Die Mehrheit der unabhängigen Vermögensverwalter trifft ihre Anlageentscheide allein, besonders wenn es um den Aktienkauf in der Schweiz geht. Sobald Assets in Übersee anstehen, setzen sie auf externe Hilfe von Banken und anderen Finanzdienstleistern. Nachhaltigkeit gewinnt zwar an Bedeutung, wird aber nur zum Thema bei der Portfoliokonstruktion, wenn dies Kundinnen und Kunden so wünschen. Ansonsten steht die Performance an erster Stelle.

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Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Hochschule Luzern (HSLU), in der über 160 unabhängige Vermögensverwalter in der Schweiz befragt wurden. Zum Vergleich: Rund 1200 unabhängige Vermögensverwalter haben eine Lizenz der Finma. «Weitere rund 400 Vermögensverwalter wollen sich zusätzlich eine Finma-Lizenz ausstellen lassen», betonte Manfred Stüttgen von der Hochschule Luzern, der die von Vanguard finanzierte Studie mit HSLU-Dozentin Tatiana Agnesens verantwortet. 161 unabhängige Schweizer Vermögensverwalter retournierten den Fragebogen, rund 10 Prozent aller unabhängigen Vermögensverwalter. Dies verleiht den Studienergebnissen eine hohe Glaubwürdigkeit. 

Die Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizerischer Vermögensverwalter VSV-ASG, der Hochschule Luzern und Vanguard durchgeführt. Der VSV-ASG forderte seine Mitglieder zur Teilnahme auf. Die Hochschule Luzern übernahm die akademischen Forschungsarbeiten, und Vanguard unterstützte die Initiative als Sponsor und Vordenker.

Vermögensverwalter entscheiden selbständig

Bei der Asset Allokation (Portfoliokonstruktion) setzen 69 Prozent der Befragten auf interne Tools. Weitere 12 Prozent benutzen zur Hälfte eigene Methoden sowie externe Tools. Nur 5 Prozent verlassen sich ganz auf externe Tools und Dienstleistungen.

Beim sogenannten Rebalancing der Portfolios sind es mit 73 Prozent fast drei Viertel aller unabhängigen Schweizer Vermögensverwalter, die auf eigene Tools setzen und nur 3 Prozent, die konsequent externe Hilfsmittel benutzen. Fazit: Unabhängige Schweizer Wealth Manager agieren mehrheitlich selbständig.

Suche nach mehr Effizienz

Fast die Hälfte der unabhängigen Schweizer Vermögensverwalter planen Prozesse rund ums Portfoliomanagement zu optimieren, um Effizienzgewinne zu erzielen. Die Mehrheit beabsichtigt, mehr externe Tools und Dienstleistungen einzubeziehen, insbesondere bei der Risikobewertung, Portfolioüberwachung und Produkteeignung. Damit bestätigt die Studie Erkenntnisse anderer Forschungen, die etwa eine vermehrte Nutzung von KI-Tools in naher Zukunft prognostizieren.

2023 waren US-Aktien und US-Anleihen Trumpf

US-Aktien waren im vergangenen Jahr auf dem Vormarsch, Obligationen gewannen weiter an Boden. Im Jahr 2023 (Geschäftsjahr 2022) gaben unabhängige Schweizer Vermögensverwalter noch an, in nur einer Anlageklasse übergewichtet zu sein: Schweizer Aktien.

Die für das abgelaufene Jahr zwischen 28. Februar und 27. März neu erhobenen Zahlen zeigen für die Studie 2024 gemäss den Autoren ein verschobenes Bild: «Während sie weiterhin Schweizer Aktien übergewichten, übergewichten die Vermögensverwalter zum ersten Mal in unserer Umfrage auch US-Aktien sowie europäische und US-amerikanische Unternehmensobligationen.»

Mehr Fixed Income

Bei Fixed Income sind Staatsobligationen in allen Regionen weiter untergewichtet, während europäische und US-amerikanische Unternehmensobligationen mehr ins Depot geholt wurden. Alle Kategorien von Obligationen einschliesslich Hochzinsobligationen haben im Vergleich zum Vorjahr einen höheren Anteil an den Portfolioallokationen.

Unabhängige Schweizer Vermögensverwalter investieren am häufigsten direkt in Schweizer Aktien sowie in Staats- und Unternehmensobligationen. Bei Investitionen in Schwellenländer- und Asien-Pazifik-Aktien bevorzugen sie vor allem Fonds/ETFs.

Bei Fixed-Income ziehen sie Fonds/ETFs vor, wenn sie in Schwellenländerobligationen und Hochzinsobligationen investieren. Passive Fonds/ETFs stehen im Fokus, wenn Vermögensverwalter in Aktien der Schwellenländer und des Asien-Pazifik-Raums inklusive Japan investieren.

Besonders Vermögensverwalter, die passiv gemanagte Strategien bevorzugen, ziehen ETFs den Indexfonds vor. Dies gilt sowohl für Aktien als auch für Fixed Income. Der Markt sei unübersichtlich, führt Roger Bootz, Head of Switzerland and Liechtenstein von Vanguard, aus: «Es wird für manch einen schnell einmal unübersichtlich, da es unterdessen mehr Produkte wie ETF und Fonds gibt als einzelne Aktientitel.» Externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, macht also für Vermögensverwalter durchaus Sinn. Manfred Stüttgen hat auch entsprechend leichte Verschiebungen hin zu mehr externer Zuhilfenahme bei Vermögensverwaltern festgestellt. 

Nachhaltigkeit nur auf Wunsch

Wie Manfred Stüttgen und Tatiana Agnesens herausgefunden haben, stellen Nachhaltigkeitskriterien im Anlagejahr 2023 zwar eine Option dar, sind aber nur selten Standard: «In der letztjährigen Studie zeigten wir auf, dass das Interesse von unabhängigen Schweizer Vermögensverwaltern an nachhaltigen Investitionen uneinheitlich war», halten die Studienautoren fest.

In diesem Jahr zeige sich ein ähnliches Bild: Nur 20 Prozent der unabhängigen Schweizer Vermögensverwalter geben an, standardmässig Nachhaltigkeitskriterien bei Anlageprozessen zu berücksichtigen. Dies ist ein Rückgang gegenüber 25 Prozent zum Vorjahr.

Trotzdem, so betonte Stüttgen kürzlich vor den Medien, scheint Nachhaltigkeit an Bedeutung zu gewinnen: «Denn gleichzeitig gaben fast die Hälfte an, auf Wunsch ihrer Kundschaft Nachhaltigkeitkriterien und Impact Investing in die Portfolioplanung einbeziehen.»

Eine weitere Erkenntnis aus der HSLU-Studie: Vermögensverwalter mit Assets under Management (AuM) von über 200 Millionen Franken berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien weitaus öfter als Vermögensverwalter mit geringeren Volumina. «Das liegt auch am Aufwand, den solche Anlagen nach sich ziehen», meint Oliver Maas, Head Global Activities des Verbandes Schweizerischer Vermögensverwalter VSV-ASG, mit Blick auf kleinere Vermögensverwalter.  

In der aktuellen HSLU-Studie haben 28 Prozent der befragten Vermögensverwalter für über 800 Millionen Schweizer Franken Assets under Management (AUM), 19 Prozent zwischen 400 und 799 Millionen Franken, weitere 12 Prozent zwischen 200 und 399 Millionen Franken. Die grossen Wealth Manager vertreten oft Family Offices und institutionelle Anleger.

Der Anteil an kleinen unabhängigen Vermögensverwaltern mit weniger 200 Millionen Franken AUM liegt bei 41 Prozent. Gemäss Studienleiter Manfred Stüttgen habe sich das Sample im Vergleich zum Vorjahr in Richtung grosser Vermögensverwalter verschoben. 

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