Vier Zürcher machen sich auf, mit ihrem ETH-Spinoff eine Fintech-Revolution anzustossen. Ihre KI-Lösung konkurriert den Investmentriesen Blackrock und dessen KI-Lösung Aladdin. Das Zürcher Startup Aisot entwickelte eine mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Plattform, die institutionelle Anlegerinnen und Anlegern beim Planen, Validieren und Rebalancieren ihrer Anlagestrategie unterstützt – in Echtzeit.

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Kleine Freiheit, grosses Projekt

In der «Kleinen Freiheit», einem Zürcher Beizli, fassten drei ETH-Spezialisten 2019 den Beschluss, gemeinsam ihr auf viele Jahre angelegtes Projekt anzugehen: eine KI-Lösung für die Finanzindustrie und die Gründung eines Startups. Vergangene Woche – rund vier Jahre später – hat Aisot Technologies ihre Asset-AI für institutionelle Anlegerinnen und Anleger lanciert. CEO und Co-Founder Stefan Klauser will Aisot zum weltgrössten unabhängigen Anbieter einer Asset-AI aufbauen. Die ETH-Spinoff-Gründer sind sich sicher: Ihr Tool hat das Zeug, die Art des Anlegens zu revolutionieren. HZ Banking hatte da noch ein paar Fragen:

Stefan Klauser, waren Sie schon immer ein Computernerd?

Nein (schmunzelt), aber ich habe von klein auf gern organisiert und aufgebaut. Als Jugendlicher organisierte ich Sportevents in meiner Gemeinde. Später, während meiner beruflichen Karriere, fand ich heraus, dass ich das Unternehmerdasein eine spannende Sache fände. 

Gab es einen klaren Zeitpunkt, ein Aha-Erlebnis?

So richtig habe ich es das erste Mal gemerkt, als ich in der Innovationszusammenarbeit international tätig war. Mit Sandra Tobler, die heute ebenfalls ein Startup hat, habe ich erste Fintech-Reisen an Events organisiert. Als ich in London dann all die Fintech-Startups sah, machte es Klick …

Doch zunächst führte Ihr Weg an die ETH Zürich.

Ja, zuerst bin ich bei der ETH zwischengelandet, habe dort ein Projekt geleitet und dadurch sehr talentierte Computer-Scientists kennengelernt. Mit denen tauschte ich mich aus, und gemeinsam fassten wir den Entschluss, ein Startup aufzubauen. Die Aufgabenverteilung war von Anfang an klar: Sie brachten ihr Computerfachwissen ein, ich mein Entrepreneurship. 

Doch ursprünglich hatten Sie etwas ganz anderes studiert, oder?!

Ursprünglich bin ich Politikwissenschaftler. Ich hatte meinen Schwerpunkt in politischer Ökonomie von Entwicklungs- und Schwellenländern. Ich war bei der Präsenz Schweiz, und dort habe ich viel über Branding und Marketing gelernt. Anschliessend zog es mich in die Innovationsförderung. Hier hatte ich viel mit Startups und innovativen Firmen sowie Hochschulen zu tun. Im Global Science Forum der OECD vertrat ich die Schweiz. An der ETH leitete ich ein Blockchain-Projekt. Am MIT belegte ich 2016/17 «Fintech and Futures of Market». Die dort gemachten Erfahrungen helfen mir heute. Da die Teilnehmerinnen und Teilnehmer online rund um die Welt in allen Zeitzonen verteilt waren und wir zusammen Projekte unter Zeitdruck realisieren mussten. 

Ein Problem hatten Sie nicht auf dem Schirm: Kaum hatten Sie Aisot Technologies gegründet, kam Corona. 

Ja (runzelt die Stirn), mein erster offizieller Arbeitstag für Aisot Technologies als CEO war der 15. März 2020, der Tag des Lockdowns. 

Was brachte Sie und ihre Co-Gründer auf die Idee der Asset-AI?

Zunächst hatten wir zwar eine gewisse Vorstellung von dem, was wir machen könnten. Doch am Ende war es ein sehr klarer Moment: Die beiden Machine-Learning-Spezialisten und Co-Gründer, Nino und Tian, hatten strukturierte und unstrukturierte Daten genutzt, um bessere Volatilitätsvorhersagen zu machen. Damals stützten sie sich auf Bitcoin wegen der besseren Verfügbarkeit der Daten. Ihr Paper erregte Interesse. Sie wurden nach Singapur zu einer Data-Machine-Learning-Konferenz eingeladen. Dort kamen sehr viele Leute auf sie zu, denn sie konnten dank ihrer KI-Vorhersagen die Fehlerquote halbieren.

Und dann?

Sie kamen zurück und fragten: Stefan, was machen wir mit dem? Wir haben ein paar Leute gefragt, ob Interesse für unsere Lösungen vorhanden ist. Die meinten: Auf alle Fälle. Wir beschlossen, eine unabhängige Machine-Learning-Plattform für die Finanzindustrie zu entwickeln.

Bei einem Feierabendbier?

Wir gingen über die Strasse in die Quartierbeiz «Kleine Freiheit» und tranken tatsächlich ein Bier. In der «Kleinen Freiheit» machten wir miteinander ab, was das für ein Commitment ist. Alle waren sich bewusst, dass wir uns auf Jahre verpflichten.

Schöne Geschichte. Und wie läufts?

Wir bauen kontinuierlich auf. Zwei Drittel unserer Kunden kommen aus der Schweiz, ein Drittel aus dem Ausland.

Wer nutzt bisher die Aisot-AI?

Wir haben zum Beispiel einen Kryptoassetmanager aus der Schweiz, ein Family-Office aus Finnland und Kunden in den USA. In einem weiteren Use Case wird unsere Lösung in die digitale Umgebung eines Kunden integriert.

Diese Firma integriert Ihre AI-Plattform in ihre Tools?

Genau. So läuft alles über Integration in bestehende Systeme.

Neben der US-Börse werden auch die europäischen und asiatischen Märkte bald in Ihre AI-Plattform integriert. Doch wie sieht es mit den Kunden aus?

Aisot hat einiges in UK, Luxemburg und Deutschland in der Pipeline. Ausserdem gehen wir in den kommenden Monaten Richtung Mittleren Osten und Asien. Dort ist die Bereitschaft, mit neuen Technologien zu experimentieren, grundsätzlich höher als bei uns.

Wie viele Angestellte hat Aisot heute?

Das Kernteam umfasst zehn Leute bei acht Vollzeitstellen. Sechs von diesen acht Vollzeitstellen sind in Zürich. Zwei Mitarbeitende sind in New York und Zagreb.  

Die Aufbauarbeit bei Startups verschlingt immense Mittel. 

Ja, doch wir sind sehr kapitaleffizient unterwegs. In der Schweiz findet man nicht von Anfang an 10 Millionen Franken an Investitionen. Dafür müssten wir schon in die USA gehen. Doch wir sind hier in Zürich und haben mit rund 2,5 Millionen Franken angefangen. Zunächst müssen wir noch mehr Kunden generieren. Wenn uns das gelingt, verhilft uns das zum nächsten Schritt.

Wem gehört die Aisot Technologies AG heute?

Mehrheitlich ist sie im Besitz der Gründer und des Managements.

Angenommen, ein Tech-Riese kommt und legt ein grosses Bündel Geld auf den Tisch. Wie gross ist die Versuchung, zuzugreifen?

Natürlich fängt man da an, zu überlegen. Wir sind als Board und Management der Firma verpflichtet. Und es geht darum, ob ein Partner die Firma in eine bessere Position bringt. Ob Aisot dadurch weiterkommt. Unser Ziel ist es nicht, einen schnellen Exit zu machen, sondern eine Firma aufzubauen, die global führend ist.

Was wünschen Sie sich?

Dass Aisot Technologies in fünf Jahren der grösste unabhängige Anbieter einer Asset-AI für professionelle und institutionelle Anlegerinnen und Anleger ist.

 

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