Nicht invasive Operationsmethoden – wie zum Beispiel Bestrahlungen – senken die Rekonvaleszenzkosten und steigern gleichzeitig die Lebensqualität der Patienten. Experten glauben unterdessen, dass die so genannte Stosswellentherapie langfristig zur gebräuchlichsten Methode wird, wenn es darum geht, offene Operationen zu vermeiden. Diese Methode erlaubt es, mittels akustischer Wellen für wenige Nanosekunden an einem ganz bestimmten Punkt im Körper des Menschen einen extrem hohen Druck aufzubauen. So können schon heute Nieren- und Gallensteine innert weniger Minuten förmlich pulverisiert oder aber die Selbstheilungskräfte von lädierten Knochen und Sehnen angeregt werden.
Grosse Medizinaltechnikfirmen wie Siemens oder der ehemalige Flugzeugbauer Dornier befassen sich schon seit Jahren mit der Stosswellentechnik, und bei Dornier in Friedrichshafen ist auch Karl-Heinz Restle mit der Materie in Kontakt gekommen. Der gebürtige Badener arbeitete an einem elektrohydraulischen System, das die Stosswellen durch die Entladung eines Kondensators über zwei unter Wasser befindliche Elektroden erzeugt. Restle, ein gelernter Ingenieur für physikalische Technik, befasste sich eigentlich nur mit der technischen Seite des Projektes. Doch als Dornier von der Elektrohydraulik abrückte, machte er sich 1987 mit dem Ziel selbstständig, die Stosswellentechnologie auf eigene Faust zu kommerzialisieren. Als Firmen- und Produktionsstandort wählte er das nahe gelegene Kreuzlingen.
Das elektrohydraulische Prinzip erwies sich namentlich im Hinblick auf die fortlaufende Miniaturisierung als zukunftsträchtig. Technologisch werden die Trends heute nicht mehr von grossen Konzernen, sondern von der HMT gesetzt. Die Firma beschäftigt 80 Mitarbeiter, ihren Umsatz wird sie im nächsten Jahr vor allem dank dem Nierensteinzertrümmerer Litho Tron von heuer knapp 30 Millionen auf über 40 Millionen Franken steigern.
Venture-Capital haben Restle und seine drei Teilhaber nie in Anspruch genommen. «Wir konnten immer aus eigener Kraft wachsen», sagt Karl-Heinz Restle. Doch jetzt, so der 47-Jährige, sei ein grosser Sprung nach vorn fällig. Begleitet von der CSFB, die schon das erfolgreiche IPO der Actelion über die Bühne gebracht hat, will er noch in diesem Winter an den SWX New Market gehen. Das neue Geld soll unter anderem in den Aufbau des weltweiten Vertriebs fliessen. Gleichzeitig will Restle für seine Technologie neue Anwendungsfelder erschliessen. Denn in der Grundlagenforschung gilt es als erwiesen, dass sich die Stosswellentechnik auch für die Heilung von Stoffwechselstörungen und für die Bekämpfung von Tumoren eignen kann.
«Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt», sagt Karl-Heinz Restle. Das gilt auch für das Firmenwachstum. In fünf Jahren will HMT in der gleichen Liga wie Straumann oder Stratec spielen. Heutiger Jahresumsatz von Stratec: eine Milliarde Franken.
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