Die Schweizer Banken sehen sich gerne als führend in ihrer Branche. In der Vermögensverwaltung gilt «Swiss Banking» als weltweites Vorbild, die UBS hat den Anspruch, in der obersten Liga der globalen Banken mitzuspielen. Doch im Kleinen, im Alltagsgeschäft, ist davon leider nicht viel zu spüren. Das zeigt einmal mehr das Trauerspiel um die Einführung des Echtzeitzahlungsverkehrs.

Während Bankkunden und -kundinnen in vielen Ländern bereits Geldüberweisungen tätigen können, die nicht viel länger dauern als der Versand einer E-Mail, herrscht hierzulande noch immer B-Post wie zu analogen Zeiten. Geldüberweisungen dauern Stunden oder werden erst am Folgetag ausgeführt, ausser die Kundinnen und Kunden bezahlen eine hohe Expressgebühr. Und viele Banken schliessen ihre virtuellen Schalter für Zahlungen am gleichen Tag bereits Anfang Nachmittag. Mit dem 21. Jahrhundert hat das wenig zu tun.

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Nicht mehr lange, könnte man meinen. Haben doch SIX und Nationalbank die Zahlungsrevolution ausgerufen. Sie haben ein neues System gebaut, das es den Banken erlaubt, rund um die Uhr Zahlungen in Echtzeit abzuwickeln. Die Maschine läuft, alle Tests sind erfolgreich. Nun müssen sie die Banken nur noch nutzen. Doch die haben keine Lust darauf, wie es scheint.

Nur eine Handvoll Banken will beim Start im kommenden August voll dabei sein, selbst grosse – staatliche – Banken wie die Postfinance sind nicht dabei und setzten nur das vorgeschriebene Minimalprogramm um. Das ist beschämend.

Nichts aus der Vergangenheit gelernt?

Und einmal mehr hat man das Gefühl, dass die Banken meinen, eine sinnvolle Neuerung aufhalten zu müssen, weil sie Margen gefährdet, die mittelfristig eh bald wegfallen werden. Die wenigsten Kunden und Kundinnen werden bereit sein, einen Zuschlag für Echtzeitzahlungen zu berappen, das zeigen die Beispiele im Ausland. Banken, die im Sinne ihrer Kundschaft handeln, sollten von Anfang an auf die paar Franken Mehrumsatz verzichten, die ihre Kundschaft bloss verärgern.

Es scheint, als habe man nichts aus der Vergangenheit gelernt. Vor ein paar Jahren versuchten die grossen Banken, die Zahlungsapps von Apple, Google und Samsung aufzuhalten. Sie scheiterten damit nicht nur kläglich, sondern holten sich auch noch Konkurrenten wie Revolut ins Land oder stärkten Kartenanbieter wie Cornèrcard, die vom Boykott wenig wissen wollten. Nun sehen sie das Kartengeschäft von den Instant Payments bedroht – und setzen wieder auf die gleiche Verzögerungstaktik.

Ja, es gibt gute Gründe, eine vermeintlich harmlose Innovation wie Zahlungen ohne Zeitverzögerung ernst zu nehmen. Wenn das Geld schon nach dem ersten Klick weg ist, bringt das auch Betrüger auf den Plan. Und wenn für eine Autorisierung nur zehn Sekunden zur Verfügung stehen, steigen die Anforderungen an Geldwäschereiprävention und sichere ICT-Systeme. Ein Bankenplatz, der sich als weltweit führend sieht, sollte dazu jedoch imstande sein und nicht weiter an der B-Post festhalten, nur um seine teurere A-Post zu legitimieren.

Michael Heim Handelszeitung
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