Linda Yaccarino hat jede Menge Herausforderungen. Die grösste ist ihr Boss. Sie ist die Frau an Elon Musks Seite. Die, die Twitter beziehungsweise X zur «Everything-App» machen soll, zur Software also, die alles kann. Kann das Linda Yaccarino?

Sie ist 59 Jahre alt, geborene New Yorkerin und die erste Frau im Chefsessel bei X. Yaccarino ist überzeugt von sich selbst. Das darf sie auch sein, schliesslich hat sie viel erreicht. Sie war fast zwanzig Jahre lang COO bei Turner Entertainment und mehr als zehn Jahre lang Leiterin des Werbeanzeigengeschäfts beim US-Medienunternehmen NBCU, zu dem unter anderem die Fernsehmarken NBC und CNBC gehören.

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Sie besitzt ein riesiges Netzwerk in den umsatzstärksten Firmen der USA. Zudem hat sie viele Connections zu Prominenten, etwa zu Paris Hilton, die jetzt wegen Yaccarino einen Deal mit X eingegangen ist.

Als der Kalender im September Yaccarinos erste hundert Tage als CEO bei X markierte, gab sie erstmals in dieser Funktion ein Interview – an der Code Conference 2023 in den USA. In einem grauen Blazer, mit gelocktem Haar und einer Brille, die sie wiederholt hochschob, ging sie vierzig Minuten lang Fragen aus dem Weg: zu X, zu Elon Musk, zu ihrer Position als Chefin. Statt Zahlen und Statistiken zum Engagement bei X zu nennen, gab sie lange, fast philosophische Antworten und redete sich heraus. Lieber brachte sie das Elon-Evangelium unter die Leute.

«Wenn man sich von Elon Musk zu Dingen inspirieren und anspornen lässt, die man normalerweise nicht für möglich gehalten hätte, landet man an einem Tag wie heute hier und erzählt, was man in nur zwölf Wochen alles erreicht hat», sagte Yaccarino. Die Frage bleibt, ob sie sich als eine der wenigen Frauen im Silicon Valley durchsetzen kann. Genug Selbstvertrauen dafür hat sie auf jeden Fall.

Mächtig machtlos

«Elon und ich reden über alles», sagte einst Linda Yaccarino. Dass dem so ist, lässt sich bezweifeln. Nachdem Musk angekündigt hatte, dass X eine monatliche Gebühr für die Nutzung des Systems verlangen werde, wurde sie gefragt, ob das mit ihr abgesprochen sei. Sie beantwortete die Frage nicht.

Umstritten

In den sozialen Medien ist Linda Yaccarino seit ihrem Antritt als CEO bei X ins Visier von rechtsextremen Verschwörungstheoretikern geraten. Weil sie in Pandemiezeiten öffentlich eine Covid-Impfung befürwortet hatte und Vorsitzende des World Economic Forum (WEF) ist. Auf der Plattform X wird sie oft als «WEF-Puppe» bezeichnet.

Zuversichtlich

Wie lange wird Yaccarino bei X durchhalten? Gegenüber der «Financial Times» sagte sie kürzlich: «Ich habe vor kurzem gehört, dass sein (Elon Musks) Führungsteam mehr als ein Jahrzehnt zusammenbleibt. Ich hoffe also, dass ich noch mindestens neun Jahre und 42 Wochen vor mir habe.»

Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der Handelszeitung, erschienen (Dezember 2023).