Rechnen können hilft in allen Lebenslagen, auch in der Politik. 20 Prozent Eigenkapital für systemrelevante Banken stärken das Vertrauen, das klingt einfach und verständlich. Es wäre vielleicht sogar ein Lösungsbeitrag, wenn er für alle Banken gelten würde und, denn das ist das Problem, wenn wir dafür die nötigen Geber von Eigenkapital finden würden.

Meist hilft schon eine Überschlagsrechnung. Die Bilanzsumme der systemrelevanten Banken betrug Ende letzten Jahres circa 2200 Milliarden Franken. Das Eigenkapital dieser Banken lag bei 140 Milliarden Franken. Bei 20 Prozent Eigenkapitalanforderung müssten es aber 440 Milliarden sein. Es fehlen also gut 300 Milliarden Franken. Woher sollen die kommen?

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Bei der ZKB wäre der Kanton Zürich gefragt, 25 Milliarden einzuzahlen. Bei der Postfinance wäre es der Bund mit gut 15 Milliarden und bei Raiffeisen fehlen circa 40 Milliarden von den Genossenschaftern. Bei der UBS fehlen 200 Milliarden. Alles unter der Annahme, dass die neue UBS keine Gelder an diese Institute verliert, was wohl unrealistisch ist.

Genauso unrealistisch wie die Erhöhung der Eigenkapitalanforderung überhaupt? Die Alternative könnte ja ein Schrumpfen der systemrelevanten Banken sein. Genau das ist in den Augen der meisten Beobachter auch, was wir brauchen: kleinere systemrelevante Banken als heute.

Beim Schrumpfen droht eine Kreditkrise

Um wie viel müssten dann diese Banken schrumpfen, wenn sie mit ihrem heutigen Eigenkapital auskommen sollen? Die Postfinance um 75 Prozent, die ZKB und die Raiffeisen-Gruppe um 65 Prozent und die neue UBS um die Bilanzsumme der heutigen UBS. Eins plus zwei macht eins? Geht das?

Die Wahrheit würde natürlich irgendwo zwischen diesen beiden Extremen von maximaler Kapitalerhöhung und maximalem Schrumpfen liegen. Aber egal wo sich die Realität einmitten würde, auf jeden Fall müssten die betroffenen Banken ihre Ausleihungen parallel zu den Einlagen zurückfahren.

«20 Prozent Eigenkapitalanforderung sind unrealistisch und führen uns direkt in eine gigantische Kreditkrise.»

Das Resultat wäre eine Kreditkrise grossen Ausmasses. Natürlich gibt es Wettbewerb im Schweizer Kreditmarkt. Dennoch ist ungefähr die Hälfte aller Hypothekarkredite von den systemrelevanten Banken begeben worden. Was passieren müsste, wäre eine gewaltige Verschiebung in der Höhe von Hunderten von Milliarden Hypothekarvolumen zu den kleineren Banken, die dann dafür wiederum Kapital bräuchten.

Was sollen uns diese Rechenspiele sagen? Auch wenn die Lösung einfach und verlockend klingt, sind 20 Prozent Eigenkapitalanforderung unrealistisch und führen uns direkt in eine gigantische Kreditkrise. Wollten wir die nicht eigentlich verhindern?

Klaus Wellershoff

Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners, Honorarprofessor an der Universität St. Gallen und regelmässiger Kolumnist der «Handelszeitung». Die in der Kolumne vertretenen Ansichten müssen sich nicht mit jener der Redaktion decken.