifische, auf den Kunden zugeschnittene Inhalte im Rahmen der Marketing Automation. Wenn das Unternehmen seine Kunden also informiert, dass es ihre Daten benötigt, um ihnen eine bessere Qualität bieten zu können, werden die Kunden diese eher mit dem Unternehmen teilen. Dabei empfiehlt es sich, die Abfrage von Kundendaten als eine gemeinsame Anstrengung herauszustellen, mit der ein besseres Erlebnis erreicht werden kann.

Über diese Möglichkeit hinaus gibt es eine Fülle solcher Gegenseitigkeitsprinzipien. Diese habe ich gemeinsam mit Phil Winters vor knapp zehn Jahren auch ausführlich dargestellt. Hier nur einige solcher Prinzipien und ein paar Anwendungsbeispiele für die Generierung von Zero-Party-Daten.

Auswählen

Manchmal reicht es schon, die einfachsten Vorlieben abzufragen, um dem Kunden das Gefühl zu geben, auswählen zu können. Dafür muss man das Individuum nicht eindeutig identifizieren. Das unabhängige deutsche Webportal Verivox, das die Preise von Energie und Telekommunikation vergleicht, hat dieses Level der «Geben-und-Nehmen-Prinzipien» gemeistert. Nachdem die User sich als Privatperson oder als Geschäftskunde geoutet haben, werden sie automatisch zum richtigen Startpunkt für ihre Recherche weitergeleitet. Gibt eine Privatperson dann noch zusätzliche Fakten an – etwa die Postleitzahl oder die ungefähre Menge an benötigtem Strom – bekommt sie eine Liste mit den Topangeboten für diese Spezifikation. Die Kundin oder der Kunde kann noch mehr auswählen, wenn sie oder er kaufentscheidende Vorlieben angibt, etwa den Wunsch nach erneuerbaren Energien oder nach einer kurzen Vertragslaufzeit.

Verivox nutzt diese Vorgaben, um eine passende Auswahl von Angeboten zu präsentieren – und das, ohne eine große Menge an persönlichen Angaben abgefragt zu haben. Erst wenn sich der Kunde für ein Angebot entschieden hat, braucht Verivox Daten für den Vertragsabschluss. In diesem späten Stadium der Kundenerlebniskette ist man aber auch eher geneigt, etwas von sich preiszugeben, jedenfalls wenn man als Gegenleistung Verivox’ Service bekommt.

Unabhängig von diesem Beispiel eignen sich für dieses Gegenseitigkeitsprinzip aber auch sämtliche Formen der Registrierung, etwa ein themengebundener E-Mail-Newsletter, die Auswahl von Waren im Laden oder die Speicherung von Vorlieben auf Ebene eines Kundenkontos.

Austauschen

Das Austauschprinzip kommt zur Geltung, sobald ein Kunde oder User beginnt, Auskunft über sich selbst zu geben, und er oder sie davon ausgeht, dass diese Informationen aufgenommen und benutzt werden. Normalerweise beginnt der Austausch damit, sich zu identifizieren, sei es mit einer E-Mail-Adresse, einem – gegebenenfalls falschen – Namen oder einer Adresse. Wichtig ist nur, dass das Unternehmen damit den Kunden eindeutig zuordnen und als Individuum ansprechen kann.

Die UBS bietet mit ihrem Portal UBS Kaufpreis Check ein hervorragendes Beispiel dafür: Rein über die Eingabe einer beliebigen Immobilienadresse liefert die Bank eine Bewertung der Lage des Objekts und eine komplette Einschätzung der politischen und steuerlichen Gemeinde, in der sich die Liegenschaft befindet. Meldet man sich mit seiner E-Mail-Adresse an, bekommt man beispielsweise eine Kostenschätzung für die Renovierung sowie eine Kaufpreisschätzung der Immobilie. Mit einem weiteren Klick kann man einen Beratungstermin mit der UBS vereinbaren, ohne dass ein Zwang dazu besteht. Das Unternehmen hat gut verstanden, worum es bei Touchpoints und dem fairen Umgang mit Kundendaten geht. 

Ganz selbstverständlich läuft dieser Austausch von persönlichen Daten und einer Dienstleistung ab, wenn ein Kunde ein Produkt bestellt und der Verkäufer es liefern soll. Gleiches gilt bei Interaktionen in sozialen Medien. Noch mehr Angaben als auf Facebook werden beispielsweise bei der Partnersuche gemacht. Im Austausch für die Chance, einen passenden Partner zu treffen, geben Nutzer sehr viele persönliche Fakten und Vorlieben an. Offensichtlich erwarten sie einen hohen Gegenwert.

Konvertieren

Diese Grundregel wird für Kundenbindungs- oder Bonuspunktprogramme genutzt. Im Tausch für alle Arten persönlicher Daten und für Informationen zu Vorlieben bekommt die Kundin oder der Kunde Punkte. Üblicherweise fallen diese Punkte bei einem Kauf an. Sie haben einen Wert, weil sie später in Güter oder Dienstleistungen konvertiert werden können. Dieser künftige Wert gilt als angemessene Gegenleistung dafür, an unzähligen Touchpoints Informationen sammeln zu dürfen.

Sobald ein Kunde seine Kundenkarte nutzt – sei es, um seinen Punktekontostand online zu checken, um im Internet nach Rabatt-Coupons zu suchen oder beim Einkaufen bei Partner-Organisationen des Kartenherausgebers – hinterlässt er seine Daten. Diese tauscht er wissentlich und freiwillig gegen einen wahrgenommenen künftigen Wert ein. Hier zeigen Kreditkartenunternehmen wie American Express sehr gut, wie ein solcher Aufbau von Mehrwerten gegen Daten funktioniert. 

Fazit: Ehrlichkeit und Transparenz sind Grundlagen 

Laut einem Artikel im «Forbes Magazine» geben über 90 Prozent der befragten Kunden im B2C an, dass die Transparenz einer Marke wichtig für ihre Kaufentscheidung ist. Unternehmen können dabei Transparenz durch Offenheit, Kommunikation und Erreichbarkeit (und darüber, wie responsiv die Mitarbeitenden sind) vermitteln. Transparenz bedeutet auch, dass man bereit ist, seine Fehler zuzugeben und daraus zu lernen. Dabei ist es nicht nur rechtlich wichtig, den Kunden mitzuteilen, wie das Unternehmen mit den geteilten Informationen umgeht und diese schützt. Nur so kommt es zu einer dauerhaften loyalen und damit nachhaltig profitablen Kundenbeziehung. Gerade Banken müssen bei der Beziehungsgestaltung darauf achten, den Kunden oder die Kundin nicht zu früh zu zu vielen Aspekten seines oder ihres Lebens zu befragen, um das Vertrauen, welches durch die Marke aufgebaut wurde, nicht zu gefährden.