Neben den etablierten Parteien buhlen auch kuriose Kleinstparteien und Gruppierungen um die Gunst der Wählerinnen und Wähler. Ein Blick in die bisher eingereichten Kandidatenlisten zeigt: Auch Nichtwähler und Unpolitische möchten in den Nationalrat. Und selbst ein «Präsident» kandidiert.

Gleich mehrere Nationalratskandidaten kokettieren mit ihrem politischen Desinteresse: Im Aargau hofft der Künstler Samuel Peyer mit seiner Liste nichtwähler.ch auf den Sprung ins Parlament, in Zürich die Lehrerin Astrid Hässig mit ihrer Liste «DU Die Unpolitischen».

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 Stimmenthaltung als Akt der demokratischen Willensäusserung

Im Kanton Waadt stellen sich elf, in Neuenburg vier Kandidaten auf der «Liste du Vote Blanc» (LVB) zur Wahl - auf Deutsch etwa «Liste der Leereinleger». Ihr Ziel ist es nach eigenen Angaben, dass die Stimmenthaltung als Akt der demokratischen Willensäusserung anerkannt wird.

Sollten sie in den eidgenössischen Wahlen vom 18. Oktober den Sprung in den Nationalrat schaffen, «werden wir diesen Sitz neutralisieren», sagte der Sprecher der Waadtländer Bürgerbewegung, Jean-Luc Berkovits, der selbst kandidiert, auf Anfrage der sda.  Die Aufgabe des Gewählten wäre simpel: Sich bei jeder Abstimmung enthalten.

«Mit alles und scharf»

Auch ein «Präsident» kandidiert: «el presidente» heisst die Liste des Psychologen Serkan Yavuz, auf der nur er selbst figuriert. Er sei kein Spinner, sondern meine es bitterernst mit seiner Kandidatur, schreibt er auf seiner Webseite. Sein Wahlslogan: «2x Serkan Yavuz mit alles und scharf auf Ihre Liste». Die Stimmenzähler im Kanton Solothurn dürften sich über mit scharfer Sauce verschmierte Wahlzettel allerdings wenig freuen.

Unter den eingereichten Listen finden sich auch Altbekannte wie die Gruppierung Alpenparlament und die Anti-PowerPoint-Partei (APPP), die bereits bei den letzten Nationalratswahlen vergeblich ihr Glück versucht hatten.

Das Alpenparlament, das im Kanton Bern antritt, bezeichnet sich selbst als «eine Gruppe von Freidenkern». Auf ihrer Webseite prangert sie unter anderem die «CO2-Lüge» an und behauptet, die Atomkatastrophe von Fukushima sei sehr wahrscheinlich ein militärischer Anschlag gewesen, um der Welt zu zeigen, «dass Atomkraftwerke eine Gefahr sind».

Gegen langweilige Präsentationen

Die Anti-PowerPoint-Partei, die in Zürich ins Rennen steigt, sieht sich nach eigenen Angaben als Anwältin der schätzungsweise monatlich 500'000 Menschen in der Schweiz, «die bei langweiligen Präsentationen in Unternehmen, in Universität, in Ausbildung zwangsweise anwesend sein müssen». Diese hätten bisher keine politische Vertretung in der Politik gefunden, bedauert die APPP.

Nicht nur die APPP tritt mit eher spezifischen Anliegen an. Wofür sich «Hanf Ueli» Hans Ulrich Flückiger einsetzen wird, dürfte auf der Hand liegen. Gleiches gilt für die Liste namens «Stopp Stau und Blitzerterror - die Autofahrer Liste» von Marco Schläpfer, der hinter der Initiative «140 km/h auf Autobahnen» steht.

Deutlich umfassendere Ziele hat sich die «LOVB - Lösungs-Orientierte Volks-Bewegung» gesteckt, die einen Aargauer Nationalratssitz erobern möchte: Sie strebt nach eigenen Angaben eine Politik an, die das gesamte Wohl aller Lebensbereiche im Auge behält und «die unsere inneren Werte wahrnimmt und die äusseren Strukturen danach harmonisch ausrichtet, so dass wir uns alle wohlfühlen können - in einer sinnvoll organisierten Schweiz».

Ins Parlament möchte auch die Gruppierung «Integrale Politik - Aus der Intelligenz des Herzens». Sie tritt in den Kantonen Aargau, St. Gallen und Genf an. Die Bewegung setzt sich unter anderem für mehr Frieden und «Sinnhaftigkeit fürs Allgemeinwohl» ein. Für «Menschlichkeit, Respekt und konstruktive Zusammenarbeit» engagiert sich die einzige Nationalratskandidatin von mach-politik.ch in Basel-Stadt.

Jung, alt und original

Philosophisch mutet die Walliser Gruppierung «Avenir et reflexions» - etwa «Zukunft und Reflexionen» - an, die mit sechs Kandidierenden antritt. Mit der Liste «Graines de futur» - etwa «Samen der Zukunft» - hofft eine Einzelkandidatin auf Stimmen.

Der junge Bündner Sportgymnasiast Luca Heinrich möchte für die «Patriotisch Liberalen Demokraten» in den Nationalrat einziehen. Laut ihrem Webauftritt steht die Kleinstpartei für «Schweizer Ideale» wie direkte Demokratie, Freiheit und Solidarität und insbesondere für eine «starke Jugend» ein.

«Für die Zukunft der jungen Generation» setzen sich ausdrücklich auch die acht Kandidierenden der «Aktiven Senioren» im Kanton Luzern ein. Ihr Hauptaugenmerk gilt aber dem Kampf gegen «Diskriminierung der älteren Generation», wie sie auf ihrer Webseite schreiben.

Mit einer ganz eigenen Liste will Sarah Bösch nach Bundesbern. Sie hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil sie betrunken Auto gefahren und sich danach auf Facebook über die «krasse Bürokratie» der Polizei beschwert hatte. Danach wurde sie von der SVP ausgeschlossen. Nun kandidiert sie auf der Liste «Sarah Bösch das Original» für einen Nationalratssitz.

(sda/ccr)