An einem Abend in Mexiko führten viel Tequila und Frust über die glorreichen Erfolge jener Zuckerbergs, Bezos’ und dergleichen dazu, dass eine Gruppe junger Leute anfing, sich Geschichten des Scheiterns zu erzählen. Diese Fehleroffenbarung fand rasant Zuspruch und Verbreitung. Was mit «Fuckup Stories» begann, findet heute in Form ganzer «Fuckup Nights» statt. Auf den Bühnen grosser Arenen wird das Scheitern gefeiert. Je grösser der Fehler, desto stärker der Applaus für die öffentlich gezeigte Verletzlichkeit. Dieser boomende Trend der Fuckup Inc. ist derart medien- und marketingwirksam, dass er in die Unternehmen geschwappt ist. Hier lauert jedoch die Gefahr der Fehlerverherrlichung.
Die Gastautorin
Katja Unkel ist Gründerin der Firma Managing People AG, die Führungskräfte und Organisationen berät, coacht und trainiert.
Egal, mit welcher Strategie ein Unternehmen dauerhaften Erfolg erreichen will, es braucht in allen Bereichen immer Mitarbeitende, die einen guten Job machen und zuweilen ihr Bestes geben. Fehler passieren und gehören dazu, keine Frage. Deswegen muss eine Vertrauenskultur etabliert werden, in der Fehler nicht vertuscht, sondern offen besprochen werden. Das ist essenziell; das Besprechen von Fehlern ermöglicht Lernen und Weiterentwicklung. Es kann sehr unangenehm sein, denn eigentlich möchte man das Scheitern nur vergessen und schnell hinter sich lassen. Aber genau dieses Durchschreiten des «Tals der Tränen» ist nötig, um den Lernprozess anzustossen. Durch Verarbeitung findet Entwicklung statt. Dann geht man gestärkt daraus hervor. Wer nur verdrängt, lernt nicht.
Das Einführen von «Fuckup Stories», bei denen Mitarbeitende in regelmässigen Runden über ihre Fehler berichten, ist eine gute Sache. Es hilft, das Scheitern zu enttabuisieren. Das Lernen daraus, mit der dazugehörenden Aufarbeitung, muss ein integraler Bestandteil sein. Sonst kürt man die falschen Helden und Heldinnen. So sehr ein Misslingen menschlich ist und dazugehört, so wenig sollten Fehler mit einem Schulterzucken abgetan oder gar mit Applaus quittiert werden. Der Anspruch muss bleiben, dass man beste Leistung erbringt und dass, wenn es darauf ankommt, eben genau keine Fehler passieren. Das Fördern von Menschen ist nicht umsonst eine zentrale Führungsaufgabe. Es braucht Zeit und Aufmerksamkeit sowie ein Umfeld und Setting, in dem Fehler schadlos bleiben. Sei es, dass man üben kann oder in Begleitung eines Experten in Aktion tritt. Kein unerfahrener Chirurg wird allein am offenen Herzen operieren. Fehler machen und daraus lernen gehören zusammen. Ein offener Umgang mit beidem fördert Fortschritt und Zufriedenheit.