Dass das Media-Streaming eine Technologie ist, welche die Echtzeitübertragung von Audio- und Videodateien im Internet ermöglicht, hat Ben Weinberg bis vor zwei Jahren allenfalls vom Hörensagen gewusst. Als studierter Jurist und Geschäftsleitungsmitglied des familieneigenen Modegeschäfts lagen ihm solche Dinge fern. Doch dann gelang es seinen beiden heutigen Partnern, Oliver Schibli und Michael Wurmser, ihn als Mitgründer, Investor und CEO für das Jungunternehmen itvmedia.com zu gewinnen www.itvmedia.com. Seither ist der New-Economy-Neuling ein Fan: «Das Streaming ist die Zukunft des Internets.»

In den ersten Monaten nach dem Start arbeitete die Jungfirma an einem Verfahren, das Audio- und Videodateien so vorkomprimierte, dass sich mit der gängigen Player-Software eine höhere Bild- und Tonqualität erzielen liess. Damit versuchten Weinberg und seine Partner, ein öffentliches Portal für Film- und Videoinhalte aufzubauen. Ein Fehler, wie sich herausstellte: «Schöne Bilder machen noch kein Geschäft.» Weinberg reagierte: Im Herbst 1999 blies er die Portalübung ab und machte sich auf die Suche nach Firmen, denen das Know-how der itvmedia.com einen echten Mehrnutzen bringen konnte. «Es war an uns, für unsere Kunden Geschäftsmodelle auszuarbeiten», sagt Weinberg.

Die Neustart gelang: Schon wenige Wochen nach der strategischen Umorientierung konnte itvmedia.com die Nachrichtenagentur Reuters als Kunden gewinnen. Mit der Aufbereitung des Reuters-News-Reports für das Web hat itvmedia.com den Briten ein neues Geschäft eröffnet: Sie können ihre Inhalte nun auch grossen Webportalen wie Yahoo anbieten.

Ermutigt von diesem Durchbruch, entwickelte itvmedia.com eine Streaming-Applikation für den internen Gebrauch von Grossfirmen. Auch hier mit Erfolg: Im Frühling dieses Jahres installierten die Techniker von itvmedia.com bei der Credit Suisse die erste neue «Corporate TV»-Lösung. Wenn heute ein CS-Manager der Belegschaft einen neuen Mitarbeiter vorstellen will, kann er das vor seiner Bildschirmkamera tun. «Das spart Zeit und Kosten», kommentiert Weinberg.

Wer im Internetbusiness mit solchen Kunden aufwartet, braucht auch die Risikokapitalisten nicht mehr zu bitten. Nur drei Monate nach dem Reuters-Deal generierte Weinberg in einer ersten Finanzierungsrunde drei Millionen Franken. Geld, das er vor allem in den Aufbau eines hochprofessionellen, international erfahrenen Managements steckte. Das gab neuen Schub, und deshalb läuft dieser Tage bereits die nächste Runde: Diesmal sollen sogar satte 15 Millionen Franken in die Firma fliessen. Plausible Investitionen, denn das Wachstumspotenzial des Media-Streamings ist enorm. Dank Breitband und benutzerfreundlichen Technologien dürfte der gesamte Markt, der heute noch kaum eine halbe Milliarde Dollar schwer ist, bis ins Jahr 2004 auf über zehn Milliarden Dollar anwachsen.

20 Personen beschäftigt die itvmedia.com unterdessen, und mit dem frischen Geld will sie jetzt ins europäische Ausland expandieren. Zusätzlich zur bestehenden Niederlassung in New York sollen Büros in München, London und Paris aufgebaut werden. Trotzdem will Weinberg «schon bald» schwarze Zahlen schreiben, weshalb er auch noch kaum Gedanken an einen Börsengang verschwendet.

Muss er auch nicht: Denn im Gegensatz zu zahlreichen anderen Firmen, die seit Jahren mit gigantischem Kapitaleinsatz die vollständige Verschmelzung von Internet und TV anstreben – in der Schweiz beispielsweise die Zuger Fantastic oder die Lausanner Lysis – setzt itvmedia.com auf die clevere Nutzung von bestehenden Technologien.

Ben Weinberg mag nicht darüber urteilen, welches Geschäftsmodell letztlich das erfolgreichere ist. Gewitzt durch die eigene Erfahrung mit Angeboten, für die noch kein Markt besteht, meint der frühere Modehändler nur: «Man kann auch mit einem konservativen Ansatz Erfolg haben.»
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