Es ist die Multi-Milliarden-Frage für die Schweiz: Wie müssen Regulierung und Aufsicht gestärkt werden, damit die UBS nicht wie einst die CS in eine gefährliche Schieflage gerät? Der Finanzstabilitätsrat (Finance Stability Board, kurz FSB) hat dazu nun neue Vorschläge in seinem jüngsten Schweiz-Bericht vorgestellt. Sie lassen sich auf einen Punkt bringen: Die Aufsicht Finma soll deutlich mehr Mittel und mehr Macht bekommen. Damit schliesst sich das FSB  in wichtigen Punkten den Forderungen der Finma an. 

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Der Finanzstabilitätsrat ist ein Organ, in dem die wichtigsten Aufsichtsbehörden, Notenbanken und Finanzministerien zusammenarbeiten. Daher haben die Vorschläge des FSB Gewicht. 

FSB warnt vor der Grösse der UBS

In einem Punkt widerspricht das FSB UBS-Chef Sergio Ermotti klar: Dieser will nichts davon wissen, dass seine Bank für die Schweiz gefährlicher geworden ist aufgrund der schieren Grösse der UBS. Dagegen meint das FSB, dass die Schweiz gut beraten sei, die Bankenregulierung zu stärken, denn nach der Übernahme der Credit Suisse sei die UBS die Bank, die «weltweit die grösste ist im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt und deren Zusammenbruch schwere Folgen für die Schweizer Wirtschaft und das globale Finanzsystem haben könnte», heisst es im Bericht. 

Die Aufsicht Finma brauche daher mehr Ressourcen für die Beaufsichtigung der neuen UBS, der Mittelbedarf könnte angesichts der Bedeutung der UBS grösser ausfallen, als wenn die Ressourcen für CS und UBS zusammengerechnet werden.

Die Finma soll nicht nur mehr Mittel, sondern auch deutlich mehr Macht bekommen. So verlangt das FSB, dass die Finma die Möglichkeit bekommen soll, das Bankmanagement auf die Strasse zu setzen. «Die Gesetzgebung muss geändert werden, um der Aufsicht diese Macht zu geben», fordert der Finanzstabilitätsrat unmissverständlich. 

Rückendeckung für Forderungen der Finma

Allein die Tatsache, dass die Finma ein Bankmanagement rauswerfen kann, dürfte nach Ansicht der FSB-Expertinnen und Experten schon eine disziplinierende Wirkung auf Banker und Bankerinnen haben, so die Idee. Der Rauswurf soll nach Ansicht der Finanzstabilitätsrates dabei auch schon zu einem frühen Zeitpunkt möglich sein, und nicht erst, wenn eine Bank quasi pleite ist. 

Damit zieht das FSB die Konsequenzen, dass die Aufsicht Finma elf Enforcementverfahren gegen die CS geführt hatte, unter anderem wegen der Skandale um Greensill-Fonds und den Milliardenverlusten mit dem Hedgefonds Archegos. Genützt hat es wenig. Das FSB erachtet Enforcementverfahren als «umständlich», und aufgrund ihrer langen Dauer seien sie nicht geeignet, Missstände schnell zu beheben.  

Das FSB unterstützt in dem Punkt die Forderung der Finma, in der Schweiz ein sogenanntes Senior-Managers-System einzuführen. Vereinfacht gesagt wird hierbei vorab klar geregelt, welcher Manager für was verantwortlich ist. Geht dann in einem gewissen Verantwortungsbereich etwas schief, muss der betreffende Manager dafür geradestehen. Gerade bei der CS bestand laut Finma das Problem, dass viele kritische Entscheide in Gremien gefällt wurden, was die individuelle Zurechenbarkeit von Verantwortung erschwerte. 

Es gibt indes Beobachter am Finanzplatz, die hier einwenden, dass die Finma längst fehlbare Manager abberufen könne. So muss die Finma den Topleuten bescheinigen, Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung zu bieten. Diese Gewähr kann die Finma fehlbaren Topmanagern entziehen. Es fehlten der Finma also nicht die Mittel, sondern primär der Wille, durchzugreifen, lautet oft geäusserte Kritik. Die Finma entgegnet hier stets, dass ihr rechtlich für den Entzug der Gewähr sehr enge Grenzen gesetzt seien.

Aufsicht soll mehr kommunizieren dürfen

Das FSB stützt ferner den Wunsch der Finma, transparenter über ihre Enforcementverfahren kommunizieren zu können. Derzeit darf die Finma nur in Ausnahmefällen über Einleitung oder Abschluss eines solchen Verfahrens berichten. Das FSB will das nun – ähnlich wie zum Beispiel bei der deutschen Bafin – umkehren. Sprich, die Finma darf immer über die Verfahren kommunizieren; die Ausnahme soll sein, dass sie das nicht tut. 

Bei ihrer Aufsichtstätigkeit greift die Finma oft auf externe Wirtschaftsprüfer und Anwaltskanzleien zurück. Auch das ist ein Punkt, den das FSB kritisiert. Die Aufsicht sollte mehr Vor-Ort-Kontrollen und Untersuchungen mit eigenen Truppen durchführen, denn die Wirtschaftsprüfer hätten einen Interessenskonflikt. Aus Sorge, kein Geschäft mehr von der untersuchten Bank zu bekommen, könnten die Prüferinnen und Prüfer zögern, der Aufsicht Missstände bei ihren Kundinnen und Kunden zu melden, so das FSB. 

Die Finma selbst hatte dazu in der Vergangenheit erklärt, die eigenen Ressourcen für Vor-Ort-Kontrollen bereits gestärkt zu haben. Dem Finanzstabilitätsrat scheint das aber noch nicht zu reichen. 

Weiterer Kritikpunkt: Die Schweiz solle die Möglichkeiten verbessern, eine Bank sanieren zu können. Das ist einer der Hauptdiskussionspunkte rund um den Fall der CS: Ob es nicht möglich gewesen wäre, dass die Aufsicht die Kontrolle über die CS übernommen hätte, um sie zu sanieren, und sie so als eigenständige Bank zu bewahren. Da das noch nie zuvor gewagt wurde, haben sich Bund, SNB und Finma dazu entschlossen, die CS für ganze drei Milliarden Franken der UBS zu überlassen, um die CS abzuwickeln. 

Das FSB hatte diese Lösung bereits im vergangenen Oktober kritisiert: Dabei hatte der Finanzstabilitätsrat kritisiert, dass die zuständigen Stellen – also Finma, SNB und Finanzministerium – sich für den Verkauf der Bank entschieden haben, statt die CS zu sanieren oder abzuwickeln. 

Finma soll Banken Reorganisation befehlen können

Um die Sanierungsfähigkeit für eine Bank zu erhöhen, schlägt das FSB vor, dass die Finma nicht nur diese besser plant. Die Aufsicht soll auch hierfür deutlich mehr Macht bekommen. Die Schweiz sollte daher der Finma die Möglichkeit geben, dass die Finma von einer Bank verlangen kann, «ihre Geschäftspraktiken, Struktur oder Organisation» zu ändern, um Hindernisse für eine Sanierung vorzeitig aus dem Weg zu räumen.

Die CS hatte bekanntlich ein Geflecht aus über tausend Rechtseinheiten. Denkt man den Vorschlag des FSB zu Ende, sollte die Finma die Macht bekommen, die CS anzuweisen, diese Struktur zu vereinfachen. 

Interessant ist ferner, was nicht im neuesten FSB-Papier steht: Der Finanzstabilitätsrat bewertet nicht, wie gut die drei zuständigen Stellen Finma, SNB und Finanzdepartement in der CS Krise zusammengearbeitet haben und ob es hier Verbesserungspotential gibt. 

Dagegen hatte der vom Bund bestellte Expertenbericht moniert, dass die Kooperation der drei Stellen zu unscharf geregelt sei, vor allem fehle eine gemeinsame Verantwortung. Im Klartext: Jede Stelle schaut auf sich selbst, niemand hat das gesamte Bild im Auge.

Einen weiteren Punkt erwähnt das FSB ebenso wenig: Ob die UBS mehr Eigenmittel vorhalten soll, um noch sicherer zu werden. Eine Forderung, die vor allem von Wissenschaftlern erhoben wird, wie zuletzt vom KOF-Ökonom Hans Gersbach in der «Handelszeitung».

Als Nächstes wird der Bund erklären, welche Folgen er aus dem CS-Debakel zu ziehen gedenkt. Im April soll der neue «Too-big-to-fail»-Bericht verabschiedet werden, bei dem der Bund Handlungsbedarf in Sachen Grossbankenregulierung diskutiert. 

Holger Alich
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