Zurück zur Normalität» scheint das momentane Credo zu sein. Auch wenn die zweite Welle weiterhin im Hinterkopf bleibt, ist dies natürlich in vielerlei Hinsicht ein positives Zeichen: Kinder gehen wieder zur Schule, Restaurants dürfen wieder Gäste empfangen und viele Unternehmen können endlich wieder Umsatz generieren.

Doch in gewissen Bereichen wäre die Rückkehr zum gewohnten Vorkrisen-Alltag eine verpasste Chance. Denn Corona hat neuen Arbeitsweisen zum Durchbruch verholfen. Die meisten BüroarbeiterInnen der Schweiz wurden Mitte März ins Homeoffice beordert, viele mussten sich da zuerst einmal um Grundlegendes kümmern, bei Galaxus, Brack und Co. war  die Homeoffice-Ausrüstung schnell mal ausverkauft. Von technischen Komplikationen über Kinder, die ins Webmeeting hineinspazierten, bis zu Führungskräften, die plötzlich nicht mehr wussten, wie sie ihre Teams führen sollten: Dementsprechend waren die Herausforderungen am Anfang gross.

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Positive Homeoffice-Bilanz

Doch mittlerweile sind drei Corona-Monate ins Land gezogen. Und es scheint, als hätten wir uns an die neue Arbeitsweise gewöhnt. Im Homeoffice-Barometer von GFS Bern gaben 80 Prozent der Befragten an, dass sie auch nach der Pandemie im Homeoffice arbeiten wollen. Bei einer Swisscom-internen Umfrage erklärten sich gar 90 Prozent der Befragten mit der Situation im Homeoffice zufrieden oder sehr zufrieden.

Mitarbeiter fragen sich, warum sie eigentlich wieder ins Büro zurückbeordert werden.

Auch der Tenor aus meinem beruflichen und privaten Umfeld ist klar: «Wir sind im Homeoffice produktiver». Die Pendelei fällt weg, man kann sich besser konzentrieren, selbst viele Eltern berichten, Familie und Beruf besser unter einen Hut bringen zu können.

Nur wenige Firmen fragen Mitarbeiter nach ihrer Meinung

Während einige Firmen wie Twitter bereits verkündet haben, dass ihre Mitarbeiter in der Zukunft nicht mehr ins Büro gehen müssen, falls sie lieber remote arbeiten, sind hiesige Unternehmen aber noch relativ zurückhaltend. Bis jetzt gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich mobiles Arbeiten langfristig und grossflächig etablieren wird. Die Swisscom ist bisher das einzig bekannte Unternehmen, das zumindest ihre Mitarbeiter um ihre Meinung gebeten hat.

Mitarbeiter fragen sich mittlerweile vermehrt - auch auf sozialen Netzwerken wie LinkedIn - wieso sie eigentlich schon wieder ins Büro zurückbeordert werden, obwohl der allgemeine Tenor rund ums Homeoffice ja positiv ist. Ausserdem vermindert eine Homeoffice-Policy ja auch die Wahrscheinlichkeit von neuen Ansteckungsketten.

Sherpany lanciert ein neues Mobile-Work-Modell

Es ist schade, dass viele Firmen zur Vorkrisen-Normalität zurückkehren werden. Denn würde man sich jetzt um eine neue Zukunft mit vermehrt mobilem Arbeiten kümmern - würden nicht nur Mitarbeiter, sondern eben auch Unternehmen profitieren. Erstens kommen produktivere und motivierte MitarbeiterInnen natürlich dem Unternehmen zugute. Zweitens wird das Angebot von flexiblen Arbeitsmodellen auch im Kampf um die besten Talente ein Wettbewerbsvorteil darstellen. Und drittens können Unternehmen langfristig Büro- und Reisekosten sparen, was gleichzeitig auch noch der Umwelt zugute kommt.

Aus diesen Gründen werden wir das mobile Arbeiten bei Sherpany liberalisieren und ausbauen. Das geplante Konzept sieht vor, dass die Mitarbeiter voraussichtlich zwei Tage pro Woche in die Büros kommen, und über die restlichen drei Tage selbst bestimmen können, von wo aus sie arbeiten wollen. Dabei verstehen wir unter mobilem Arbeiten nicht nur das Homeoffice, sondern viel allgemeiner das ortsunabhängige Arbeiten. Somit verändert sich auch die Rolle des Büros, das so vermehrt zur Begegnungszone wird, wo eben dieser physische Austausch innerhalb und zwischen Teams stattfinden kann. So fühlt sich auch kein Mitglied isoliert.
 

Bei Sherpany kommen Mitarbeiter künftig zwei Tage ins Büro und bestimmen selbst über die restlichen drei Tage.

Der rasche Umstieg ins Homeoffice kam für viele Führungskräfte einem Kontrollverlust gleich: Arbeitszeit und Anwesenheit - noch immer der wichtigste Messwert für den Erfolg eines Mitarbeiters in vielen Unternehmen - konnten plötzlich nicht mehr vollständig überprüft werden. Plötzlich wurde gegenseitiges Vertrauen und vollständige Transparenz zu einem wichtigen Merkmal. Zurzeit wird die die Spreu vom Weizen getrennt: Konventionelle, mittelmässige Manager, die mit dieser neuer Situation nicht klarkommen, werden es in Zukunft noch schwerer haben und müssen sich anpassen.

Agile Führung basiert hingegen auf Vertrauen und Eigenverantwortung. Teams definieren klare Ziele, führen diese dann möglichst autonom aus und werden an den Resultaten beurteilt - und eben nicht nach Anwesenheit.

Gegen das Gefühl der Isolation

Mobiles Arbeiten braucht auch klare Rituale, damit die dezentrale, ortsunabhängige Zusammenarbeit funktioniert und eine effiziente Kommunikation und Entscheidungsfindung sichergestellt werden kann. Die Rolle von Meetings ist dabei zentral: sind sie gut, verbessern sie die Zusammenarbeit und nehmen den Menschen das Gefühl von Isolation, was beim Arbeiten von zuhause ein wichtiger Punkt ist.

Viele haben erst während der Corona-Zeit gemerkt, wie unnötig und unproduktiv viele ihrer Sitzungen zuvor gewesen waren. Dafür war dieser Tapetenwechsel notwendig. Tatsächlich zeigen Studien, dass schlecht organisierte Sitzungen ein enorm kostspieliges Problem in der Unternehmenswelt darstellen. Der führende Meeting-Wissenschafter, Steven Rogelberg, sagt, dass 50 Prozent der Sitzungszeit unproduktiv ist und ein Bericht schätzt die verschwendeten Kosten in der Schweiz auf 33 Milliarden Franken.

Die gute Neuigkeit ist jedoch, dass schlechte Meetings per se nicht als Teil des Arbeitslebens akzeptiert werden müssen. Bei Sherpany haben wir das sogenannte Azend-Framework entwickelt, welches die neuesten Erkenntnisse der Meeting-Wissenschaft mit unserer langjährigen Erfahrung kombiniert. Es basiert auf zehn Prinzipien, die Meetings produktiver machen und die Entscheidungsfindung beschleunigen.

Viele potenzielle Investoren - vor allem Venture Capitals - zeigen sich in der Krise opportunistisch und wollen die Konditionen zu ihrem Vorteil verbessern.

Corona war auch ein Katalysator für die Digitalisierung. Covid-19 hat vielerorts CEOs, CTOs, CDOs oder COOs als zentrale Treiber für die Einführung von neuen Tools abgelöst. Viele Unternehmen waren auf das mobile Arbeiten schlecht vorbereitet und mussten Hals über Kopf neue Tools wie Zoom, Teams oder Slack einführen, um die Geschäftskontinuität sicherzustellen.

Diesen Digitalisierungsschub haben wir auch bei Sherpany erlebt. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir uns schon seit Jahren auf die Entwicklung einer innovativen Tech-Lösung spezialisieren. Die Nachfrage nach unserer Meeting Management Software ist um 30 Prozent gestiegen und wir konnten sogar mitten in der Krise unsere Series B Finanzierungsrunde in zweistelliger Millionenhöhe abschliessen. Viele potenzielle Investoren - vor allem Venture Capitals - zeigen sich in der Krise opportunistisch und wollen die Konditionen zu ihrem Vorteil verbessern. Daher haben sich für uns diejenigen Investoren herauskristallisiert, die wirklich an den langfristigen Erfolg unserer Firma glauben. Dies sehen wir auch als ein Zeichen dafür, dass mobiles und technologie-getriebenes Arbeiten die Zukunft ist.

Die Corona-Krise hat unsere Welt auf den Kopf gestellt - auf negative und positive Weise. Im Bereich des mobilen Arbeitens sollten wir jetzt nicht einfach zurück zur Normalität gehen, sondern einen grundlegenden Kulturwandel anstreben. Bringen wir also die drei zentralen Dimensionen produktiver Organisationen zusammen: Menschen, Prozesse und Technologie. Alle würden davon profitieren.

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