Normalerweise ist die mächtigste Frau in der Welt der Notenbanken eher zurückhaltend und bekannt für leise Töne. Nicht so in der vergangenen Woche, als sie mit einer auffällig mutigen Prognose aufhorchen liess: Sie glaube nicht, dass es «zu unseren Lebzeiten» zu einer neuen Finanzkrise komme, sagte Fed-Chefin Janet Yellen vor Medien. Bei vielen Beobachtern sorgte diese Aussage für Unverständnis.
Denn allzu oft lagen Experten mit ähnlich gelagerten Aussagen in der Vergangenheit schon weit daneben. Die Geschichte ist voll von waghalsigen Prognosen mit Blick auf die Finanzmärkte: Bereits Yellens Vorgänger Ben Bernanke lag im Zuge der letzten Finanzkrise des Öfteren fundamental daneben. So beteuerte der frühere Chef der US-Zentralbank noch im Mai 2007: «Wir erwarten nicht, dass die Entwicklung am Subprime-Markt nennenswerte Auswirkungen auf den Rest der Wirtschaft oder das Finanzsystem haben wird.»
Phänomen ist weit verbreitet
Der Rest ist bekannt: Die Finanzkrise nahm am amerikanischen Häusermarkt wegen der zweitklassigen Hypothekenanleihen, die nicht mehr bedient werden konnten, ihren Anfang und frass sich kurze Zeit später durch das globale Geldsystem. Die Weltwirtschaft stürzte in eine Rezession, die Bernanke übrigens selbst Anfang 2008 noch nicht kommen sah. Zur Ehrrettung des Ökonomen sei betont: Auch er war nicht der erste, der falsch lag. Irving Fisher gilt als einer der renommiertesten Wirtschaftswissenschaftler überhaupt – und auch er tappte in die Falle: Nur wenige Tage vor dem berüchtigten Börsencrash von 1929 prophezeite er, die Aktienkurse hätten ein «dauerhaft hohes Niveau» erreicht.
Fehlprognosen gibt es natürlich nicht nur in der Finanzwelt. Ein besonders gefährliches Terrain scheint offenbar auch die Klimawissenschaft zu sein. Vor nicht einmal 50 Jahren warnten Meteorologen nicht vor immer höheren Temperaturen, sondern eisiger Kälte. «Die Luftverschmutzung könnte die globale Temperatur um mehr als drei Grad sinken lassen – ausreichend, um eine Eiszeit auszulösen», sagte nicht nur der amerikanische Professor für Klimatologie und Umweltbiologie Stephen Schneider. Einige seiner Kollegen teilten seine Auffassung.
Unterschätztes Potential bei Daimler
Selbst grosse Erfinder trauten ihren eigenen Errungenschaften keinen allzu grossen Durchbruch zu. Gottlieb Daimler entwickelte das erste vierrädrige Auto mit Verbrennungsmotor – unterschätzte das Potenzial jedoch gewaltig und glaubte: «Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten.» Hauptgrund für seine These: Der Mangel an Chauffeuren.
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