Mitte der Neunzigerjahre steckte die Acutronic in den Sanierungsmühlen eines Bankenkonsortiums, das für den angeschlagenen 50-Mann-Betrieb einen Käufer suchte. Thomas W. Jung (Bild), nach ersten Berufsjahren bei der heutigen DaimlerChrysler Aerospace in München auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung bei einem KMU, hörte davon, setzte sich mit dem Konsortium in Verbindung und begann mit einer eingehenden Analyse des Unternehmens.

Der damals 30-jährige HSG-Absolvent stellte rasch fest, dass die überschuldete Firma über eine durchaus gesunde Substanz verfügte. Die Fehler, sagt Jung heute, seien beim Marktauftritt gemacht worden. «Die früheren Besitzer haben sich verzettelt und ihr Know-how in allen möglichen Märkten angeboten, ohne Rücksicht auf die betriebliche Effizienz.»

Jung kam zum Schluss, dass der Turnaround mit der Fokussierung auf den Hauptmarkt zu schaffen sei – und dieser bestand in der Endintegration und dem Vertrieb von Bewegungssimulatoren für die Hersteller von Flugnavigationssystemen. Auf solchen Simulatoren können Navigationssysteme, welche die Position eines Flugkörpers allein aus den Flugdaten errechnen, unter Laborbedingungen getestet und geeicht werden.

Bei professionellen Eigenkapitalgebern biss Jung allerdings auf Granit. Der Rüstungs- und Raumfahrtbereich, so der Tenor bei den Investoren, sei angesichts schrumpfender Verteidigungs- und Raumfahrtbudgets nicht attraktiv. Jungs Argument, dass auch in diesen Industrien eine Verschiebung vom Lowtech- in den Hightechbereich stattfinde, stiess auf taube Ohren.

Mehr Gehör fand er bei seinem Vater, einem erfolgreichen Giessereiunternehmer, der seinen Betrieb einige Jahre zuvor dem Management verkauft hatte. Der Senior stellte 1996 drei Millionen Franken zur Verfügung. Jung junior übernahm den Betrieb, einen Teil der Bankschulden und schoss rund eine Million Franken als Betriebskapital für den Neustart ein.

Seither geht es mit dem Betrieb, der vor zwei Jahren von Rapperswil ins zürcherische Bubikon umgezogen ist, aufwärts. Jung stiess alle Niederlassungen und Unternehmensteile ab, die sich nicht mit der Bewegungssimulation befassten, und stärkte gleichzeitig den Standort Pittsburgh: «Die grössten Hersteller von Flugnavigationssystemen, Litton und Honeywell, sitzen in den USA. Solche Milliardenunternehmen muss man vor Ort bedienen.» Vor allem wenn der Branchenprimus in den USA Heimvorteil geniesst. «Im kommenden Jahr werden wir den amerikanischen Mitbewerber allerdings überflügeln», freut sich Jung. Der Umsatz des Unternehmens steigt stetig um 20 Prozent, und der Betriebswirtschafter Jung sorgt dafür, dass auch die Rendite stimmt: «1999 haben wir zum ersten Mal schwarze Zahlen geschrieben, seither erzielen wir eine zweistellige Umsatzrendite.» Und zwar obwohl der Mitarbeiterbestand steigt und zehn Umsatzprozente in die Forschung und Entwicklung fliessen. Absolute Zahlen allerdings mag Jung nicht nennen.

Für die Zukunft ist Jung trotz der Krise in der Luftfahrtindustrie zuversichtlich. Vor allem weil sich bei den Herstellern von elektronischen Stabilisationsprogrammen (ESP) für Autos und Lastwagen ein neuer Markt auftut. «Das ESP funktioniert ähnlich wie das Stabilisationssystem eines Flugkörpers», erklärt Jung. Und was liege näher, als für die Labortests dieser Systeme auf die bewährte Simulationstechnologie zurückzugreifen. Derzeit setzt die Acutronic erst 15 Prozent ihrer Produkte im Automobilmarkt ab. In einigen Jahren sollen es bei andauerndem Wachstum schon 50 Prozent sein.
Partner-Inhalte