In ihrem Ausblick fürs kommende Jahr verbreitet die St. Galler Kantonalbank (SGKB) trotz allen Widrigkeiten im internationalen Umfeld Zuversicht. Die Schweizerische Binnenkonjunktur sei robust. Die leichte Korrektur im Immobiliensektor «tue dem Markt gut», sagt Thomas Stucki, Chief Investment Officer der SGKB, am Donnerstag vor den Medien in Zürich.

SNB baut Devisenreserven ab

Auch der Franken zeige sich 2024 weiter stark und mit einer moderaten Aufwertung gegenüber Dollar und Euro von rund 1 Prozent im Jahr, prognostiziert die SGKB. Damit komme die Exportwirtschaft klar. Die Schweizerische Nationalbank SNB baue ihre Währungsreserven ab und verkaufe Euros und US-Dollar. Damit entledigt sie sich eines Problems: Durch den Aufbau von Devisenreserven ab 2008 schleppt die SNB einen strukturellen Überschuss mit. Diese Liquidität baut sie nun wieder ab. «Offenbar gelingt ihr das, ohne dass der Frankenkurs durch die Decke schiesst», stellt Thomas Stucki fest. Der starke Franken wirke zudem inflationsdämpfend.

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Schweizer Zinsniveau sinkt erst 2025

«Wir schätzen die Zinssituation anders ein als unsere Mitbewerber, die in der Schweiz eine Leitzinssenkung erwarten», meint Thomas Stucki. Seine Prognose: Die Schweizerische Nationalbank SNB werde den Leitzins 2024 nicht senken. «Im kommenden Jahr wird die Nationalbank die Marke um die 1,75 Prozent im Auge behalten.» In der Schweiz sinken die Zinsen erst 2025, schätzt die SGKB in ihrem Forecast. Die SNB sehe – wegen der nur langsam abflachenden Inflation – vorerst von Leitzinssenkungen ab. 

Zinsen sinken in USA und EU nur leicht

Anders beurteilen die Experten der SGKB die Aussichten in den USA. Hier erwartet Stucki ab Juni 2024 ein sinkendes Zinsband, das bis Jahresende bei etwa 3,5 Prozent zu liegen kommt. «Offenbar gelingt es der Federal Reserve, dem Fed, eine sanfte Landung hinzubekommen», so Stucki. Die US-Wirtschaft sei nicht zuletzt aufgrund von Konjunkturprogrammen sehr robust unterwegs. 

Sogar noch ein bisschen früher als das Fed könnte die Europäische Zentralbank EZB die Zinsschraube zurückdrehen, spätestens aber ebenfalls im Juni 2024. Bis Ende des kommenden Jahres liege der Leitzins in der Europäischen Union um die 3 Prozent. «Im Gegensatz zur Finanzkrise und Corona werden die Zinsen diesmal langsam sinken», ist sich Stucki sicher.

Das Zinsniveau im Euro-Raum bleibe höher. Die EZB steckt momentan in einem Dilemma. Nicht nur die heterogene wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen EU-Mitgliedsländer erschweren die Währungspolitik der EZB. Die Inflation ist weiterhin erhöht. Die konjunkturelle Schwäche erfordert jedoch eine Absenkung des Zinsniveaus. Ansonsten kommt es allenfalls zu einer harten Landung und einer Rezession.

Die verlangsamte Konjunktur im EU-Raum – vor allem in Deutschland – veranlasste Stucki und sein Team zu einer Untergewichtung von europäischen Aktien. In diesem Punkt ist sich Thomas Stucki mit Daniel Morris von BNP Paribas einig. Auch Morris und sein Team erachten EU-Aktien als unattraktiv, nicht zuletzt wegen der schleppenden wirtschaftlichen Entwicklung im Euro-Raum.

Aktien werden wieder hip

Dabei schwört Thomas Stucki auf Aktien: «Ob es eine Jahresend-Rally geben wird? Vielleicht. Doch wir sind uns sicher: Wir mussten uns jetzt positionieren, bevor es dann alle anderen auch tun.» Sobald sich Zinssenkungen abzeichneten, könne trotz langsamer Wirtschaftsentwicklung der Aktienmarkt nach oben gehen. Die SGKB hat deshalb den Aktienanteil in den Portfolios ihrer Privatkunden (Basis: ausgewogenes Profil) von 50 auf 55 Prozent erhöht. 

EU-Raum verpasst Investitionen

Doch statt noch mehr Geld in europäische Unternehmen zu investieren, zog es die SGKB vor, für ihre Kunden vor allem in Schweizer Titel und US-Assets zu gehen. Dem EU-Raum fliessen so weniger Mittel zu, was die Wirtschaft schwächt. Kommt es in der EU zur harten Landung? «In den USA scheint dem Fed eine weiche Landung zu gelingen, doch die EU ist regional sehr heterogen», gibt Thomas Stucki zu bedenken. Es zeichne sich ein harter Konjunkturwinter ab. Ein Silberstreif zeige sich jedoch in Deutschland bereits für 2024, selbst wenn momentan noch keine Impulse kämen. Die Musik spielt vorerst auf den US-amerikanischen Märkten. Thomas Stucki meint lächelnd: «Die ganz grossen Tech-Firmen werden von KI am meisten profitieren. Und einige davon haben wir schon in unseren Portfolios.»